Lebensmittel:Legale Mogelpackungen

Schinkenbrot ohne Schinken, Rindfleisch im Heringssalat: Beim Verkauf von Lebensmitteln ist vieles erlaubt. Was wirklich drin ist - oder eben nicht.

S. Pfauth

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Legale Mogelpackung: Was in Lebensmittel drin ist - oder eben nicht.

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Schinkenbrot ohne Schinken, Rindfleisch im Heringssalat: Beim Verkauf von Lebensmitteln ist viel erlaubt. Was wirklich drin ist - oder eben nicht.

Hauptsache, es klingt gut: Wer am Kühlregal oder an der Wursttheke auf Bezeichnungen vertraut, wird in vielen Fällen etwas anderes auf dem Teller haben, als er denkt.

Beispielsweise muss Schokoladenpudding nur zu einem Prozent aus Kakaopulver bestehen. Niemand weiß, wer Regeln wie diese durchgesetzt hat. Dagegen ...

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.... hat die Verbraucherschutzorganisation foodwatch geklagt - und verloren.

Bestimmt werden die Vorgaben für Lebensmittelbezeichnungen - wie zum Beispiel, dass Sahnecreme zu weniger als 60 Prozent aus Schlagsahne bestehen muss - durch die Leitsätze der Lebensmittelbuchkommission, deren Mitglieder vom Bundesernährungsministerium ernannt werden.

Zwar sind die Mitglieder der Kommission bekannt - unter anderem Vertreter großer Nahrungsmittelkonzerne. Die Protokolle der Treffen aber bleiben geheim, die Mitglieder werden zur Verschwiegenheit verpflichtet. Öffentlich zugänglich sind nur die Ergebnisse der Diskussionen um die sogenannten "Verkehrsbezeichnungen" - und die sind oft erschreckend.

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Verbraucher können im Internet immerhin die Leitsätze der Lebensmittelbuchkommission abrufen und damit irreführenden Bezeichnungen auf die Schliche kommen.

Wer genau nachliest, entdeckt zum Beispiel, dass Heringssalat neben Fisch auch Rindfleisch beinhalten darf. Außerdem muss er nur zu 20 Prozent aus Hering bestehen.

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Die Leitsätze, so schreibt das Verbraucherministerium, seien zwar keine Rechtsnormen, sie ergänzten diese aber und würden die "Verkehrsauffassung der am Lebensmittelverkehr Beteiligten" beschreiben, "das heißt der redliche Hersteller- und Handelsbrauch unter Berücksichtigung der Erwartung der Durchschnittsverbraucher an die betreffenden Lebensmittel."

Durchschnittsverbraucher dürfte allerdings überraschen, dass Brot gar nicht gebacken werden muss. "Brot wird (...) in der Regel durch Kneten, Formen, Lockern, Backen oder Heißextrudieren des Brotteiges hergestellt", besagen die Leitsätze für Brot und Kleingebäck. Heißextrudieren bedeutet, dass der Teig maschinell erhitzt, gerührt und unter hohem Druck aus einer Maschine gepresst wird.

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Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gab bis zum Abend keine Stellungnahme zu dem Streitfall und der Bedeutung der Leitsätze ab.

foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode hingegen beklagt sich öffentlich: "Es ist nicht nachvollziehbar, dass das Gericht eine sachliche Diskussion in der Lebensmittelbuchkommission nur für möglich hält, wenn sie im Geheimen stattfindet - mit diesem Argument müssten ja auch die Beratungen und Abstimmungen im Deutschen Bundestag hinter verschlossenen Türen stattfinden."

Schwer zu erklären ist auch, warum Fruchtkremfüllungen ohne Früchte hergestellt werden können, "sie dürfen ihren Geschmack komplett aus Aromen beziehen", bestimmen die Leitsätze der Kommission. Fruchtfüllungen hingegen werden mit Obst hergestellt.

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Schinkenbrot, so könnte man meinen, heißt Schinkenbrot wegen dem Schinken im Brot. Pustekuchen: "Es weist einen herzhaft-aromatischen Geschmack auf. Ein Zusatz von Schinken ist nicht üblich", schreibt die Lebensmittelbuchkommission.

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Kartoffelsalat muss hingegen auch Kartoffeln beinhalten - allerdings nicht besonders viele: "Wird in der Verkehrsbezeichnung in Verbindung mit dem Wort "Salat" auf eine Zutat oder mehrere Zutaten besonders hingewiesen, so ist die Zutat oder sind die Zutaten insgesamt zu mindestens 20 Prozent enthalten", schreibt das Lebensmittelbuch vor.

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"Formfleischschinken" hört sich natürlich weitaus besser an als "gepresste Fleischfasern". Und ist deshalb auch als Bezeichnung für Letzteres erlaubt. Außerdem völlig in Ordnung: Der Patchworkschinken. "Muskeln und Muskelgruppen, die aus dem Zusammenhang gelöst worden sind und auch isoliert als Schinken verkehrsfähig wären, können ohne besonderen Hinweise zu größeren Schinken zusammengefügt sein", besagen die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse.

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Fleisch muss auf alle Fälle drin sein in den Pastetchen - dessen Qualität ist aber äußerst flexibel: "Ragout fin ist ein Ragout aus Kalbfleisch und/oder Jungrindfleisch auch mit einem Zusatz Geflügelfleisches (...). Eine Verwendung von Formfleisch (...) wird nicht kenntlich gemacht."

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Die Lebensmittelbuchkommission findet offenbar, dass Mayonnaise ein guter Wurstersatz ist - jedenfalls gilt für Wurstsalat: Bei der Zubereitung mit Speiseöl und/oder Essig beträgt der Anteil der Wurst mindestens 50 Prozent. Bei der Zubereitung mit Mayonnaise müssen es nur noch 25 Prozent Wurstanteil sein.

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Auch wenn die Lebensmittelbuchkommission bei einigen Bezeichnungen gerne mindestens ein Auge zudrückt: Bei Lebkuchen ist sie ganz genau und erkennt feinste Qualitätsunterschiede. So enthalten "feine" Oblaten-Lebkuchen mindestens 12,5 Prozent Mandeln in der Masse - für "feinste" Obladen-Lebkuchen gilt dagegen eine Vorgabe von mindestens 25 Prozent Mandeln in der Masse.

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(sueddeutsche.de/pfau/)

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