Nachhaltig Weihnachten feiern:Oh du Ökige!

Weihnachtsgeschenke

Nachhaltig Weihnachten feiern und nur Dinge schenken, die wirklich gewünscht sind und gebraucht werden, das war der Plan. Doch wie unsere Autorin feststellte, ist das gar nicht so einfach.

(Foto: dpa)

Unsere Autorin wollte umweltbewusst Weihnachten feiern. Welche Tipps funktioniert haben - und was sie nie wieder tun wird.

Von Barbara Vorsamer

Am 23. Dezember beschleicht mich das Gefühl, dass das mit der Öko-Weihnacht einfach nicht geht. Umweltbewusste und minimalistische Feiertage, vielleicht ist es doch ein Oxymoron, ein schwarzer Schimmel.

Denn einen Tag vor Heiligabend sitze ich in unserem Wohnzimmer und packe. Der glitzernde Geschenkeberg vor mir wächst, genauso wie die Plastik- und Kartonhaufen links und rechts neben mir. Mein Mann läuft gerade los, um einen Zweitchristbaum zu kaufen - 42 Euro, vom Händler um die Ecke, überhaupt nicht nachhaltig und wahrscheinlich voller Giftstoffe. Und gleich springen wir ins Auto, fahren zum nächsten Spielzeuggeschäft und kaufen noch mehr Zeug für die Kinder.

Verdammt, ich hatte doch völlig anders geplant - wie konnte das passieren?

Weihnachtsbaum

Der lebende Weihnachtsbaum von Greentree soll am Montag, 19.12., zwischen 11 und 15 geliefert werden. Pünktlich um 11.08 Uhr klingelt es an der Tür. Doch die stolze Frasertanne entpuppt sich als schiefes, verkrüppeltes Gewächs, deren Äste so nah beieinander stehen, dass unmöglich noch eine Christbaumkugel dazwischen passt.

In den Tagen danach versuchen wir alles, um den Baum gerade und die Äste auseinander zu biegen, doch der Wurzelballen steckt so fest im Topf, dass keine Bewegung möglich ist. Wir beschließen: So ein struppiger Weihnachtsbaum kommt uns nicht ins Wohnzimmer - was vermutlich auch gut für unser Parkett ist, denn wann immer ich den Baum gieße, verursache ich eine Überschwemmung auf der Terrasse. Immerhin bleibt der armen Pflanze so der Pseudofrühling in unserem Wohnzimmer erspart und ich hoffe sehr, dass sie ab Januar irgendwo in Österreich weiterleben kann. Drinnen steht jetzt allerdings eine 08/15-Blaumanntanne. Ich habe ein schlechtes Gewissen. Da wollte man es richtig umweltfreundlich regeln - und richtet stattdessen den doppelten Schaden an.

Geschenke

Im Vorfeld erschien mir die Geschenkemenge als größtes Problem für die Öko-Weihnacht. Deswegen habe ich mich sehr dafür eingesetzt, dass wir uns gegenseitig nur Dinge schenken, die gewünscht, gebraucht oder wenigstens gewollt werden. Und nicht zu viel Schrott für die Kinder, die eh schon volle Kinderzimmer haben!

Am 23. Dezember beschleicht mich das Gefühl, dass das fast zu gut geklappt hat. Auf der Kinder-Geschenkeliste stehen fast nur Dinge wie Winterjacken und Bettwäsche. Ob Kinder, die zuletzt ein riesiges Playmobilhaus unterm Christbaum gefunden hatten, angesichts der nun eingekehrten Schenkvernunft nicht doch enttäuscht sein würden? Andererseits: Gerade das teure Playmobilhaus ist ein Beispiel für unökologisches Schenken. Es steht nämlich inzwischen in einer Umzugskiste im Keller und niemand spielt je damit.

Angst vor Enttäuschung ist doch größer als das ökologische Gewissen

Trotzdem entern wir kurz vor knapp einen Spielzeugladen, um der Großen den pädagogisch und ökologisch fragwürdigen Herzenswunsch doch noch zu erfüllen und für den Kleinen ein altersgemäßes Puzzle zu kaufen - irgendwas muss man schließlich spielen, an Heiligabend! Vielleicht sollten wir auch noch ein Gesellschaftsspiel mitnehmen? Eigentlich interessieren sich meine Kinder dafür nicht besonders. Doch die Angst vor kindlicher Enttäuschung ist größer als das ökologische Gewissen. Ich stelle fest: Es sind wir Eltern, die in der Hoffnung auf leuchtende Augen das Maß so schlecht halten können - und Großeltern können das noch weniger.

