Liebesgeschichte von Charles und Camilla:Der Kauz und das Biest

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(K)eine Liebe wie aus dem Bilderbuch: Prinz Charles und Camilla

(Foto: Getty Images)

Er vertritt seine Mutter nicht das erste Mal auf einer wichtigen Reise, aber sie trägt dafür probeweise ein Diadem der Schwiegermutter. Charles und Camilla, das Anti-Paar des europäischen Hochadels, könnten doch noch auf den Thron kommen. Höchste Zeit für ein Lob dieser Liebe.

Von Johanna Bruckner

Die Boulevardpresse liebt Märchen. Am liebsten solche, in denen sie schöne Königskinder gegen schauerliche Kreaturen antreten lässt im Kampf Gut gegen Böse. Dabei kann die Kreatur durchaus abstrakter Natur sein. So kämpfte Schwedens Thronfolgerin Viktoria als Jugendliche gegen das Monster Magersucht. Und Japans Kronprinzessin Masako ringt seit Jahren mit dem Schreckgespenst Depression. Manchmal aber ist die Kreatur auch aus Fleisch und Blut.

Camilla (ehemals Parker Bowles) war für die britische Yellow Press jahrelang Rumpelstilzchen und Hexe in einer Person. Sie schnappte sich der Königin ihr Kind. Und las der gemeine Monarchiefan richtig zwischen den nicht sehr subtilen Zeilen und strategisch ausgewählten Fotos, konnte dabei nur ein böser Zauber im Spiel gewesen sein. Wie sonst war es zu erklären, dass Charles die eher unschöne Hexe der schönen Prinzessin vorzog? Und das, wo einer wie er - ein Kauz mit Umwelt-Fimmel und Segelohren, so die intendierte Lesart - doch eigentlich froh sein musste, wenn sich eine attraktive Frau wie Diana seiner erbarmte.

Der Märchen-Plot, den die Boulevardpresse spann, war simpel, die Reaktionen und Sympathien des Publikums wohlkalkuliert. Dass es zwei der Protagonisten (Charles und Camilla) an Attraktivität und Charme mangelte, während eine andere Hauptperson (Diana) beides im Übermaß besaß, spielte den Regisseuren in die Hände. Und ihr Plan ging auf: Bis heute wird die Beziehung von Charles und Camilla als Groteske wahrgenommen. Dabei ist sie doch eigentlich eine klassische Romanze. Denn für beide ist es die erste große Liebe - und bis heute die einzig wahre.

Männermagnet Camilla

Als sich Charles und Camilla das erste Mal treffen, im Juni 1971 auf einem Polo-Turnier, sind beide Anfang zwanzig. Der Überlieferung nach funkt es sofort. Da ist das gemeinsame Interesse für Pferde und Natur, und ja, auch körperliche Anziehung. Die Yellow Press wird Camilla später als die unattraktive Nebenbuhlerin der strahlend schönen Diana darstellen, sie als "Horseface" (Pferdegesicht) schmähen. In Wahrheit ist sie als junge Frau durchaus umschwärmt. Sie habe "wie eine Art Magnet" auf Männer gewirkt, schreibt die Telegraph-Journalistin Elizabeth Grice. "Ihre ungekünstelte Art und ihr Selbstbewusstsein wirkten anziehend auf einen Mann, der keines von beidem hatte. Prinz Charles bewunderte und beneidete sie."

Die beiden beginnen eine Affäre, heiraten jedoch will der Thronfolger seine Traumfrau zunächst nicht. Charles spielt auf Zeit - und verzockt sich. Denn Camilla ist keine "Waity Katie". Während er im Dienste der Marine in der Karibik weilt, nimmt sie den Antrag ihres langjährigen Bewunderers Andrew Parker Bowles an. Doch die Flamme erlischt nie ganz. Vermutlich 1986 nehmen der mittlerweile ebenfalls verheiratete Charles und Camilla ihr Verhältnis wieder auf, das Anfang der 90er in "Camillagate" eskaliert - auch bekannt als die "Tampon-Affäre".

