Süddeutsche Zeitung

Modelabel "Friendly Fur":Pelz vom glücklichen Fuchs

Der Pelz ist zurück auf dem Laufsteg: Das Berliner Modelabel "Friendly Fur" bietet ökologisch korrekte Fell-Produkte an - Naturschützer sind jedoch skeptisch.

Titus Arnu

Einen Fuchs könne man immer mal brauchen, sagt Nikolas Gleber. "Wenn man zum Beispiel verschwitzt aus dem Fitnessstudio kommt und sich auf dem Weg zu seinem Porsche nicht verkühlen will," erklärt der Berliner Designer, "dann ist ein Fuchskragen schon sehr angenehm."

Mit der von ihm entworfenen "Après-Ski Fox Champagne Bag", einer Flaschen-Tragetasche aus Fuchspelz, könne man stilvoll im Schnee feiern. Zu Glebers Pelz-Kollektion gehören auch Fuchs-Handtaschen, Fuchs-Mützen, Fuchs-Schlafmasken und Fuchs-Nackenkissen.

Auf grellgrünen Etiketten an den Pelz-Produkten prangt das Markenzeichen seiner Kollektion: ein stilisierter Rotfuchs, dazu der Slogan "Friendly Fur - Happy Nature." Das Logo soll wirken wie ein Öko-Gütesiegel. "Die Pelze, die wir verwenden, stammen ausschließlich aus der fallen- und bleifreien Jagd in deutschen Revieren", verspricht Nikolas Gleber.

Seinen Angaben zufolge werden für "Friendly Fur"-Produkte ausschließlich Felle verwendet, die ansonsten in der Tierkörperbeseitigung landen oder im Wald verrotten würden. Einheimische Füchse müssten ohnehin zu Hunderttausenden getötet werden, argumentiert er. Der Erwerb der Pelze sei also sogar ein aktiver Beitrag zum Naturschutz. Glebers These: Ökologie kann extrem glamourös sein.

Das Konzept scheint perfekt in die Zeit zu passen, denn das Tragen von Pelz ist in diesem Winter plötzlich wieder Trend. Lange Jahre waren Pelze mit einem Pfui-Faktor behaftet, aber in letzter Zeit werden Pelze in Modezeitschriften wieder so selbstverständlich gezeigt wie Jeans. Modehäuser wie Armani, Versace oder Fendi schicken ungeniert Models in Pelzen über den Laufsteg.

Auch Karl Lagerfeld verwendet gerne Pelze für seine Kollektionen und findet Anti-Pelz-Aktionen von Tierschützern "kindisch": "Solange wir Fleisch essen, können wir uns nicht über Pelze beschweren." Nikolas Gleber sieht das ähnlich, er ist der Meinung, dass man Leder und Pelze von Tieren, die nicht vom Aussterben bedroht sind, in Maßen nutzen kann.

Der Friendly-Fur-Gründer legt Wert auf die Feststellung, dass er kein Modedesigner sei, sondern Künstler, denn er mache keine Wegwerfprodukte: "Mode ist extrem vergänglich, ein Pelz dagegen nicht." Als Sohn eines Försters habe er von Anfang an einen respektvollen Umgang mit der Natur gelernt, sagt er.

Sein Großvater war Schmetterlingsforscher und besaß eine der größten Schmetterlingssammlungen Europas. Einige besonders prachtvolle Exemplare, blau schimmernde Riesenfalter, hängen in Nikolas Glebers Atelier in Berlin-Friedrichshain an der Wand, gleich neben dem Kleiderständer mit den Fuchs-Klamotten.

Manche Tierschützer reagieren erwartungsgemäß eher unfreundlich auf "Friendly Fur". Tanja Wiemann von der Organisation Peta Deutschland ist "generell gegen Pelze", denn man sehe einem Fuchskragen schließlich nicht an, ob er aus der Zucht stammt oder aus der Jagd.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Promis im Visier der Tierschützer stehen und ob das Tragen freilaufender Bio-Füchse ökologisch korrekt ist.

Leute, die Pelz tragen und Pelz vermarkten, sind seit Jahren im Visier der Tierschützer. Die Geschwister Mary-Kate und Ashley Olsen wurden für die Modekollektion "Row" von Peta-Aktivisten als "Pelz-Schlampen" beschimpft.

Die amerikanische Peta-Präsidentin Ingrid Newkirk warf Anna Wintour, Chefredakteurin der amerikanischen Vogue, im Hotel Four Seasons mal einen toten Waschbären auf den Teller. Genutzt hat es wenig - der Legende nach bedeckte Wintour, die in der Vogue gerne opulente Pelz-Modestrecken drucken lässt, das tote Tier mit einer Serviette und bestellte ungerührt einen Espresso.

Bislang hat Nikolas Gleber "nur drei Drohanrufe von Tierschützern" bekommen, wie er sagt, und er klingt fast ein wenig enttäuscht. Er ist ein guter Selbstvermarkter, und jede PR ist ihm willkommen. Der Argumentation der Tierschützer, das Tragen von Pelzen fördere das sinnlose Töten von Tieren, mag er nicht folgen. "Die Jäger bekommen kein Kopfgeld", versichert er. Nach seinen Angaben werden keine Füchse eigens für seine Firma erlegt.

650.000 Füchse werden nach Angaben der Jagdverbände jedes Jahr in Deutschland getötet. Die meisten Kadaver landen im Müll oder werden im Wald verscharrt - "eine sinnlose Vergeudung", findet Gleber. Aus Sicht der Jagdverbände ist die Fuchsjagd notwendig, um ausufernde Bestände und die Ausbreitung von Seuchen zu verhindern. Die Tierrechtsorganisation Peta sieht das anders: "Eine Überpopulation von Beutegreifern wie Füchsen ist nicht möglich, weil sie auf Beutetiere angewiesen sind. Die Natur regelt das selbst", heißt es dort.

Eine Gewissensentscheidung

Magnus Herrmann, Referent für Artenschutz beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu), sieht die Sache differenziert. "Die Benutzung von Pelzen bleibt eine individuelle Gewissensentscheidung," sagt er, "und der Rotfuchs ist in seinem Bestand schließlich nicht bedroht."

Ist das Tragen von freilaufenden Bio-Füchsen aus Deutschland also ökologisch korrekt - oder Etikettenschwindel auf Kosten der Tiere? "Ohne Bedenken kann man sich einen Pelz nicht um den Hals hängen", meint Herrmann, denn die Gefahr dabei sei, dass man damit "Tür und Tor öffnen könnte für Bejagung auch von bedrohten Arten".

Bleibt die Frage, wer sich mit einem toten Fuchs um den Hals überhaupt auf die Straße traut. Nikolas Gleber ist da optimistisch und zählt auf ein urbanes Publikum, das seine Naturprodukte auf einigermaßen exaltierte Weise in Bars, Theatern und auf Vernissagen vorführt. Es muss ja nicht gleich eine Pelzmütze oder ein kompletter Fuchs mit Glasaugen und Krallen sein, zur Kollektion gehören auch kleine Accessoires wie die Pelz-Überzieher für Brillenbügel.

Der "ursprüngliche und respektvolle Umgang mit der Natur" in Form solcher Luxuswaren hat natürlich seinen Preis. Glebers "Objekte" kosten 500 bis 1500 Euro. Bei der Begründung ist der Designer gewieft wie ein Fuchs: "Das ist wie mit Walderdbeeren oder Wildlachs - wenn es wild ist, ist es teuer."

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SZ vom 26.01.2009/cag
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