Milch im Supermarkt:Vorgegaukelte Frische

Die Selbstverpflichtung zur Kennzeichnung von Milch ist gescheitert. Statt das Produkt für den Verbraucher klar zu kennzeichnen, verwirrt sie ihn nur. Jetzt schreitet die Verbraucherministerin ein.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner lässt die Kennzeichnung von Frischmilch überprüfen. Auslöser war eine Untersuchung des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv), laut der die freiwillige Selbstverpflichtung der Milchwirtschaft den Verbauchern nicht weiterhilft. Die Daten des Verbands sollen kurzfristig geprüft werden, sagte Aigner.

Milch im Supermarkt: Die Kennzeichnung für Milch funktioniert nicht, sagen Verbraucherschützer.

Die Kennzeichnung für Milch funktioniert nicht, sagen Verbraucherschützer.

(Foto: Foto: AP)

Die Vereinbarung hatte Aigner erst im Februar mit der der Milchindustrie und dem Einzelhandel ausgehandelt.

Die Verbraucherzentralen der Länder untersuchten in einerStichprobe 660 Milchpackungen oder Flaschen. Nur 240 waren den Angaben zufolge richtig gekennzeichnet, 202 mit dem mit dem Zusatz "länger haltbar" und 40 mit "traditionell hergestellt", wie der Verband mitteilte. Andere Produkte verwendeten irreführende Bezeichnungen wie "extra lange frisch", "länger frisch" oder "maxi frisch", womit sie nach Ansicht der Verbraucherschützer besondere Frische suggerierten. Auch bei Marken- oder Bioprodukten habe sich immer noch ESL-Milch (für Extended Shelf Life - "länger haltbar im Regal") ohne einen Hinweis auf die längere Haltbarkeit gefunden.

Frischmilch nur noch in wenigen Märkten

Die Verbraucher tappten weiter im Dunkeln und könnten vielfach herkömmliche und sogenannte "haltbare" Frischmilch nicht unterscheiden, sagte Verbraucherverbands-Chef Gerd Billen. Nur ein Drittel der Milch sei derzeit gemäß der Selbstverpflichtung gekennzeichnet. Er forderte Ministerin Aigner auf, die Industrie mit gesetzlichen Vorgaben dazu zu zwingen, Frischmilch und ESL-Milch auf einen Blick unterscheidbar zu machen.

In rund einem Drittel der Supermärkte ist nach einer Untersuchung von Verbraucherschützern keine klassische Frischmilch mehr erhältlich. Stattdessen bieten die Geschäfte sogenannte ESL-Milch an - und verkaufen sie meist als "extra-frische Milch". Die fein gefilterte, sehr hoch erhitzte ESL-Milch ist bis zu drei Wochen haltbar und soll wie Frischmilch schmecken. Verbraucher müssen aber entscheiden, ob sie vorgekochte Milch noch als frisch empfinden.

"Das wäre eine herbe Enttäuschung durch die Wirtschaft", sagte Aigner. "Denn entgegen unserer Vereinbarung wäre es nicht gelungen, eine für den Verbraucher eindeutige Kennzeichnung einzuführen. Wenn dem so ist, müssen wir sehen, ob wir eine Verordnung noch vor der Bundestagswahl auf den Weg bringen können", sagte Aigner. "Ziel muss es doch sein, mehr Transparenz zu schaffen. Der Verbraucher muss sofort erkennen können, was er kauft."

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