Kolumne "Familie und andere Turbulenzen":Kinder, das ist Karneval

Familien-Kolumne

Eine vorbildliche Familie. Es sei denn, es ist Karneval.

(Foto: Stephanie Wunderlich)

Der Vater will unbedingt in Köln feiern, die Mutter träumt von verschneiten Bergen, der Sohn wäre gerne Darth Vader und die Teenager-Tochter am liebsten auf einem anderen Planeten. Ein Familien-Countdown für die närrische Zeit.

Von Katja Schnitzler

Zwei Wochen zuvor

Mutter: Kinder, bald ist Karneval. (Warum musste ich nur einen Mann heiraten, der aus Köln stammt? Normale Familien fahren in den Skiurlaub!)

Vater: Kölle, Alaaf! (Warum musste ich nur eine Frau heiraten, die aus München kommt? Normale Familien feiern in Köln!)

Tochter, 14: Na super. Das wird wieder peinlich. (Peinlich ist gar kein Ausdruck! Wenn Papa glaubt, ich geh heuer wieder als Funkenmariechen, hat er sich geschnitten. Die Rocklänge hätte eigentlich gepasst - aber dazu eine rote Wollstrumpfhose? Das kann er vergessen, der Spießer!)

Sohn, 5: Papa, wer ist Olaaf? (Kommt Besuch aus Köln?)

Eine Woche zuvor

Mutter (zum wiederholten Mal): Nein, es müssen nicht alle Eltern verkleidet sein, die sich mit ihren Kindern den Faschingsumzug ansehen wollen. Und nein, ich sah letztes Jahr als Wetterfrosch nicht reizend aus. Außerdem bin ich mit dieser dämlichen Leiter an jedem hängengeblieben! (Ich! Verkleide! Mich! Diesmal! Nicht!)

Vater: Jetzt sei keine Spaßbremse und setz wenigstens die Clown-Perücke auf. (Keinen Humor, die Frau. Aber ich bring sie schon noch dazu, sich zu kostümieren.)

Tochter (kommt zur Tür herein): Schaut, ich gehe als Rihanna. (Sie dreht stolz den Kopf, auf einer Seite fehlen die Haare.)

Mutter: . . . (Das ist nur ein Traum - gleich wache ich auf!)

Vater: Deine ... schönen ... langen ... Haare! (Mein Püppchen ist ein Punk!)

Sohn: Du siehst aus wie ein Pirat! (Ich will das auch!)

Mutter (holt tief Luft): So gehst du mir nicht aus dem ... (Mist, so muss sie ja jetzt aus dem Haus gehen. Oder mit Vollglatze.)

Tochter: Das ist ein Sidecut, ein S-I-D-E-C-U-T! (Ich muss adoptiert sein.)

Sohn: Tut das weh? (Ich frag zur Sicherheit vorher mal nach.)

Rosenmontag, sehr früh am Morgen

Sohn (stürmt ins Schlafzimmer der Eltern): Ich weiß jetzt, als was ich gehe! Ich weiß es, ich weiß es, ich weiß es! (Er hüpft dazu im Rhythmus auf dem Bett, die Eltern werden im Takt hochgeschleudert und klammern sich an ihre Kopfkissen.)

Vater (knurrt): Dann sag es halt! (Oder lös dich in Luft auf, es ist mitten in der Nacht!)

Sohn: Ihr müsst raten! (Darauf kommen sie nie.)

Mutter (knurrt): Darth Vader. (Ich hatte gerade so schön vom Skifahren geträumt.)

Sohn (fassungslos): Woher weißt du das? (Immer weiß sie alles, immer!)

Rosenmontag, gegen Mittag

Vater (gekleidet als Zirkusdirektor mit angeklebtem Zwirbelbart): Wie, es gibt in München an Rosenmontag keinen Faschingsumzug? (Verflixt, ich hatte es schon wieder verdrängt. Köln, warum habe ich dich verlassen?)

