Süddeutsche Zeitung

Nachhaltigkeit:Stoff-Wechsel für die Umwelt

Anfangen und nicht mehr aufhören: Die ökologischen Vorreiter in der Textilindustrie über Nachhaltigkeit.

Birgit Lutz-Temsch

Auf dem Podium sitzen drei Herren, die zum Schutz des Planeten vermutlich schon mehr beigetragen haben, als alle Regierungschefs auf dem letzten Klimagipfel von Kopenhagen zusammen. Die drei Männer sind Jonathan Petty von Patagonia, Dominik Fuss von Zimtstern und Peter Waeber von dem Schweizer Unternehmen Bluesign Technologies.

Auf der Internationalen Sportartikelmesse (Ispo) halten sie ein Forum über nachhaltige Produktion ab, wollen anderen Firmen erklären, wie leicht es sein kann, sauberer zu produzieren. Gerade im Sportbereich sind Textilien oft aus Hightech-Materialien, für deren Herstellung große Mengen an Ressourcen, vor allem Wasser, nötig sind und verschiedenste Gifte freigesetzt und verarbeitet werden. Wenn das Produkt ausgedient hat, gehört es praktisch auf den Sondermüll.

Peter Waeber wollte das verändern. Er erkannte vor zehn Jahren als einer der Ersten das enorme Säuberungspotential, das in den giftigen Produktionsketten steckte. Er entwickelte zusammen mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie den Bluesign-Standard. An einem Zertifikat interessierte Firmen müssen zum Beispiel das Verbot von mehr als 850 giftigen Substanzen akzeptieren oder die deutschen Umweltgesetze einhalten, egal, in welchem Land ihre Produktionsstätte liegt. "Am Anfang haben wir genau ein Unternehmen gefunden, das uns verstanden hat", erzählt er, "das war Patagonia."

Patagonia hatte damals schon damit begonnen, Produktion und Zulieferer kritisch zu betrachten. "Vor 15 Jahren haben wir gerade mal einen Bauern überzeugen können, organische Baumwolle zu produzieren", sagt Jonathan Petty, europäischer Marketingdirektor von Patagonia. "Es war ein jahrelanger Kampf, unsere Zulieferkette zu entgiften; wir mussten Überzeugungsarbeit leisten, manchmal aufgeben oder auch die Lieferanten wechseln", erzählt Petty.

Unternehmen, die später auf den grünen Zweig kamen, hatten es einfacher: Die Schweizer Marke Zimtstern zum Beispiel hat mehr als 90 Prozent Bluesign-zertifizierte Artikel in der neuen Kollektion im Einsatz - eine Umstellung über die vergangenen zweieinhalb Jahre. "Wir wissen heute genau, was in unseren Produkten drin ist", sagt Dominik Fuss, "aber wir müssen noch viel lernen."

Faszinierend sei für ihn der Beginn des Prozesses gewesen. "Es gab keine Diskussionen", erzählt er, "unsere Chefs haben sich für diesen Weg entschieden - und sind nie mehr umgekehrt. Aber schließlich sind wir die junge Generation, wer sonst soll die Welt retten?"Daran hätte man sich in Kopenhagen ein Beispiel nehmen können.

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Quelle:
SZ vom 22.02.2010/bilu
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