Luft und Liebe:Ich mach mich zum Valentin!

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Erotischer Ausdruckstanz, sinnlicher Kartoffeldruck - manche Männer tun alles, um ihre Frau am Valentinstag glücklich zu machen.

Violetta Simon

Werde ich geliebt? Das ist die große Frage, um die unser Denken kreist. Am Valentinstag hoffen Millionen von uns, eine Antwort darauf zu finden. Dann lautet die Frage nur noch: Werde ich beschenkt?

Ein hauseigener Chippendale? Dann lieber doch Blumen und Süßkram. (Foto: Foto: iStockphoto)

Natürlich würden einige von uns das nie zugeben - schließlich ist der Valentinstag nur eine Erfindung von Fleurop und Lindt, weiß doch jeder. Wenn grellbunte Schokoherzen und pappigsüße Pralinen den letzten Faschingskrapfen aus den Schaufenstern verdrängt haben und Blumenhändler dramatisch anmutende Rosensträuße binden, kann der Verkauf der Liebesbekundungen beginnen.

Im Grunde ist der Valentinstag eine männerfreundliche Einrichtung. Statt über Gefühle zu sprechen, können sie ihre Situation mit einer Rose und einem Päckchen Pralinen klären - und für ein Jahr hängt der Haussegen wieder kerzengerade.

Manche Frauen halten Grünzeug und was Süßes nicht für eine geeignete Methode, seine Zuneigung zu beweisen. Marlene zum Beispiel.

Früher hatte sie sich auch mal über eine Blume gefreut. Bis ihre Freundin dann mit einem Gutschein für ein Wellness-Wochenende in der Schweiz vor ihrer Nase herumwedelte. Drei Tage Spa, Romantik-Dinner, Sektfrühstück. "Und? Was hast du von deinem Mann bekommen?", wurde sie gefragt. "Mir genügt eine Rose, um zu wissen, dass mein Mann mich vergöttert", hatte sie geantwortet. "So kann man es auch sehen."

Die Sache wurmte sie. Als ihr Mann, wie jedes Jahr an Valentin, abends Blumen mitbrachte, konnte sie sich nicht verkneifen, zu jammern: "Ach, Martin. Ein bisschen mehr könntest du dir schon einfallen lassen". Martin schluckte beunruhigt. Was einfallen lassen. Wenn er nur wüsste, was genau sie sich dabei vorstellte.

Nackter Mann aus Bauklötzen

Ein Jahr später - Martin war vorbereitet. Er hatte keine Kosten und Mühen gescheut, um seine Frau zu überraschen - mit einem erotischen Selbstportrait. Das würde sie umhauen.

"Na, was sagst du?" "Äh ... was ist das?" "Na, ich!" "Du?" Ungläubig drehte sie das Bild hin und her. Ein nackter Mann aus Bauklötzen war darauf zu sehen. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll." Darauf Martin, nicht ohne Stolz: "Das ist ein sinnlicher Kartoffeldruck, ein Einzelstück - nur für dich." "Hast du das selbst gemacht?" "Aber nein, meine Kollegin Hanna, die ist doch Hobby-Künstlerin." "Und du hast ihr Modell gestanden, ohne Hosen?" "Aber doch nur, um dir eine Freude zu machen!" "Das soll ein Valentinsgeschenk sein? Du glaubst doch nicht, dass ich das aufhänge!" Das Bild verschwand im Keller - für immer.

Neuer Versuch: Wenn der Schamane singt - nächste Seite.

Im Jahr darauf versuchte Martin es mit etwas wirklich Selbstgemachtem. Er schrieb einen Valentin-Song, und weil er nichts anderes zur Hand hatte, begleitete er sich dabei auf seiner Schamanentrommel:

"An Valentin, an Valentin, da zieht es mich so zu dir hin! Als ich dich das erste Mal gesehen, War es schon um mich geschehen ..."

"Schluss! Stop! Aufhören!" "Äh ... was ist? Gefällt es dir nicht?" "So sehr, dass ich es kaum aushalte. Denkst du, die Nachbarn haben es gehört?" "Wenn du willst, kann ich es ihnen ja auch mal vorsingen." "Versteh mich nicht falsch, Liebling, aber Singen ist nicht gerade deine Stärke."

Ein bisschen enttäuscht war Martin schon. Aber er ließ sich nicht entmutigen. Für den nächsten Valentinstag hatte er sich etwas ganz und gar Sensationelles ausgedacht. Marlene schwärmt heute noch manchmal von dieser Chippendale-Veranstaltung, die sie einmal mit ihren Freundinnen besucht hatte. Also hatte er sich unter größten Schmerzen die Brust mit Kaltwachs enthaart, eine schwarze Fliege umgebunden und eine kleine Choreographie einstudiert - mit mehr Niveau, natürlich. Er war von sich selbst ganz beeindruckt: Bis auf die Proportionen - er war oben eher schmal, in der Mitte eher breit - ging er eindeutig als Chippendale durch.

Ausdruckstanz mit Fliege

"Setz dich, das musst du auf dich wirken lassen. Das hier ist nur für dich, Schatz!" Als Marlene ihren Mann in dieser Aufmachung vor sich stehen sah, musste sie sich ohnehin erst mal setzen.

Martin drückte auf die Playtaste der Stereoanlage, schloss die Augen und begann mit den Hüften zu wackeln. Dann riss er die Arme in die Höhe, drehte sich um die eigene Achse und fiel auf die Knie - der letzte Teil war so nicht vorgesehen. Aber er überspielte den Fauxpas, indem er einfach am Boden blieb und zu Marlenes Füßen robbte. Er umklammerte ihre Beine und rieb sich daran. Dazu raunte er "My funny Valentine".

Angewidert sprang sie auf und versuchte, ihn abzuschütteln. "Was soll das, bist du bekloppt?" "Eine getanzte Liebesbotschaft! Wahnsinn, oder?" "Allerdings. Totaler Wahnsinn. Könntest du bitte sofort damit aufhören?" "Du verstehst nicht! Ich habe eine Chippendale-Nummer einstudiert und expressionistische Tanzelemente in die Choreographie eingebaut - als Sinnbild für unsere Beziehung." "DAS soll unsere Beziehung sein? Ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm um uns bestellt ist. Hätten wir nicht einfach ins Theater gehen können?"

Martin war fassungslos. Ein gebrochener Mann. Da nahm Marlene seine Hand und sagte: "Wenn du mich wirklich liebst, tu mir einen Gefallen: Gib dir bitte nie mehr so viel Mühe, ja? Ich flehe dich an - keine Überraschungen mehr!"

Seitdem weiß Martin: Obwohl es nahezu unmöglich ist, eine Frau glücklich zu machen, ist es manchmal so einfach. Seitdem bekommt Marlene von ihm jedes Jahr zu Valentin nichts als eine Rose und Pralinen. Die Freude darüber ist ihr jedesmal ins Gesicht geschrieben. Nur Martin weiß, dass es in Wirklichkeit Erleichterung ist, weil er sich nun nicht mehr zum Valentin machen muss. Sinnlicher Kartoffeldruck. Expressionistischer Chippendale. Also wirklich.

Die Kolumne "Luft und Liebe" erscheint jeden Mittwoch auf sueddeutsche.de. Bookmark: www.sueddeutsche.de/luftundliebe

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