Mutter (kratzt sich unter der schweißtreibenden Clownsperücke): Ach, Schatz. Vielleicht solltest du mit den Kindern nächstes Jahr einfach mal in Köln feiern? (Und ich gehe Skifahren!)

Tochter: Hört mir vielleicht mal jemand zu? Ich kann unmöglich einen längeren Rock anziehen, Papa! Hallooooo, ich gehe als Rihanna, Riiiihaaannaaa! (Ich mache das Austauschjahr in den USA auf jeden Fall! Und lasse mich tätowieren.)

Sohn (röchelnd, mit einem schwarz angemalten Karton über den Kopf, seine Kostümentscheidung kam doch etwas kurzfristig): Riiii (schnauf) haaaann (schnauf) aaaaaa (schnauf, schnauf), ICH bin dein Vater! (Meinen Helm lasse ich auch zum Schlafen auf.)

Stimmung? Stimmung!

Rosenmontag, etwas später in der karnevalbespaßten Einkaufsstraße

Vater: Die Münchner haben die Stimmung getötet. (Ich weine gleich. Und jetzt singt dieses klägliche Feiergrüppchen auch noch in Fremdsprachen.)

Mutter: Schiiiiifoan, ooh-ooh-ooh-oh, Schiii-hiii-hiiiiiii-hii-foan! Weil Schifoan ist des Leiwandste, was man si nur vorstell'n ko. (Stimmung!)

Tochter: Oh bitte, Mama! (Ich kenne diese Frau nicht.)

Sohn: Mama, bitte! (Tanz mit mir!)

Tochter: Lasst uns woanders hingehen! (Oh nein, die Jungs aus der Kollegstufe! Hoffentlich schauen sie nicht her, bitte, wenn es einen Gott gibt, dann ... Na toll. Sie schauen her.)

Einer aus der Gruppe grölt: "Hey, du Punk! Cooler Gürtel." (Diesmal gar nicht als Funkenmariechen?)

Vater (Hebt drohend die Zirkuspeitsche): Was sagst du zu meiner Tochter? (Was sagt der zu meiner Tochter?)

Tochter: Papa, bitte ... (Und ich habe gedacht, es kann nicht noch schlimmer kommen.)

Einer aus der Gruppe: Hat dir die Domina ihre Peitsche geschenkt, Alter? (Wow, cooler Spruch!)

Die Tochter klammert sich an den Arm des Vaters. Die Mutter hat nichts von alledem mitbekommen und hakt sich fröhlich auf der anderen Seite unter, ihren schnaufenden Darth-Vader-Sohn setzt sie sich auf die Hüfte.

Tochter: Wir müssen jetzt wirklich los zum Kinderfasching! (Bloß weg hier, alles ist besser als das.)

Beim Kinderfasching

Sohn: Jedi, die Macht ist mit mir, nicht mit dir! (Dem zeig ich's, mit meinem Laserschwert schneide ich ihn durch!)

Vater: Hier ist endlich mal Stimmung! (Und meine Musik spielen sie auch.)

Mutter: Krapfen für alle! (Was tut man nicht alles für die Familie.)

Tochter: Ich bin in der Hölle. (Hölle, Hölle, Hölle, Hölle!)

Am Abend

Sohn (nuschelnd durch den schwarzen Karton): Ich lasse meinen Helm für immer auf. (Auf jeden Fall gehe ich damit morgen nochmal in den Kindergarten.)

Vater: Es war nicht Köln, aber schön war es schon. (Was tut man nicht alles für die Familie.)

Mutter: Ja, geschafft. (Wenn ich nicht gleich diese kratzige Perücke abnehme, drehe ich durch.)

Tochter (die erleichtert auf eine Jugend-Faschingsparty weitergezogen ist): Cool hier. (Die am Eingang hat mich Rihanna genannt!)

Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen und Tipps in den Kommentaren unter der Kolumne.

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