Hesterbergs Fotos sind in der Zeit vor dem radikalen Abdriften entstanden, so auch das legendäre Nacktbild. Beim Betrachten der spontanen Aufnahmen kann man wie bei einem Daumenkino ungefähr ahnen, was sich in der Hausgemeinschaft abgespielt haben mag. Ein Foto zeigt Dorothea Ridder auf dem Bett sitzend, sie zieht sich gerade an, während ihr Mitbewohner Rainer Langhans sehr konzentriert seinen Pulli in Form bringt. So richtig erfreut scheinen beide nicht zu sein, die Szene hat etwas Verklemmtes und widerspricht damit allen Fantasievorstellungen, die sich die Republik von der angeblichen Sex-WG machte. Gertrud Hemmer wiederum wirkt fast schon verloren, als sie sich nackt, aber schon mit den Kleidern in der Hand auf die große Flügeltür zubewegt. Auf dem Foto sieht man sie von hinten neben einem Kachelofen und einem Waschbecken. Hesterberg machte die Aufnahmen in der Kaiser-FriedrichStraße 54a am Stuttgarter Platz, wo die Kommune, die mehrmals umzog, die meiste Zeit lebte.
Im Bild: Rudi Dutschke, der Wortführer der Studentenbewegung, auf einer Demonstration in Berlin im Gespräch mit dem Black-Power-Aktivisten Dale A. Smith von der SNCC.