Luft und Liebe:Liebe schlägt auf den Magen

Männer halten Obst und Gemüse für Kaninchenfutter. Wie in aller Welt hat Eva es nur geschafft, Adam mit einem Apfel rumzukriegen?

Violetta Simon

Liebe geht durch den Magen - wenn dieser Spruch stimmt, dürfte die sich im Magen eines Mannes nicht besonders wohl fühlen. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwischen Schnitzel, Bratwurst und Bier echte Romantik aufkommt, dürfte ziemlich gering sein. Außerdem herrscht meist akuter Platzmangel, wenn es mal wieder heißt: Wegen Überfüllung geschlossen. Das Einzige, was jetzt noch reinpasst, ist Schnaps.

mann und frau mit apfel

Dass Frauen ihre Vitamine nie für sich behalten können!

(Foto: Foto: iStockphoto)

Deshalb kann es auch nur einen Grund haben, dass viele Frauen sich am liebsten von Salat und Gemüse ernähren: In ihrem Magen soll die Liebe auf einer Blumenwiese lustwandeln, dazwischen fließt reinstes Quellwasser, nämlich von Evian.

Nun besteht Liebe aber nicht nur aus lauter Feingefühl und Ästhetik. Sie steht auch für Genuss! Freude! Leidenschaft!

Wer jemals während eines deftigen Essens seine glänzenden Lippen auf die des anderen gedrückt hat, kennt den Unterschied zwischen Kuss und Küsschen und weiß, wieviel Sinnlichkeit in einer Bratensoße liegen kann - wenn sie nicht gerade am Kinn herabläuft.

Unwahrscheinlich, dass beim Verzehr von Grünkernkücherl mit Blattsalat und Joghurtdressing so viel Leidenschaft aufkommt.

Doch woran liegt es, dass Frauen und Männer so unterschiedlich essen? Weil Frauen essen, um gesund und schlank zu bleiben. Und Männer, weil sie Hunger haben. Deshalb nimmt er nur ab, wenn ihm sein Arzt dazu rät. Und sie, wenn sie einen neuen Rock braucht. Deshalb ernähren sich Frauen von Salat, Karotten und Apfelspalten. Und Männer von dem, was ihnen gerade so unterkommt.

Von Vitaminen und Viehfutter

Die meisten Männer halten Obst und Gemüse für Viehfutter oder Dekomaterial. Wie in aller Welt hatte Eva es nur geschafft, Adam mit einem Apfel rumzukriegen? Das Ganze muss ein Missverständnis gewesen sein. Sicher hatte Adam niemals die Absicht gehabt, von dem Ding zu beißen. Und Gott hat die beiden auch nicht aus dem Paradies vertrieben. Adam versuchte einfach nur, vor Eva und dem Apfel zu fliehen, und sie rannte hinterher und rief: "Nun iss doch mal was Gesundes!"

So geht es übrigens heute noch vielen Männern. Nehmen wir Fabian: Manchmal fühlt er sich ein bisschen wie Adam - stets auf der Flucht vor gut gemeinten Anweisungen. Als moderner Mann hat er seinen Fluchtreflex zwar unter Kontrolle und erträgt den missionarischen Ernährungs-Eifer seiner Frau Lisa mit stoischer Ruhe. Doch sein Mitgefühl regt sich jedes Mal aufs Neue, wenn er wieder mal eine Frau sieht, die ihren Lebensgefährten mit einer Banane, einer Paprika oder einer Flasche Mineralwasser verfolgt.

Die Tyrannei des Wassertrinkers: Fortsetzung nächste Seite ...

Liebe schlägt auf den Magen

Überhaupt, diese Sache mit dem Wassertrinken. Ständig heißt es: "Du musst mehr trinken!" Ein Mann braucht kein Wasser. Ein Mann braucht Bier. Nur in dieser Form kann er täglich die nötige Flüssigkeitsmenge zu sich nehmen. Und die ist mitunter beachtlich. Man muss sich wirklich wundern, wie jemand, der nicht in der Lage ist, eine Flasche stilles Wasser zu trinken, innerhalb von zwei, drei Stunden sechs Halbe Bier in sich reinschüttet.

Doch statt sich darüber zu freuen und sich zu denken, "Hauptsache flüssig!", meckert Lisa gleich wieder und fordert: "Für jedes Bier musst du mindestens ein Glas Wasser zum Ausgleich trinken!"

Männer sind ja sowas von tolerant

Im Vergleich dazu sind Männer ja sowas von tolerant. Fabian beispielsweise erträgt klaglos, dass ein Restaurantbesuch mit Lisa immer in Stress ausartet. Das beginnt schon mit der Bestellung: Er wählt, was ihm schmeckt. Sie kann sich nicht entscheiden, bestellt "erst mal nichts", will aber, dass er etwas nimmt, das nicht zu fett und trotzdem lecker ist - falls sie später vielleicht Hunger bekommt.

Kann sie sich dann doch für ein Gericht erwärmen, wird es solange durch Sonderwünsche deformiert und bis zur Unkenntlichkeit entstellt, bis der Kellner ungläubig zu schreiben aufhört und sich verunsichert nach einer versteckten Kamera umsieht.

Lisa nutzt solche Pausen gern, um Fabian zu löchern: "Sag mal, warum isst du eigentlich immer so fett? Ist das nicht schrecklich ungesund?" "Kann schon sein, aber dafür nicht lebensgefährlich", antwortet Fabian, während er den Kellner nicht aus den Augen lässt. "Wie meinst du das?" "Wenn du so weitermachst, wirst du noch ermordet."

Als Lisa sich beunruhigt umdreht, will ihr der Ober gerade an die Gurgel gehen. Da sagt sie: "Wissen Sie was, ich nehm doch einfach nur einen gemischten Salat".

Als der Kellner wutschnaubend seinen mit Sonderwünschen vollgeschriebenen Zettel zerknüllt und in die Küche marschiert, sagt Fabian: "Siehst du? Deshalb muss ich so viel Kalorienhaltiges essen. Deine riskante Ernährungsweise kostet dich nochmal Kopf und Kragen. Und einer muss dich ja verteidigen." "Du bist ein Schatz", sagt Lisa und tätschelt seine Hand. "Eins verspreche ich Dir: Wenn du einst verfettet und cholesteringeschädigt auf dem Krankenlager liegst, werde ich Dich ... naja, bis dahin ist ja noch Zeit."

Die Kolumne "Luft und Liebe" erscheint jeden Mittwoch auf sueddeutsche.de. Bookmark: www.sueddeutsche.de/luftundliebe

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