Zumindest bei dem, was wir Großen uns gegenseitig geschenkt haben, stimmt die Ökobilanz einigermaßen: Es liegen fast nur Dinge unter dem Baum, die sich jemand ausdrücklich gewünscht hat, ansonsten Gutscheine und Produkte, die sich aufbrauchen. Aber keine Sorge, das macht Weihnachten nicht unkreativ und herzlos. Für Emotionen sorgen selbstgemachte Fotokalender und Alben, in die ich viele, viele Abende gesteckt habe. Andere Leute backen und basteln im Advent. Ich texte und layoute - kann ich auch besser.

Geschenkpapier

Viele Leserinnen und Leser haben mir nach dem Artikel "Wie Sie umweltfreundlich Weihnachten feiern" über ihre Öko-Weihnacht geschrieben und einige von Ihnen kritisierten, dass in meinem Text der Aspekt Verpackung völlig fehle. Dabei sei doch gerade Geschenkpapier eine völlig unnötige Verschwendung! Jutta Schreur und Iris Woitschell schlugen vor, stattdessen Stoffreste zu benutzen, Sabine Hüttinger packt ihre Geschenke in alte Zeitungen, Packpapier oder einzelne Socken ein. "Klingt blöd, aber eine weiße Kuschelsocke mit roter Schleife sieht doch ziemlich süß aus", schreibt sie.

Ich muss zugeben, dass ich das Papierthema tatsächlich nicht gesehen habe. So wichtig war es mir, überflüssige Geschenke zu vermeiden, dass ich die dünne Papierschicht drumrum als unwichtig wahrnahm. Doch als ich am 23. Dezember so dasitze und Geschenke einpacke, mir erst der Tesa und wenig später das Papier ausgeht (und ich hatte fünf Rollen gekauft), merke ich: Das ist wirklich viel Müll. Vielleicht wickle ich nächstes Jahr auch alles in alte Zeitungen oder Kinderzeichnungen. Mit einer goldenen Schleife drum wirkt das bestimmt weihnachtlich. Und wer wirklich kreativ ist, kann inhaltlich passende Motive auswählen.

Essen

Neben den Geschenke- und Papierbergen liegt an Weihnachten bei den meisten Familien auch noch ein Essensberg. Solange der aufgegessen wird, ist das kein Problem. In den vergangenen Jahren war es bei uns aber immer: viel zu viel von allem.

Es mag sein, dass das daran liegt, dass wir Buffet essen und jeder was mitbringt. Für ein richtiges Weihnachtsessen, bei dem alle um eine Tafel sitzen, ist der Tisch zu klein und die Kinder zu aufgeregt. Doch wenn man Omas bittet, eine Kleinigkeit fürs Buffet vorzubereiten, bringen sie genug Pastetchen für zwei Fußballmannschaften und, damit ja jeder satt wird, noch drei Packungen Fingerfood zum Aufbacken - "gab's ganz günstig bei Aldi!"

Abhilfe schafft der Partyplaner der Website www.zugutfuerdietonne.de. Ich lasse mir zwar auch dieses Jahr von der Verwandtschaft helfen, berechne aber vorher, wie viel wir von was brauchen. Es klappt super, zum ersten Mal essen wir am Heiligen Abend fast alles auf und vegetarisch ist das meiste auch noch. Nur den Punsch müssen wir fast komplett wegschütten. Wie immer, weil ich jedes Jahr aufs Neue vergesse, dass den keiner mehr trinkt, seit meine Oma nicht mehr mitfeiert. Am ersten Weihnachtsfeiertag gibt es dann einen Rehbraten mit der Familie - wenn schon Fleisch, dann Wild, das hatte wenigstens ein schönes Leben - am zweiten Raclette mit Freunden.

Und während ich heute, am 27. Dezember, diesen Text schreibe, esse ich ein Sandwich mit Raclettekäse und eines mit kaltem Rehbraten.

Diese Weihnachten sind zwar vorbei, doch vielleicht für nächstes Jahr:

Tipps zum Nachmachen

  • Beim Weihnachtsbaum auf Öko-Siegel achten oder beim regionalen Förster kaufen.
  • Dekoration (Christbaumkugeln, Lichterketten, Adventskalender) wenn möglich aus dem Bestand nehmen - es braucht nicht jedes Jahr etwas Neues
  • Geschenke: Gutscheine sind gut. Oder Zeit statt Zeug. Oder Spenden an eine karitative Einrichtung.
  • Wenn es unbedingt Dinge sein sollen: Erfüllen Sie konkrete Wünsche. Schenken Sie Dinge, die sich aufbrauchen. Und kaufen Sie beim Händler vor Ort langlebige, hochwertige Produkte.
  • Verpackung: Eine Alternative zu Geschenkpapier sind wiederverwendbare Schachteln und Tüten, Stoffreste - oder man wickelt die Päckchen in alte Zeitungen oder Packpapier.
  • Essen: Planen Sie die Mengen richtig und notieren Sie sich, was und wieviel gegessen und getrunken wurde - für nächstes Jahr
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