Der Leitspruch des Designers Dieter Rams lautet: „Weniger, aber besser.“ Bei Plattenspielern, Türgriffen, Taschenrechnern und Möbeln mag die Reduktion auf das Wesentliche sinnvoll sein. Das Motto lässt sich aber nicht auf alle Lebensbereiche anwenden. Weniger Geld, Sonne, Intelligenz, Liebe und Essen sind nicht unbedingt besser.
„Reduce to the Max“ hieß der Werbeslogan für den ersten Smart-Kleinstwagen. Schrumpfungstendenzen sind auch in deutschen Supermärkten zu beobachten. „Weniger Inhalt – unveränderte Qualität“, steht neuerdings auf der Verpackung eines Schoko-Müslis von Dr. Oetker. Statt 500 Gramm enthält sie nur noch 450 Gramm, bei unverändertem Preis. Gleiches Spiel beim Instant-Schokopudding von Dr. Oetker: „Ein Beutel weniger – unveränderte Qualität.“ Ähnlich bewirbt die Firma Koelln ein „Original Schoko Hafer Müsli“: Auf der Verpackung steht in Grün: „Neue Größe – jetzt 500 Gramm.“ Das klingt positiv, in Wirklichkeit enthielt die Packung aber bislang 600 Gramm, zum gleichen Preis.
Das Phänomen heißt „Shrinkflation“, eine paradoxe Kombination von sich aufblähenden Preisen und schrumpfendem Packungsinhalt. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat besonders krasse Beispiele auf einer Mogelpackungsliste gesammelt. Früher kostete die 100-Gramm-Tafel Milka-Schokolade etwa einen Euro, mittlerweile werden in vielen Läden 1,99 Euro aufgerufen – dafür gibt’s aber nur noch 90 oder 85 Gramm. Kräutertee „Träum schön“: Der Preis ist mit 2,89 Euro gleich geblieben, statt 40 Gramm sind es aber nur noch 36 Gramm. Träum schön weiter! Der Preis einer Flasche O-Saft der Marke Valensina hat sich nicht verändert, der Inhalt schon, sie enthält statt einem Liter nur noch 700 Milliliter. Eine Preissteigerung von 43 Prozent!
Minimalismus hin oder her, aber da kommt man sich doch maximal veralbert vor. Glauben die Firmen, sie könnten mit solchen Tricks auch den Verstand der Konsumenten schrumpfen? Es wäre nötig, das Thema weiter kritisch zu analysieren und obendrein zum gleichen Preis eine Wutrede rauszuhauen („Flasche leer! Was erlauben Schrumpf?“), aber leider muss der Artikel an dieser Stelle abrupt enden, obwohl noch ein paar Zeilen Platz wären. Nach dem Motto „Weniger besser“ (kein Platz für Verb) hat sich die Redaktion der Süddeutschen Zeitung entschieden, 15 Prozent Buchstaben einzusparen. Weniger Inhalt, unveränderte Qualität. Schwör!