Vor ziemlich genau zwanzig Jahren kam es vor dem Buckingham Palace zu einer denkwürdigen Szene. Vivienne Westwood fuhr vor, lüpfte den Rock und ließ die versammelte Weltpresse wissen, dass sie grundsätzlich keinen Slip trage. Sprach's und verfügte sich zur Queen, um den "Order of the British Empire" in Empfang zu nehmen.
Ihren Ruf als Exzentrikerin hat die 1941 nahe Manchester geborene Modedesignerin Westwood mit Tabubrüchen in Serie erstritten und verteidigt. Auf autodidaktischen Schleichpfaden fiel die gelernte Grundschullehrerin in die Modewelt ein, um dort gründlich auszukehren und immer neue Avantgarde-Bastionen zu errichten.
Die sie freilich jeweils umgehend räumte, wenn die Vorhut des Konsummobs in Sicht kam: "Setze dich von denen ab, die herumlaufen wie geklont", lautet ihr Wahlspruch. So führt die einst als Hofschneiderin der Punk-Guerilla Verehrte, inzwischen in den Adelsstand Erhobene nunmehr ganz staatstragend den Reichsapfel als Firmenlogo.
In ihrer vierzigjährigen Karriere, die mit der Gründung des sagenhaften "Let it rock"-Ladens im Herzens Londons startete, hat Westwood sich vom Trash- zum Tudor-Pol des Fashionglobus bewegt und dabei den Talmi-Äquator mehrfach überschritten. Sie schickte hyänenhafte Models in Sado-Maso-Bondage und Mackermonturen über den Laufsteg, ehe sie dem "schwarzen englischen Untergrund-Tunnelgefühl" abschwor und die schöne Leichtigkeit der posthistoire entdeckte.
Roben à la Tizian, Watteau und Fragonard wurden ihr Markenzeichen - eine Erinnerung an die Hetären des Rokoko, freilich stets um ein paar Nadelstiche ins Zeitgenössische verlängert.
Kaum jemand hat das Gesicht der Mode nachhaltiger verändert, die Phantasien ihrer Macher mehr beflügelt als Vivienne Westwood. An diesem Freitag wird sie siebzig Jahre alt. Die Kollegen schicken ihr hoffentlich Blumen: am besten Rosen, die Lieblingsblumen von Dame Vivienne.