Wie das mit dem Tampon wirklich war

Ob nun ein Geheimdienstmitarbeiter das intime Geplänkel mithörte oder ein Boulevardjournalist, ist bis heute nicht geklärt. Sicher ist nur: 1992 wird die Abschrift eines Telefonats zwischen Charles und Camilla an die Medien lanciert. Darin soll es unter anderem zu folgendem Wortwechsel gekommen sein.

Charles: (...) The trouble is I need you several times a week.

Camilla: (...) I need you all the week. All the time.

Charles: Oh. God. I'll just live inside your trousers or something. It would be much easier!

Camilla: What are you going to turn into, a pair of knickers? Oh, you're going to come back as a pair of knickers.

Charles: Or, God forbid, a Tampax. Just my luck!

Das royale Rollenspiel setzt der Ehe von Charles und Diana endgültig ein Ende. Letztere soll schon vorher von der Liaison ihres Mannes gewusst und geschwiegen haben, womöglich aus einem antiquierten Verständnis höfischer Diskretion heraus. Doch als duldende Ehefrau eines dauergeilen Fremdgehers mit fragwürdigem Fetisch will die Prinzessin nicht dastehen. Und auch für die skandalerprobten Windsors ist das Publikwerden des Tampon-Talks ein PR-Desaster. Was ist das bitte für ein künftiger König, der von einer Existenz als Presswatte-Zäpfchen phantasiert, fragt die Klatschpresse, angeekelt und fasziniert zugleich.

Unerhörtes bleibt in der Regel ungehört

Tatsächlich führen vermutlich jeden Abend unzählige Paare Telefongespräche, die aus gutem Grund nur für die Ohren des anderen bestimmt sind: Weil sie bei Außenstehenden einfach nur Fremdscham hervorrufen würden. Was als erotisch beziehungsweise pervers wahrgenommen wird, ist ja durchaus unterschiedlich. Nur bleibt womöglich Unerhörtes in der Regel ungehört. Dass Charles' vermeintliche Sexphantasie an die Öffentlichkeit gelangt ist, sollte am wenigsten ihn selbst beschämen. Er ist das Opfer, in doppelter Hinsicht.

Denn auf Camillas Frage "In was verwandelst du dich, einen Schlüpfer?", antwortet er eigentlich mit einer gewissen Selbstironie: "Oder, Gott bewahre, ein Tampon. Das hat mir gerade noch gefehlt!" Bis heute hält sich allerdings die Boulevard-Legende hartnäckig, der Prinz träume von einem Dasein als Damen-Hygieneartikel ("Das wäre mein Glück!").

Doch die Boulevardpresse auf der Insel (und darüber hinaus) hat nicht nur ein Zitat verfälscht. Sie hat vor und nach der Tampon-Affäre die wendungsreiche Geschichte von Charles und Camilla umgeschrieben in etwas, das sie gerade nicht ist: ein profanes Monarchiemärchen, in dem Königssohn und Hexe nicht zueinander finden dürfen. Besonders nach Dianas Unfalltod bemüht sich die Presse, das Paar auseinanderzubringen, nach dem Motto: Wenn die Geschichte für die Prinzessin nicht gut ausgeht, dann für niemanden! Als absehbar ist, dass der Prinz die Hexe tatsächlich zum Traualtar führen wird, kreischt es aus dem Blätterwald: Wie kann er nur, die armen Kinder!?

Chaca forever

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Den Segen der Queen hat das Paar mittlerweile - zumindest trug Camilla jüngst ein Diadem ihrer Schwiegermutter.

(Foto: Getty Images)

Und heute? Die armen Kinder sind erwachsen, schreiben ihre eigenen Märchen (William) oder Skandalgeschichten (Harry). Und Charles und Camilla sollen ihre erste gemeinsame (!) Ehekrise haben. Höchste Zeit also, dass die Yellow Press den beiden ihren Segen gibt: Jetzt, wo die Queen ihren Sohn erstmals an ihrer Stelle ein Commonwealth-Treffen eröffnen lässt - und ihrer Schwiegertochter sogar ein Diadem ins Köfferchen gepackt hat.

Fehlt nur noch, wie das bei Lieblingspaaren des Boulevards üblich ist, ein Spitzname für das Paar. Wie wäre es mit Chaca? Charles und Camilla sind vielleicht nicht so schön wie Brangelina. Aber unterhaltsamer sind sie allemal.

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