Modemacher:Du sollst nicht altern!

Designer entwerfen für die Jungen, Schönen, Dünnen dieser Welt und versuchen dann verzweifelt, zu werden wie sie - mit wechselhaftem Ergebnis.

Ein guter Grund, den Film "Der Teufel trägt Prada" ein zweites oder auch drittes Mal anzuschauen, ist die Szene, in der Anne Hathaway und Stanley Tucci in einem todschicken Hotelzimmer vorm Champagnerkübel stehen, hinterm Fenster glimmt Paris, es ist der Vorabend der Schauen. Tucci spielt den gerade beförderten Textchef des Modemagazins Runways (alias die amerikanische Vogue), Hathaway die zunächst etwas trampelige Sekretärin der Chefredakteurin Miranda Priestly (alias Vogue-Chefin Anna Wintour). Tucci hebt das Champagnerglas: "Auf deinen 36er Arsch!" Hathaway lächelt kess, wippt ein bisschen in ihrem Chanel-Kostüm - sie ist mittlerweile komplett eingenordet -, reckt triumphierend das Kinn und sagt: "34er!"

Modemacher: Szene aus "Der Teufel trägt Prada": Anne Hathaway und Meryl Streep.

Szene aus "Der Teufel trägt Prada": Anne Hathaway und Meryl Streep.

(Foto: Foto: Fox)

Ein 34er Arsch ist eine sehr, sehr kleine Angelegenheit, ganz zu schweigen vom Modell mit der Konfektionsgröße 32, auch Size Zero genannt. Die Filmszene zeigt, dass sich dem Jugend- und Magerkeitsgebot der Branche keiner verschließen kann, der mit ihr in Berührung kommt - die Modejournalisten nicht, die Modejournalisten-Sekretärinnen nicht und die Models schon gar nicht.

Du sollst nicht altern!

Noch mehr muss dies für jene gelten, die die Welt der Winzhintern überhaupt erst imaginieren, kostümieren und sich dann rund um die Uhr in ihr aufhalten. Der Modemacher erzählt in seinen Kollektionen das Märchen von ewiger Jugend, Schönheit und Dünnheit, er kann das besser als jeder andere - aber er wird die Geister, die er da erschaffen hat, auch nicht mehr los. Er ist ja selbst nicht mehr der Jüngste! Darum steht am Ende jedes Defilees ein Moment, der gleichzeitig emotionaler Höhepunkt ist und grausame Entzauberung: Eben ist das letzte feenhafte Wesen mit dramatischem Hüftschwung vom Laufsteg geschwebt, da tritt der Modemacher hinter den Kulissen hervor und stolpert - von der eigenen Unbeholfenheit mitunter selbst peinlich berührt - durch sein Publikum. Man ist bewegt, beeindruckt, man klatscht, doch insgeheim denkt man auch: Och, so richtig toll sieht der aber auch nicht aus.

Modemacher: Karl Lagerfeld: Größe 34.

Karl Lagerfeld: Größe 34.

(Foto: Foto: dpa)

Das beste, was der Modemacher in dieser Situation tun kann, ist: sie ignorieren. Da er in der Regel aber über Geld, Macht und eine galoppierende Eitelkeit verfügt, tut er das Gegenteil. Er gebärdet sich jünger, schriller, kapriziöser als seine Models. Er will in seinem Märchen nicht nur der Erzähler sein, sondern auch noch die Hauptrolle spielen! Das kann nur schief gehen. Als Karl Lagerfeld sich endlich einen 34er Arsch erhungert hatte, der in die Schmalspurjeans von Hedi Slimane hineinpasste, war es um seine Würde geschehen.

Lagerfeld und seine Kollegen: Du sollst nicht altern!

Du sollst nicht altern!

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(Foto: Foto: dpa)

Madonna der Modewelt: Giorgio Armani

Von Marten Rolff

Im Grunde hat Giorgio Armani alles richtig gemacht, steht er doch wie kein anderer für schlichte Eleganz und edle, aber tragbare Schnitte. Mit dieser Mode kann man bedenkenlos steinalt werden, wie der mittlerweile 74-jährige Firmenchef mit jedem Auftritt demonstriert. Die wenigen schlohweißen Haare akkurat zurückgekämmt und den Teint maskulin gegerbt, beweist der Grandseigneur Klasse in jeder Lebenslage - ob im tadellos sitzenden dunklen T-Shirt (seinem Markenzeichen), im Smoking oder in der Badehose.

Wenn einige spotten, dass der Maestro ja nur in den Spiegel zu schauen brauche, um sich für eine neue Ledertaschen-Kollektion inspirieren zu lassen, so sind sie bloß neidisch auf seine fantastische Form. Natürlich will so ein Lebensgefühl hart erarbeitet sein: Askese, Disziplin, Perfektionismus und Hanteltraining schufen diese Oberarme, die Giorgio sicher bald den Titel "Madonna der Modewelt" einbringen werden. Dafür singen sie in der Branche das Loblied vom 74-Jährigen im Körper eines 40-Jährigen, der bestimmt noch 30 Jahre weitermacht. Ein 104-Jähriger im Körper eines 70-Jährigen? Im Armani-Arbeitslager ist alles möglich!

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Roberto Cavalli
(Foto: Foto: dpa)

Ein "Cravalli" für alle Fälle: Roberto Cavalli

Von Claudia Fromme

Bei Roberto Cavalli, gleich ob Person oder Design, ist es immer ein wenig wie auf dem Rummelplatz. Es blinkt, es schreit, es protzt, und ab und an wähnt man sich in der Geisterbahn. Der flamboyante Mailänder beschenkt die wilde Berufsjugend mit Kreationen aus Schlangenleder, Tigerfell und Autoscooterglitzer. Der Meister selbst trägt gerne weit aufgeknöpfte Satinhemden, Panzerketten, phototrope Brillen und zuweilen Gürtelschnallen, die den Karl-May-Festspielen in Elspe zur Ehre gereichen würden.

