Kolumne: Luft und Liebe:"Hörst du mir überhaupt zu?"

Lesezeit: 4 min

Gegen die Launen der Natur sind wir machtlos: Pinguine haben Flügel, können aber nicht fliegen. Tja, und Männer haben Ohren. Ihr Pech, wenn sie sie nicht benutzen.

Violetta Simon

Was antwortet ein Mann auf die Frage: "Und, wie war's?" - "Schön"

Brüllen zwecklos - Männer hören selektiv. Sehr selektiv. (Foto: Foto: iStock-Fotos)

Was antwortet eine Frau auf die Frage: "Und, wie war's?" - "Moment, ich zieh mir noch schnell die Schuhe aus und hol mir ein Glas Wasser, dann erzähl ich dir alles."

Kommt sie in Hausschuhen und mit einem Glas in der Hand ins Wohnzimmer, hat er es sich auf der Couch gemütlich gemacht. Nein, nicht mit Kerzen und Musik, die würde nur stören - schließlich läuft der Fernseher. Statt sich zu ihm zu setzen, baut sie sich vor ihm auf und macht eine Szene. Er fällt aus allen Wolken.

Wenn Sie eine Frau sind, wissen Sie sofort, was sich hier gerade abspielt. Sind Sie ein Mann, verstehen Sie nur Bahnhof.

Das Problem zwischen Männer uns Frauen ist: Männer hören einfach nie richtig zu. Das Dumme daran ist: Das stört nur die Frauen.

Nun gibt es diverse Möglichkeiten, damit umzugehen: Wir nehmen es hin, so wie wir eine Laune der Natur hinnehmen. Pinguine haben Flügel, können aber nicht fliegen. Daniel Küblböck besitzt eine Stimme, kann aber nicht singen. Tja, und Männer haben Ohren.

Die zweite Möglichkeit besteht darin, gegen diese Unzulänglichkeit anzurennen, indem wir sie permanenter Informationsflut aussetzen, ihnen drohen oder immer wieder nachfragen.

Daraufhin wird ein Mann entweder auf Durchzug schalten, sich kurzfristig einschüchtern lassen und ein wenig später auf Durchzug schalten oder sich in die Ecke gedrängt fühlen, einen Streit vom Zaun brechen, und das daraus folgende große Schweigen zum Anlass nehmen, auf Durchzug zu schalten.

Doch hören Männer wirklich nie zu? Oh doch, das tun sie. Wenn die Information für sie von Wert ist und einen angemessenen Umfang hat. Sagen wir: nicht mehr als drei Worte. "Essen ist fertig", "Wir sind pleite" - sowas in der Art. Dann erreicht das Gesagte nicht nur die Gehörgänge, sondern sogar das Erinnerungsvermögen. Und das ist zuweilen von beeindruckendem Ausmaß.

Erschwerend hinzu kommt, dass das männliche Wertesystem sich vom weiblichen deutlich unterscheidet. Ohne Punkt und Komma beschreiben sie in allen Einzelheiten, wie der Hamburger SV die Eintracht aus Frankfurt mit einem 3:1 niederbügelte - am 20. August 1987! Aber wenn man erwähnt, dass Anne jetzt ihr Baby hat, fragen sie erstmal überrascht: "Ach, war sie denn schwanger?" Völlig überflüssig, jetzt zu explodieren und zu schreien: "Das hab ich dir schon tausend Mal erzählt!" Wir würden nur verständnisloses Kopfschütteln ernten. Effektiver ist es, an der Kommunikationstechnik zu arbeiten!

Mit großer Wahrscheinlichkeit lag es daran, dass wir mit ihm gesprochen haben wie mit einer unserer Freundinnen, also etwa so: "Du weißt doch, dass Anne seit kurzem diesen Typen hat, und ihr Job, naja, der hat sie ja sowieso nie wirklich gereizt, deshalb ist sie mit diesem Rob jetzt nach Paris, weil - oder heißt er Tom? - jedenfalls macht er irgendwas mit Film und verdient auch ganz gut, er kann sogar für sie was deichseln, Film wollte sie ja schon immer machen, also nicht als Schauspielerin, sondern im Schnitt oder so, außerdem soll in Paris die Kinderbetreuung ja ganz fantastisch sein, und stell dir vor, gestern hat sie mir gemailt, dass sie überfällig ist und dass es sein könnte, dass sie tatsächlich schwanger ist, und wenn alles klappt, kann sie ein Jahr später bei dieser Filmfirma schonmal als Aufnahmeleiterin anfangen und das Baby erstmal mitnehmen, die sind ja da unheimlich locker, und sie meinte, wir sollen sie unbedingt mal besuchen kommen, am besten, wir schauen gleich mal nach Flügen, was sagst du dazu?"

Nichts sagt er dazu. Er ist längst ausgestiegen. Glauben sie wirklich, dass ein Mann dieser Informationsflut gewachsen ist? Oder sich auch nur einen Bruchteil davon merken kann? Dazu müsste er schon wissen, was die eigentliche Botschaft war.

Tun Sie ihm den Gefallen und verraten Sie sie ihm: Anne ist schwanger. Dann sind die Chancen relativ hoch, dass er sich an Anne auch in ein paar Wochen noch erinnern wird.

Für Frauen unvorstellbar, doch zu 99 Prozent wird er nicht fragen, von wem das Kind ist. Auch nicht, wie es Anne geht oder ob sie schon weiß, was es wird. Nicht aus Desinteresse, sondern aus Selbstschutz: alles unnötiger Ballast. Er braucht den Speicherplatz für andere wichtige Dinge - oder sollen WIR uns vielleicht merken, wann das Rückspiel zwischen Werder Bremen und Barcelona stattfindet?

Männer wollen uns immer wieder verklickern, dass sie zuhören, sobald wir der Botschaft eine attraktive Note verleihen. Eine Ansage wie "Wann kommst du wieder?" gehöre nicht dazu. "Lass uns Sportschau gucken, wenn du wieder kommst" sei da schon viel besser.

Doch jetzt mal unter uns: Haben wir darauf Lust? Nein. Machen wir lieber das Beste daraus. Es muss ja nicht immer von Nachteil sein, wenn man kein Gehör findet.

Seine Uriah-Heep-Plattensammlung und die olle Yucca-Palme nerven? Nicht mehr lange, denn wir klären das auf unsere Art - mit einer Aussprache: "Sag mal, unterm Bett sind doch noch so ein paar Schachteln, die wir mal bei Ikea gekauft haben, so eine rote, eine blaue, eine grüne - oder war es eine gelbe? - naja, jedenfalls (Achtung, die Durchzugphase beginnt!) ... würde ich deine alten Platten, die da drin sind, gern wegschmeißen, die verstauben doch nur, da hauen wir die Palme von deiner Mutter am besten gleich hinterher, was hältst du davon, sag mal, hörst du mir überhaupt zu?"

"Aber ja, mein Schatz!" "Prima, dann wäre das also geklärt."

Sehen Sie, wozu sollten Pinguine fliegen können?

Die Kolumne "Luft und Liebe" erscheint jeden Mittwoch auf sueddeutsche.de. Bookmark: www.sueddeutsche.de/luftundliebe

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