Süddeutsche Zeitung

Ladies & Gentlemen:Schlappen at Tiffany's

Klar, Kooperationen gehören zum Fashionzirkus dazu. Doch die aktuellen Tiffany-Affären mit Fendi und Nike haben noch mal eine ganz neue Qualität: billig.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Das Werbegeschenk

Das Ergebnis von Kollaborationen zwischen Labels sind Produkte, die gleich zwei Statussymbol-Logos in einem einzigen Produkt vereinen dürfen. Die Mode setzt seit einiger Zeit vermehrt darauf, weil sie nicht weiß, wie sie sonst von sich reden machen soll. Ein aggressiver Player in diesem Geschäft ist seit Neuestem der ehemals traditionelle New Yorker Juwelier Tiffany. Die Leitung hat der neue Besitzer, LVMH-Tycoon Bernard Arnault, seinem Sohn Alexandre übergeben. Nachdem er zunächst ein bisschen mit Rimowa, dem einst soliden Kofferunternehmen, spielen durfte, kann er sich jetzt bei Tiffany austoben. Was dabei herauskommt, ist genauso plump wie davor die Rimowa-Designervarianten zum Fremdschämen. Der junge Erbe hält Originalität und ein bisschen mehr Hingabe in Sachen Design offensichtlich für überflüssig, wenn nur die Namen stimmen. Die Tasche, die Tiffany zusammen mit dem italienischen Modehaus Fendi zusammengetackert hat, ist ein perfektes Beispiel: Denen ist echt nichts anderes eingefallen, als das angeblich legendäre Tiffany Blue zu verwenden und das Luxuseinstiegsprodukt, den Silberanhänger, für den noch unsichere junge Menschen an Weihnachten immer Schlange stehen, dranzuhängen. Sieht ja wohl aus wie ein Werbegeschenk! Die Arnaults gehören nicht umsonst zu den reichsten Menschen der Welt - vielleicht sitzen sie in ihren Schlössern und lachen sich ins Fäustchen, weil man den Deppen da draußen wirklich alles andrehen kann. Ausverkauft sind die Taschen aber noch nicht. Vielleicht sind die Deppen doch nicht so blöd, wie man dachte.

Für ihn: Der Fehltreter

Es gibt schon seit einigen Jahren einen Wertewandel im gehobenen Konsumbereich, den man durchaus als tragisch bezeichnen könnte. Die Kollaboration zwischen Nike und Tiffany, die in diesen Tagen vorgestellt wurde, setzt diesem Sittenverfall ein silbernes Krönchen auf. Ja, die Schuhschachtel in den elektrisierenden Farben des Juweliers ist ein Hingucker und Marketing-Stunt und sicher ein Instant-Sammlerartikel. Aber eben auch eine Hilflosigkeit und eine Form von Ausverkauf, hingenommen für ein bisschen Aufmerksamkeit und ein paar Dollar von irgendwelchen desorientierten, reichen Kids. Die Sneakers mit den Tiffany-Akzenten sehen nicht nur aus wie alle anderen banalen Treter, sie sind sogar besonders schnöde geraten. Und das schmerzt, weil es doch mal ein Markenkern von Tiffany war, die Welt mit Schönheit, mit glänzender Perfektion, mit Wertvollem zu bereichern, das über Generationen weitergegeben werden kann. Ein klobiger Turnschuh, eine Streetwear-Kollektion haben in dieser Welt einfach nichts zu suchen. Frühere Lenker der Marke hätten eine diesbezügliche Kooperation vermutlich nicht mal akustisch verstanden. Denn früher wusste man, dass die Kraft einer Marke eben auch in ihrer Zuverlässigkeit und Würde liegt. Diese Distinktion kaufte man sozusagen mit ein. Heute hingegen treibt's in der Luxusliga jeder mit jedem, und am Ende kommt immer irgendwie die gleiche Streetwear raus: ein Sweatshirt, ein Turnschuh, aber vor allem viel Logo. Sachen, die nichts mit Fashion zu tun haben, nicht mal mit Trends, sondern die einfach nur Merchandiseartikel im großen LVMH-Vergnügungspark sind.

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