Nikotin-Ersatzmittel:Viel Rauch um nichts

Einfach Zigaretten wegwerfen und nie mehr rauchen: Die meisten Süchtigen brauchen keine Hilfsmittel, um vom Nikotin loszukommen. Eine Studie zeigt, wie die Pharmaindustrie mit Werbung manipuliert.

Für viele Menschen steht der Wunsch, mit dem Rauchen aufzuhören, ganz oben auf der Liste der guten Vorsätze. Wie eine Studie australischer Wissenschaftler belegt, schaffen die meisten Raucher dies auch - und zwar ganz alleine.

Ausgedrückte Zigarette; ddp

Nichtrauchen ist leichter als angenomen: Fast zwei Drittel schaffen den Sprung sogar ohne Nikotin-Ersatzmittel.

(Foto: Foto: ddp)

Ein großer Teil der Nikotinsüchtigen gewöhnt sich das Laster ohne Hilfsmittel ab. Daher sollten Gesundheitsbehörden diese Tatsache mehr betonen und nicht so stark auf Nikotin-Mittel oder professionelle Hilfe hinweisen, schreiben Simon Chapman und Kollegen von der University of Sydney im US-Fachjournal PLoS Medicine.

Nach Meinung der Wissenschaftler gäbe es jedoch viele Anti-Raucher-Kampagnen, die Werbung für Produkte zum Tabakersatz machten. Sie sehen die Gefahr, dass Raucher nicht mehr daran glauben, ohne Hilfsmittel von der Zigarette loskommen zu können.

Laut Chapman sind zwei Drittel bis drei Viertel der erfolgreichen Ex-Raucher ohne Ersatzmittel oder psychologische Hilfe vom Glimmstängel losgekommen. Sie hörten entweder von einem Tag auf den anderen auf oder reduzierten langsam die Anzahl der Zigaretten.

Wer erfolgreich mit dem Rauchen aufgehört habe, beurteile die Entwöhnung als weniger schwierig als erwartet, schreiben die Forscher. Sie beziehen sich dabei auf Studien aus dem englischsprachigen Raum. Für die aktuelle Auswertung bezogen Chapman und Kollegen 511 Studien aus den Jahren 2007 und 2008 ein.

Der Öffentlichkeit werde zunehmend das Bild vermittelt, dass Nikotinersatztherapien zum erfolgreichen Rauch-Stopp nötig seien. Diese "Medikalisierung" werde dadurch genährt, dass die Pharmaindustrie eine Vielzahl der Studien zur Rauchentwöhnung finanziere.

In den USA würden beispielsweise pro Monat dreimal so viele Informationen zum Nikotin-Stopp von der Industrie verbreitet wie von der Regierung oder Nichtregierungsorganisationen.

Chapman und Kollegen zitieren auch eine Untersuchung über Studien, die sich mit dem Erfolg von Tabakersatzstoffen beschäftigen. Demnach schrieben 51 Prozent von Studien, die von der Industrie gesponsert wurden, Tabakersatztherapien einen entscheidenden Effekt bei der Rauchentwöhnung zu. Hingegen waren es bei Untersuchungen, die nicht von der Industrie bezahlt wurden, nur 22 Prozent.

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