Süddeutsche Zeitung

Nobelpreis:Wollen wir uns mal treffen, Alien?

Alle reden über Exoplaneten. Wer könnte dort wohnen? Finden wir Menschen irgendwann Außerirdische - oder werden wir gefunden? Ein Forscher über Alf, Delfine und Aliens.

Interview von Georg Cadeggianini

SZ: Herr Professor Schetsche, haben Sie schon mal einen Alien gesehen?

Michael Schetsche: Nein. Zum Glück nicht.

Bitte? Sie forschen seit Jahrzehnten zu Außerirdischen, wollen aber gar keine kennenlernen?

Ich glaube einfach, dass es gut wäre, wenn uns Menschen das noch ein bisschen erspart bliebe. Wir sind miserabel vorbereitet auf den Kontakt mit Außerirdischen.

Was meinen Sie damit?

Ein Beispiel: Seit rund 60 Jahren wissen wir, dass Delfine ziemlich intelligent sind. Ungefähr genauso lange versuchen wir, uns mit ihnen zu verständigen. Wir sind dabei aber noch keinen Schritt weitergekommen. Die gurren irgendwie im Meer rum. Und Delfine sind uns noch ziemlich ähnlich: Sie sind aus Fleisch und Blut, leben auf demselben Planeten wie wir. Ich hoffe sehr, dass die Außerirdischen, die mit uns in Kontakt treten, da besser sind als wir.

Aber wie denn? Die können ja kein Englisch.

Das sicher nicht. Aber dass sie vorsichtig sind zum Beispiel, vielleicht freundlich. Also nicht einfach so bei uns landen, sondern erst mal irgendwo am Rande unseres Sonnensystems parken, uns von dort ein paar Signale schicken: Wir sind da, wollen wir uns treffen?

Zwei Schweizer Forscher haben diese Woche den Nobelpreis für die Erforschung von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems bekommen, sogenannten Exoplaneten. Mittlerweile wurden 4000 davon entdeckt. Aliens haben aber noch auf keinem gewohnt ...

Das wissen wir doch nicht. Das Leben kann auch ganz anders aussehen als das Leben auf der Erde. Dann wird es schwierig, es zu beobachten.

Sie glauben fest daran, dass es welche gibt.

Ich bin Wissenschaftler. Das heißt: Ich glaube nicht. Ich sage: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass wir bei dieser aberwitzig hohen Zahl von Planetensystemen allein im Universum sein sollen. Sie werden aber ganz anders sein, als wir uns das vorstellen.

Wenn ich Arm in Arm mit dem Alien dastehe. Wir schauen beide geradeaus. Ich sehe Haus, Baum, Pferd. Was sieht er?

Möglicherweise gar nichts. Wer sagt denn, dass er überhaupt Augen hat? Wir alle - egal ob Kinder oder Erwachsene - haben ein falsches Bild von Außerirdischen. Wir sind sehr beeinflusst von den Außerirdischen aus Filmen. Ob Alf oder E.T., ob Krieg der Sterne oder Star Trek - überall benehmen sich die Außerirdischen ziemlich menschlich. Sie wünschen sich irgendwas, sie haben Gefühle und eine Heimat.

Wie sind sie in Wahrheit?

Das weiß ich nicht. Im Film sehen sie aus einem einfachen Grund so aus wie sie aussehen: Die Außerirdischen verändern sich mit dem, was die Tricktechnik kann.

Früher haben sich Schauspieler Latexmasken übergezogen, heute sind es superintelligente Tentakelwesen.

Genau. Vielleicht unterhalten sie sich in Wahrheit aber mit der Nase. Ein Gespräch sähe dann so aus, dass sie abwechselnd winzige Mengen von Gerüchen aussondern. Etwas, was unser Hund vielleicht noch wahrnehmen könnte, wir aber nicht. Und vielleicht riechen diese Außerirdischen an uns etwas, was von uns gar nicht so gemeint war, bevor wir überhaupt den Mund aufgemacht haben. Es würde sehr viele Missverständnisse geben.

Warum sind Aliens so interessant?

Vielleicht fühlen wir uns einsam als Menschen? Gott, Engel, Dämonen. Menschen waren schon immer von dem anderen fasziniert. Und je weniger Menschen an Götter glauben, desto wichtiger werden Außerirdische. Vielleicht ist damit die Hoffnung verbunden von guten anderen Wesen. Die uns raushauen, wenn es schiefgeht hier auf der Erde.

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Quelle:
SZ vom 12.10.2019
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