Millionenstadt Köln:Willkommen im Klub

Die Kölner sind wieder wer - und vor allem viele: Nach offizieller Statistik zählt die Stadt nun mehr als eine Million Einwohner. Und mancher fühlt sich am Rhein schon fast wie in Peking.

Philipp Selldorf

Weltweit gibt es mehr als 300 Millionenstädte, darunter finden sich berühmte Beispiele wie London oder Paris und weniger berühmte Orte wie Datong (China), Kunming (China) oder Xuzhou (China). Nicht zu vergessen: Fuzhou (China) und Fushun (China).

Köln ist Millionenstadt

Endlich ist es amtlich: Köln ist Millionenstadt. Die viertgrößte Stadt Deutschlands kommt auf genau 1.000.298 Einwohner - nach der letzten Bevölkerungsfortschreibung von Ende Mai 2010.

(Foto: dpa)

Die Kölner hat das bisher nicht besonders interessiert, denn ihre Stadt hatte keinen Platz auf dieser Liste, seit einem halben Menschenalter strengt sich Köln vergeblich an, Zugang zum Millionärsklub zu erhalten. Vor 35 Jahren schien man es mit der Eingemeindung der stromauf gelegenen Gemeinde Wesseling geschafft zu haben, doch die Freude über den Raubzug, der etwa 35.000 neue Einwohner einbrachte, dauerte nur ein Jahr. Dann entschied der Verfassungsgerichtshof NRW, dass die Einverleibung unrechtmäßig war. Wesseling war wieder frei und Köln keine Millionenstadt mehr. Seitdem musste man sich damit trösten, dass der feindliche Nachbar Düsseldorf mit seinen nicht mal 600.000 Bewohnern erst recht keine Aussicht auf diesen kostbaren Titel hat.

Die Chinesen sind begeistert

In der vergangenen Woche ist der Kölner Oberbürgermeister Roters nach China gefahren, wo es etwa 40 Millionenstädte gibt. Sein Ziel war Peking, die Partnerstadt, und zur Delegation gehörten die wichtigsten Exponenten des kulturellen und öffentlichen Lebens: allen voran die Höhner, die kölschen Beatles, die mit dem Beijing Symphonieorchester ein Konzert gaben, sowie eine Abordnung der Roten Funken, die in ihren Karnevalsuniformen die Große Mauer enterten und den Einheimischen ein exzellentes Fotomotiv boten.

Die Chinesen sollen begeistert gewesen sein. Es war dennoch Zufall, dass gleich nach Roters' Heimkehr an den Rhein das statistische Landesamt NRW mitteilte, dass Köln es nun endlich geschafft hat: Seit Ende Mai 2010, so teilte die Behörde mit, zählt die Stadt 1.000.298 Einwohner, Tendenz steigend. Planer sagen ein solides Wachstum bis ins übernächste Jahrzehnt voraus. Wesseling braucht sich nicht mehr vor dem großen Nachbarn zu fürchten, und Köln muss auch keine befreundeten Chinesen aus Peking importieren.

Dass Köln unentwegt neue Bewohner anzieht, liegt wohl nicht zuletzt an den Höhnern und anderen Kölschen Folkloremusikern. Mit maßgebenden Hymnen wie "Viva Colonia" haben sie den Eindruck erzeugt, dass in dieser Stadt vorwiegend gute Laune herrscht und ständig grundlos Feste gefeiert werden. Trotz beklagenswerter Finanzlage und einem zunehmend maroden Stadtbild hat die Kölntümelei der Kölner Bürger nie gekannte Höhen erreicht. Gemäß einer gerade veröffentlichten Studie, blicken mehr als zwei Drittel der Einwohner "mit großer Zuversicht" in die Zukunft, außer Stuttgart weist keine andere Großstadt einen besseren Zuversichtswert auf. Aus nationaler Sicht ist es daher also stramm zu begrüßen, wenn es mehr Kölner gibt als vorher.

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