Kolumne:Männer aktuell, diesmal: Knight

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Sie sind verblüffend, sie sind rührend, sie sind überall: In ihrer Kolumne beschäftigt sich Johanna Adorján mit Männern. (Foto: Illustration Jessy Asmus)

Viele Männer sind verunsichert, was sie in Zeiten des Niedergangs von Harvey Weinstein noch dürfen. Darf man einer Frau beispielsweise ein Schachbrett schenken? Selbstverständlich, findet unsere Kolumnistin. Vorausgesetzt, man beachtet eine simple Regel.

Von Johanna Adorján

Der Fall Harvey Weinstein hat etwas ins Rollen gebracht, das sich so leicht nicht mehr umkehren lassen wird. Knock on wood. Am Mittwoch kam die Nachricht, dass Knight Landesman, 67, langjähriger Herausgeber des einflussreichen amerikanischen Kunstmagazins Artforum, aufgrund des Vorwurfs der sexuellen Belästigung von seinem Posten zurückgetreten ist. Eine Angestellte hatte sich bereits im vergangenen Jahr beschwert. Erst als sie diese Beschwerde nun wiederholte, hatte es Folgen, offenbar hat sich die Sensibilität für das Thema erhöht.

Knight Landesman ist in der Kunstszene bekannt wie der buchstäbliche bunte Hund. Er ist immer in knallige, einfarbige Anzüge gekleidet, gerne in Orange oder Gelb, und fällt so, trotz verwechselbarem Äußeren und kleiner Statur, in jeder Gesellschaft auf. Ich habe ihn einmal bei irgendeinem Essen kennengelernt. Es war nicht einmal so, dass wir gemeinsam gegessen hätten, nein, irgendwann winkte er mich in einem Berliner Restaurant an seinen Tisch, an dessen Kopfende er thronte wie ein König. Er schickte die Person fort, die neben ihm saß, und bat mich zu ihm. Ich hatte keine Ahnung, wer er war, aber er wirkte interessant und exzentrisch und war dann auch wirklich sehr unterhaltsam, der perfekte Tischherr, es wird von mir an dieser Stelle keine Klage kommen.

Ich lehnte lachend ab, er insistierte. Ich lehnte ernsthaft ab, er insistierte

Wir trafen uns in New York wieder, gezielt. Bei einem Mittagessen äußerte er den Wunsch, mir etwas beizubringen. Ich lehnte lachend ab, er insistierte. Ich lehnte ernsthaft ab, er insistierte. Ich verstand, dass er einer der Männer war, denen es darum geht, sich über den Willen einer Frau hinwegzusetzen. Oder vielleicht auch über den Willen eines Menschen, was weiß ich, wie er mit Männern umgeht. Ich dachte, Schach, warum nicht, wollte ich immer schon lernen, so haben wir dann wenigstens beide etwas davon.

Kurzer Einschub, weil ja viele verunsichert sind, was von Männerseite noch gedurft werden darf: Das Problem war nicht, dass er mir etwas beibringen wollte, ich lerne sehr gerne. Problematisch war, dass er mein Nein nicht gelten ließ. Dass es also nicht darum ging, mir etwas beizubringen, sondern: über mich zu siegen. Einschub Ende.

Als Frau natürlich bestens darin geübt, Männer ihr Gesicht wahren zu lassen, traf ich mich also ein paar Tage später mit Knight, um mir, meine Güte, von ihm Schach beibringen zu lassen. Er gab sein Bestes. Dass ich nichts von seinem Unterricht behalten habe, liegt an mir. Anschließend bestand er darauf, mir ein Schachbrett zu kaufen. Ich wollte keines. Wirklich nicht. Es war ihm egal. Beziehungsweise schien ihn das noch anzuspornen. Es hatte etwas von einem Kampf, den er schließlich gewann, weil meine einzige Möglichkeit, kein Schachbrett zu bekommen, darin gelegen hätte, einfach wegzulaufen, und das wäre vielleicht etwas seltsam gewesen, ich fand jedenfalls, das gehörte sich nicht.

Knight kaufte ein sehr teures Schachspiel aus Glas für mich, die ich, wie er wusste, kein Schachspiel wollte. Und schon gar keines aus Glas. Aber ihm gefiel es. Nachdem wir uns verabschiedet hatten, schmiss ich es weg.

Er wisse, dass er gewisse Grenzen ausgetestet habe, sagte Landesman nun anlässlich des Vorwurfs der sexuellen Belästigung in einer Erklärung. Eine gewisse Grenze war: Nein.

© SZ vom 28.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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