Als die amerikanische Juristin Amy Chua - besser bekannt als "Tiger Mom" - vor einem Jahr das Buch "Die Mutter des Erfolgs" herausbrachte, brach sie eine weltweite Diskussion los und warf viele Fragen auf: Wie viel Autorität braucht ein Kind? Welchen Stellenwert soll Leistung in der Erziehung von Kindern einnehmen?
Stein des Anstoßes: Dara-Lynn Weiss' Artikel in der April-Ausgabe der US-"Vogue".
(Foto: Vogue)Nun tritt womöglich eine andere amerikanische Mutter in Amy Chuas Fußstapfen. Die Produzentin Dara-Lynn Weiss berichtet in einem Artikel in der April-Ausgabe der US-Vogue detailiert über das Erfolgsrezept, mit dessen Hilfe ihre damals sieben Jahre alte Tochter Bea in einem Jahr acht Kilo abgenommen hat. Ihre Erfahrungen will die ehrgeizige Mutter nun in einem Buch veröffentlichen. Der vorläufige Arbeitstitel: "The Heavy".
Bea wog bei einer Größe von etwa 1,30 Metern knapp 50 Kilo. Eines Tages kam das Mädchen weinend von der Schule nach Hause, ein Junge hatte sie "fett" genannt. Für ihre Mutter war dies ein Weckruf: "Übergewicht ist keine Privatsache. Jeder kann es sehen", erklärt Weiss in der Vogue.
Es folgten Monate der Kontrolle, des Kalorien-Zählens, bis hin zu öffentlichen Erniedrigungen, beispielsweise, als sie ihrer Tochter bei einer Kinder-Geburtstagsparty vor allen anderen Anwesenden in einer hitzigen Debatte erklärte, warum sie kein zweites Stück Kuchen essen dürfe. Zu Hause wurden die Portionen für Bea halbiert, Desserts verschwanden fast vollständig vom Speiseplan. Auch der wöchentliche "Pizza-Freitag" in der Schule war von nun an für das Mädchen gestrichen.
"Manchmal hätte ich nur allzu gern dem Bitten meiner Tochter um ein Stück Kuchen nachgegeben, allein schon, damit ich selbst die Hälfte davon hätte essen können", gibt die Mutter zu. Doch sie blieb hart - auch bei sich selbst. Dara-Lynn hatte in den Jahren zuvor einen harten Kampf gegen ihr eigenes Gewicht ausgetragen. Sie experimentierte mit Weight Watchers, Atkins-Diät, Saft-Kuren, auch mit Appetitzüglern, so dass Weiss das Essverhalten der eigenen Tochter aus den Augen verloren hatte, wie sie in der Vogue schildert.
Bloß keinen emotionalen Druck
In ihrem Essay gab Weiss an, bei ihrer Tochter die sogenannte "Red Light, Green Light, Eat Right"-Diät der amerikanischen Kinderärztin Joanna Dolgoff angewendet zu haben. Dabei handelt es sich um ein Programm speziell für Kinder, bei dem diese lernen, eine kindgerechte Ernährung nach dem Ampel-System zusammenzustellen.
Dolgoff äußerte sich in der Huffington Post zu Weiss' Artikel. Dabei monierte die Medizinerin, dass die Mutter viele wichtige Kern-Aspekte ihres Programms außer Acht gelassen habe. Der Erfolg des Programmes basiere auf Einfühlungsvermögen und Flexibilität und nicht auf emotionalem Druck. Weiss und ihre Tochter Bea waren zwar in Dolgoffs Programm integriert, doch ließen sie viele der wöchentlich vorgesehenen Kontrolltermine aus.
Die mangelnde Kontrolle glich Weiss durch Strenge aus: Einmal strich sie ihrer Tochter das Abendessen, nachdem sie erfahren hatte, dass die Kinder an Beas Schule bei einem "Frankreich-Tag" Brie, Filet Mignon, Baguette und Schokolade im Umfang von 800 Kalorien zu essen bekommen hatten. Bei einem Besuch bei Starbucks riss sie ihrer Tochter einen Schokolade-Shake wieder aus der Hand und warf ihn in den Müll, weil ihr der Angestellte nicht die genaue Anzahl der darin enthaltenen Kalorien sagen konnte.