Süddeutsche Zeitung

Krieg:Mitgenommen

Wer flüchtet, muss eine ganze Menge zurücklassen. Hier erzählen Kinder und Jugendliche, was sie retten konnten. Diesmal Yan, 18, aus der Kleinstadt Kamianka im Zentrum der Ukraine. Er lebt seit etwa acht Monaten in München.

Protokoll: Georg Cadeggianini

"Mein Lehrer gab mir dieses Buch vor drei Jahren. Es ist eines meiner liebsten, obwohl es nicht sehr bekannt ist und schon so alt wie ein Großvater. Es erzählt die Geschichte von Ostap Veresay, einem Mann, der vor mehr als 300 Jahren gelebt hat. Er wurde blind geboren und hat sich das Kobzarspielen selbst beigebracht. Kobzar ist ein Musikinstrument, das ein bisschen wie eine Gitarre aussieht. In der Ukraine ist es sehr bekannt. Taras Schewtschenko etwa, der berühmteste Schriftsteller der Ukraine, hat auch über Kobzar geschrieben. Ostap Veresay ist als Geschichtenerzähler durchs Land gezogen und hat erzählt und gesungen. Von Dingen, die er gehört hat. Oft melancholisch und sehr traurig. Aber so ist eben vieles, was mein Land durchmachen musste. Für meinen Lehrer habe ich damals eine Hausarbeit darüber geschrieben. Was wissen wir überhaupt über die Hauptfigur? Was über den Autor Fedir Burlaka? Vielleicht kann ich in ein paar Jahren mal zu solchen Fragen forschen. Jetzt muss ich aber erst mal richtig Deutsch lernen."

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Quelle:
SZ vom 03.12.2022
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