Lesen:Warum man keine Bücher mit in den Urlaub nehmen sollte

young woman lying on grass in garden reading books

Es gibt immer wieder etwas Besseres zu tun als zu lesen, gerade in den Ferien

(Foto: Getty Images/beyond fotomedia RF)

Endlich Ferien, endlich Zeit zum Lesen. Also möglichst viele Schmöker ins Urlaubsgepäck? Falscher Ansatz, findet unser Autor. Er liest lieber das, was er vor Ort findet - und lernt dadurch viel über sich und andere.

Essay von Hilmar Klute

Hat es eigentlich je so viele Lektürempfehlungen gegeben wie in den vergangenen Monaten, als die Corona-Krise die Menschen wahlweise in ihre ollen Ledersessel oder auf ihre schönen Sofas getrieben hat, wo sie ein Buch nach dem anderen weglesen sollten? Erinnern wir uns: Kaum war der erste Lockdown beschlossen, verschickten die Feuilletons - und nicht nur die - lange Listen mit Buchtiteln, die uns durch die Pandemie begleiten sollten. Natürlich handelte es sich dabei um Romane, die von Seuchen, von der Pest und von der Notwendigkeit handelten, im Zimmer zu bleiben und keine anderen Leute zu treffen. Wenn man es ein bisschen ungnädig sagen möchte, dann so: Die sehr Belesenen knallten den weniger Belesenen die Triumphlisten ihrer literarischen Bildung auf den Tisch. Über Jahre hinweg hatten sie still vor sich hin gelesen, einer nach dem anderen winkte ab, wenn sie mal wieder einen lauwarmen Tipp loswerden wollten. Aber jetzt, da ihnen keiner mehr auskam, rieben sie es einem unter die Nase: Hier bei Camus steht schon alles drin, und hier: Xavier de Maistre hat bereits vor zweihundert Jahren beschrieben, wie man sein Leben in einem einzigen Zimmer verbringt. Oblomow blieb gleich im Bett, Boccaccio erzählte von Liebe und Tod in Zeiten der Pest, und über Blaise Pascal und seinen Satz, das Elend der Welt bestünde darin, dass die Menschen nicht in ihrem Zimmer bleiben, wollen wir gar nicht erst anfangen zu reden. So viele Bücher, die uns Geleitschutz in der dunklen Zeit geben mussten.

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