Süddeutsche Zeitung

Michael Jackson:Der verdrängte Tod

Wenn es nach zahlreichen Fans geht, hat der "King of Pop" seinen Tod nur inszeniert, um endlich unbehelligt zu leben. Fotos und Berichte sollen das belegen.

Violetta Simon

Frohe Botschaft für die Fans von Michael Jackson: Der "King of Pop" ist am Leben! Es geht ihm gut und er ist glücklicher denn je - das ist zumindest auf der Webseite "Michael Jackson Sightings" zu lesen. Die englischsprachige Seite fühlt sich dazu berufen, all jenen eine Plattform zu bieten, die den Tod ihres Idols nicht hinnehmen wollen.

Der Autor des Textes behauptet, dass der Mann, der am 25. Juni starb, aussah wie Jackson, sprach wie Jackson und in der Tat oft als Double einsprang, wenn Jackson nicht in der Öffentlichkeit auftreten wollte. "Aber es war nicht Michael."

Gleichzeitig kursiert ein Video im Internet, auf dem ein Helikopter in der Luft und ein Besatzungsmitglied in der offenen Luke zu erkennen ist - mehr nicht. Die Aufnahme ist stark verpixelt, immer wieder zoomt die Kamera auf die Luke. Denn nach Ansicht der Verschwörungstheoretiker zeigt das Video eindeutig, wie sich im Inneren des Helikopter der tote Michael Jackson von seiner Bahre aufrichtet.

Auch auf der Webseite "Michael Jackson Sightings" empfängt den User ein überdimensionales, jedoch bis zur Unkenntlichkeit verpixeltes Foto, das angeblich am Sonntag, den 27. Juni gemacht wurde. Darauf ist - von der Seite - ein Mann mit Regenschirm zu sehen.

Im Absatz darunter folgt die Versicherung, dass mittlerweile verschiedene Aufnahmen von Jackson exisitieren. "Die Leute haben uns jede Menge erstaunliches Zeug geschickt", schreibt der Blogger. "Wir werden die Fotos in den nächsten Tagen veröffentlichen, sobald deren Glaubwürdigkeit überprüft wurde."

Der Tod als Offenbarungseid

Und an der besteht für den Blogger kein Zweifel: "Überlegen Sie mal: Macht es nicht Sinn, dass der King of Pop seinen Tod an diesem Punkt in seinem Leben inszeniert? Herausgezerrt in die Öffentlichkeit, um seine erdrückenden Schulden zu begleichen, vereinnahmt von mächtigen Kräften, denen er zu entfliehen suchte."

Ganz klar, die Schulden, sein Ruf und die Aussicht auf einen Konzertmarathon, das alles war zu viel für den Star. Und so tat er das Naheliegende - oder das, was einige Fans als naheliegend bezeichnen: "Wir fühlen, er war gezwungen, seinen Tod vorzutäuschen, ebenso wie Unternehmen gezwungen sind, Insolvenz anzumelden", lautet die Erklärung.

Zehn Jahre sei der Plan gehegt worden, nun habe Michael ihn in die Tat umgesetzt: "Die offizielle Person namens Michael Jackson musste sterben - um den Künstler Michael zu befreien und weiterleben zu lassen." Nahestehende hätten von diesen Plänen seit Jahren gewusst, es handle sich um ein "äußerst kostspieliges und komplexes Unterfangen".

Wie ein Drehbuch zu "Thriller"

Und so würde der Plan aussehen: "Der Mann, der gestorben ist, litt an einer tödlich verlaufenden Krankheit und sein Tod war längst überfällig. Er erhielt eine Gesichtsoperation, um Michael bis aufs Haar zu gleichen. Selbst seine Fingerabdrücke wurden angepasst."

Nun wissen wir endlich, warum einige von Jacksons Fingerkuppen mit Pflastern verklebt waren ...

Das Ganze klingt irgendwie, als wären die Zombies aus dem "Thriller"-Video zum Leben erwacht. Zumindest hätte dieser Plan das Zeug zum Drehbuch, und der Film hätte auch eine Fortsetzung: "Unter einem anderen Namen und mit einem komplett veränderten Gesicht", so schreibt der Blogger weiter, würde Michael bald schon seine neue Musik herausbringen, die besser sei als je zuvor - auch wenn seine Stimme technisch verändert würde.

Die Idee ist nicht neu. Auch Paul McCartney lebt laut einer Verschwörungstheorie in Form eines Doubles weiter. 1969 hatte eine Universitätszeitschrift behauptet, der Beatle sei 1966 bei einem Autounfall ums Leben gekommen und würde - auf Drängen des Managements - durch einen Doppelgänger ersetzt. Seitdem würde die Beatles versuchen, ihren Fans versteckte Hinweise zu liefern. So würde zum Beispiel eine Textstelle, die John Lennon in "Revolution 9" singt, wenn man sie rückwärts spielt, bedeuten: "Paul is dead, man. Miss him! Miss him!" - Paul ist tot. Ich vermisse ihn!

Wenn man der Verschwörungstheorie um Michael Jackson Glauben schenkt, erhielt der alte, neue Jacko ein völlig neues Antlitz. Es dürfte also unmöglich sein, den "King of Pop" zu erkennen. Ungeachtet dessen ermutigt "Michael Jackson Sightings" sämtliche Fans, die Augen offen zu halten und selbst beim geringsten Verdacht den Auslöser zu drücken. "Michael will mit seinen Fans in Verbindung bleiben", ist auf der Seite zu lesen, er wolle nur vor denen fliehen, die die Kontrolle über ihn behalten wollten.

Und wer kontrolliert nun all die wild gewordenen Fans, die in Guerilla-Manier durch die Straßen streifen und Fotos vom angeblich Auferstandenen schießen?

Ersten Berichten zufolge wurde Michael Jackson bereits an folgenden Orten gesichtet: Auf dem Flughafen von Manchester; in der Hafenstadt Port Saeed in Dubai; auf einer Flughafen-Toilette in Las Vegas; auf der Südinsel von Neuseeland; im Freizeitpark "Phantasialand" bei Köln. Am häufigsten soll der "King of Pop" nach seinem angeblichen Ableben in London fotografiert worden sein - in Madamme Tussauds Wachsfigurenkabinett.

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