Kolumne "Luft und Liebe":Schön geschwurbelt! Nichts gebracht.

Frauen können nicht klar kommunizieren. Sie tarnen ihre Befehle gern als Fragen. Männer haben gelernt, so zu tun, als würden sie das nicht durchschauen. Und sparen sich damit ´ne Menge Arbeit.

Violetta Simon

Es heißt ja immer, Frauen und Männer kommunizieren verschieden, sie verstehen sich einfach nicht.

luft und liebe: kommunikation

Frauen könnten von Programmierern lernen. Die würden niemals zu einem Computer sagen: "Man müsste mal wieder 3 und 4 zusammenzählen, findest Du nicht auch?"

(Foto: Foto: iStockphoto.com)

Die Frage ist: Können sie nicht oder wollen sie nicht? Antwort: Frauen können nicht kommunizieren. Sie schwurbeln. Männer wollen nicht verstehen. Sie bocken.

Warum sonst verstehen Männer sich oft ganz ohne Worte, während sie ihre Frau mit Kuhaugen anglotzen, sobald sie etwas von ihm will?

Wenn es um Kommunikation geht, hat die Beziehung zwischen einem Programmierer und seinem Computer der menschlichen einiges voraus. Der Programmierer benutzt eine spezielle Programmiersprache, die Informationen für den Computer in Zeichen verwandelt.

Soll der Computer beispielsweise 3 und 4 zusammenzählen, gibt es dafür in der so genannten "binären Maschinensprache" nur eine einzige Formulierung: 00011010 0011 0100. (Der Befehl "addiere" hat den Code 00011010. 0011 steht für 3, 0100 für 4). Vollkommen verschlüsselt, und dennoch sonnenklar. Missverständnis ausgeschlossen.

Verschwurbelt statt verschlüsselt

Eine Frau benutzt zwar auch eine Art verschlüsselte Sprache. Die meisten Männer können damit jedoch nichts anfangen.

Im Gegensatz zu einer Frau drückt sich ein Programmierer nämlich klar aus. Er sagt: "Addiere 3 und 4". Er schwurbelt nicht: "Man müsste mal wieder 3 und 4 zusammenzählen, findest Du nicht auch?"

Würde man weibliche und männliche Kommunikation in der Programmiersprache miteinander vergleichen, müsste man sagen: Der Mann bewegt sich noch auf dem Kommunikations-Level der binären Maschinensprache (für jedes Wort ein Zeichen, kein Platz für Interpretationen). Frauen hingegen nutzen bereits die Programmiersprache der 5. Generation: die so genannte "Very High Level Language", kurz VHLL genannt.

Die "VHLL"-Sprache kann nicht nur mit künstlicher Intelligenz kommunizieren, sondern arbeitet auch logikorientiert. Das bedeutet: Sie überlässt die Problemlösung dem jeweiligen System. Kein Wunder, dass Frauen dieses Modell lieben. Schließlich möchte eine Frau (User) ihrem Partner (Gerät) nicht nur die Information vermitteln. Er soll am Ende auch gleich eine Lösung ausspucken.

Forderungen, als Fragen getarnt

Fragt sie ihn also zum Beispiel: "Findest Du nicht auch, dass die Küche ein bisschen abgewohnt wirkt?", bedeutet das nicht, dass sie an seiner Meinung interessiert ist. Auch wenn ihre Frage so formuliert war. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Anordnung: "Unsere Küche ist das Letzte. Lass uns in irgendeinen Küchenladen fahren. Jetzt."

Sein "binäres System" hingegen erkennt einfach nur die Frage. Und so antwortet er wahrheitsgemäß: "Nö." Ihr "Very-High-Level-Language"-System ist damit natürlich alles andere als zufrieden.

Welche Möglichkeit hat eine Frau also, sich verständlich zu machen? Sie sollte aufhören, an jede Frage automatisch eine Forderung zu knüpfen.

Das angebliche Unvermögen, die Frauen zu verstehen, basiert schließlich nicht auf männlicher Begriffsstutzigkeit. Es basiert auf der Erkenntnis, dass die Beantwortung einer weiblichen Frage meist Arbeit mit sich bringt. Also ist er auf der Hut.

Auf die Frage: "Hast Du Lust, morgen zu Ikea zu fahren?", wird er deshalb vermutlich mit "Nein" antworten. Er weiß längst, dass es sie in Wirklichkeit einen feuchten Kehricht interessiert, ob er dazu Lust hat. Sie braucht einen Fahrer, der ihre Kartons schleppt.

Also sollte sie ihre Frage auch entsprechend formulieren. Dann hätte sie zumindest eine Chance, an seine Ritterlichkeit zu apellieren. Ein Unmensch, der da Nein sagt.

Schön geschwurbelt! Nichts gebracht.

Gerechterweise muss man anmerken: Manche Männer sind dermaßen geschickt darin, sich herauszuwinden. Die sind einfach nicht zu greifen - weder binär noch auf VHLL.

Also versucht ihre Partnerin verzweifelt, den richtigen Ton zu treffen.

Erst freundlich, aber bestimmt: "Das Bad müsste mal wieder gestrichen werden". Er: "Hmhm."

Dann etwas vehementer: "Wir sollten das Bad streichen". Er: "Ach ja?"

Schließlich laut und deutlich: "Wann streichen wir das Bad?" Er: "Jetzt nicht. Es ist zu kalt, um die Fenster zu öffnen."

Es wird Frühling. Es wird Sommer.

Sie - inzwischen äußerst ungeduldig: "Jetzt streichen wir aber das Bad, ja?" Er: "Bist Du verrückt? Bei dem Wetter, wo alle am See liegen, soll ich hier den Pinsel schwingen?"

Verzweifelter Anwender

Ein System kann seinen Anwender allmählich zur Verzweiflung bringen, wenn es sich beständig weigert, Befehle auszuführen. Ebenso ist es mit einem Mann, der sich schlangengleich von einer Ausrede zur nächsten windet.

Doch auch wenn viele Frauen das nur ungern einsehen: Ein Mann ist kein Computer. Und wenn er mal nicht so will wie sie, gibt es dafür eine simple Erklärung: Es kann sich nur um einen Anwendungsfehler handeln.

Und genau deshalb sollte sie davon absehen, die Software zu wechseln. Oder gar den Datenträger auszuwerfen. Hier hilft nur eins: Programm beenden und einen Neustart versuchen. So lange, bis es klappt. Irgendwann wird er mürbe, ganz sicher. Wie gut, dass ein Mann auch nur ein Mensch ist.

Die Kolumne "Luft und Liebe" erscheint jeden Mittwoch auf sueddeutsche.de. Bookmark: www.sueddeutsche.de/luftundliebe

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