Manche Puristen schimpfen seine Kreationen vulgär, nennen ihn "Cravalli", andere verehren ihn. Der modische Borderliner Thomas Gottschalk gehört dazu, Busenfreundin Sharon Stone preist Cavalli als "King of Bling". Als die Spice Girls ("Zigazigah!") für ihre Reunion-Tour 2007 ein wenig Wildheit auf den Leib geschneidert haben wollten, fanden sie in dem 67-Jährigen den passenden jungen Mann zum Mitreisen. Ist es nicht die Jugend im Geiste, die wirklich zählt? Dem Fachblatt Gala sagte Cavalli unlängst: ,,Der Grat zwischen vulgär und sexy ist sehr schmal. Das ist manchmal ein Problem.'' Dem ist nichts hinzuzufügen.

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(Foto: Foto: dpa)

Sexiest Grandpa of the World: Wolfgang Joop

Von Martin Zips

Welche Gemeinsamkeiten es zwischen Opi Paul und Opi Joop gibt? Schwierig. Opi Paul ist 73, verheiratet, bestäubt sich jeden Morgen mit Aramis, hat eine Art Busen über dem Bauch, Haare im Ohr und auf seiner Nase wachsen viele kleine Mitesser. Abends geht Opi Paul mit dem Hund raus. Opi Joop ist 63, bisexuell, verkauft Mode und Düfte und passt immer noch in die Jeans, die er schon mit 18 trug.

Er sagt Sätze wie "Mein Metabolismus ist so hoch, dass ich nie über eine Diät nachdenken musste". Metabolismus heißt Stoffwechsel. Joop hat keine Ohrenhaare, und auch keinen Busen. Er plaudert gerne über sich, seine Enkelin und den Schlosspark Sanssouci. Dort geht er mit seinen Hündinnen Gretchen und Charlotte spazieren. Joop ist the sexiest grandpa of the world. Kürzlich hat sich Opi Paul mal die Bunte gekauft. Da war ein Interview mit Opi Joop drin. Reporterin Kati hechelte dem Designer die Frage zu: "Welcher Duft bringt sie in Stimmung?" Joop antwortete: "Aramis. Das war der erste homosexuelle Duft der 70er Jahre." Da hat sich Opi Paul vor Lachen fast weggeschmissen.

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(Foto: Foto: AFP)

Impressionen aus dem Buntstiftkasten: Donatella Versace

Von Tanja Rest

Gäbe es Donatella Versace nicht, man müsste Papier und Buntstiftkasten nehmen und sie einfach mal hinmalen. Erst der gewaltige, entenschnabelige Mund, dann die künstlich bewimperten und mit fingerdicken Kajalbalken umränderten Augen, schließlich die stets backhendl-braune Gesichtsfarbe und zuletzt die unfassbar dottergelbe Wallemähne. Signora Versace, seit 1997 Chefin des gleichnamigen Modehauses, ist wie ihre Kollektionen in der Anfangsphase: aufsehenerregend, aber notorisch zu dick aufgetragen. Jahrelang gab sie die Partyblondine auf der Suche nach dem Jungbrunnen, Hollywoodstars im Schlepptau, reichlich Kokain in der Nase und das mittelmäßige Handwerk des Chirurgen im Gesicht. Sie war Ende 40 und am Ende. Nach dem Entzug ist ihre Mode subtiler geworden, Donatella hat das Lotterleben brav reduziert und ackert in der Mailänder Zentrale an der Via Gesù jetzt wie ein Pferd. Mit ihren inzwischen 53 Lebensjahren ist sie erkennbar nicht einverstanden, was allerdings in Ordnung geht. Donatella ohne blonde Extensions, dafür mit Business-Kostüm: Der Branche würde ihr schrillster Vogel direkt fehlen.

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(Foto: Foto: dpa)

Du sollst nicht altern!

Der geschrumpfte Altmeister: Karl Lagerfeld

Von Christian Mayer

Neulich stand Karl Lagerfeld auf einer Insel vor Dubai, ganz allein mit einer Fahne in der Hand, die er in den Sand steckte. Mitten in der Wüste soll Karl der Große im Auftrag einiger Scheichs eine Scheinwelt erschaffen, Luxushäuser für Superreiche. Genau der richtige Job für einen, der sich selbst eine Insel ist. Kein Mensch weiß, was echt ist am berühmtesten deutschen Modedesigner. Vielleicht ist er in Wahrheit ja ein verwunschener Prinz aus dem 18. Jahrhundert, der deshalb noch immer silberne Handschuhe, Stehkragen und eine weiße Perücke trägt.

Keiner kann die Lippen so blasiert aufstülpen wie er; keines seiner Chanel-Models tritt ähnlich narzisstisch auf. Egal, ob Lagerfeld nun 70, 75 oder 225 Jahre alt ist - er inszeniert sich weiter als alterslose Diva. Seinen Körper hat er vor Jahren einer Totalentschlackung unterzogen, er hat mit wissenschaftlichen Methoden alle überflüssigen Fette abgebaut und angefangen, sich selbst als Duft zu vermarkten. Geblieben ist Lagerfeld pur. Auch wenn der geschrumpfte Altmeister selbst am besten weiß: "Die Jugend ist ein Club, aus dem eines Tages jeder vertrieben wird."

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