Kolumne: Die Paar Probleme (1):Alles wegen einer SMS

Sie kriegt stille Post von einem anderen, er spioniert ihr nach. Kann man da was tun? Ein Lösungsversuch.

Violetta Simon und David Wilchfort

Manchmal braucht die Liebe Unterstützung, das gilt auch - oder gerade - für "alte Hasen". Der Paartherapeut David Wilchfort und die sueddeutsche.de-Redakteurin Violetta Simon suchen im gemeinsamen Gespräch Antworten auf Beziehungsfragen unserer Leser - und zwar immer für beide Partner.

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Der Drang, den anderen auszuspionieren, ist ein Signal dafür, dass in der Beziehung etwas nicht stimmt - ganz gleich, ob der Verdacht begründet ist oder nicht.

(Foto: Foto: iStockphotos)

Diese Woche erreichte uns folgendes Schreiben:

Eva: Mein Mann hat offenbar meine SMS gelesen und ist dabei auf ein paar vertrauliche Nachrichten eines Bekannten von mir gestoßen. Nun unterstellt er mir ein Verhältnis. Ich habe überhaupt keine Lust, auf diese Anschuldigungen einzugehen, weil ich mich viel zu sehr darüber ärgere, dass er heimlich mein Handy durchstöbert hat.

Adam: Als mein Frau kürzlich ihr Handy zu Hause vergaß, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen und habe ihre SMS gelesen. Nun glaube ich, dass sie eine Affäre hat. Statt sich zu erklären, macht sie mir jedoch Vorwürfe, dass ich sie kontrolliere! Da kann ich nur sagen: Offenbar war die Kontrolle berechtigt.

sueddeutsche.de: Sie kriegt stille Post von einem anderen, er spioniert ihr nach - offenbar traut hier einer dem anderen nicht über den Weg ...

David Wilchfort: Stimmt! Nicht übersehen darf man aber, dass sich Adam selbst nicht wohlfühlt in seiner Haut. Auch wenn er sich damit beruhigt, die Kontrolle sei berechtigt gewesen, kommt er sich innerlich ziemlich schoflig vor, dass er der Versuchung nicht widerstanden hat.

sueddeutsche.de: Ich würde sagen, dazu hat er auch allen Grund: Offiziell sind Beweismittel, die auf illegalem Weg gewonnen wurden, überhaupt nicht zulässig.

Wilchfort: Mag sein, aber Adams Selbstvorwürfe entstehen wohl eher aus der Erkenntnis: Ich bin jemand, der es nötig hat, seiner Frau hinterherzuspionieren.

sueddeutsche.de: Klingt irgendwie erniedrigend und hat was von Voyeurismus. Andererseits: Was hätte er denn sonst tun sollen? Sie fragen, ob er mal in ihrem Handy herumschnüffeln darf?

Wilchfort: Dazu fehlt Adam das nötige Selbstwertgefühl. Deshalb versucht er auf indirektem Wege, herauszufinden, ob sie zu ihm steht.

sueddeutsche.de: ... was ja wohl eindeutig schiefgelaufen ist. Eva ist nun so wütend, dass sie gar nicht daran denkt, sich betroffen zu fühlen. Ich kann sie sogar verstehen - Adam hatte in Evas Handy ja auch nichts zu suchen.

Wilchfort: Absolut richtig. Trotzdem kann man nicht sagen: Mein Partner hat in meinem Leben nichts zu suchen. Es genügt nicht, dass Eva die Sache unproblematisch findet. Es ist ihr Job, mit Adam zu klären, ob auch er sich damit wohlfühlt.

sueddeutsche.de: Also angenommen, es ist wirklich nichts dran an der Sache ...

Wilchfort: Genau da ist der Punkt: Ob was dran ist oder nicht, unterliegt allein der Beurteilung des Betrachters.

sueddeutsche.de: Na dann ist die Sache ja klar - für Adam zumindest.

Wilchfort: Es geht vor allem darum, ob sie selbst findet, dass das noch in Ordnung ist. Oder ob sie denkt: "Das hätte ich nicht tun sollen."

sueddeutsche.de: In dem Fall wäre Adams Kontrolle also berechtigt gewesen.

Wilchfort: Nein, davon kann keine Rede sein. Ich meine, dass sie dazu Stellung beziehen und sich überlegen sollte: Was will ich eigentlich? Will ich mich durchlavieren oder die Situation dazu nutzen, Klarheit zu schaffen.

sueddeutsche.de: Was gäbe es denn zu klären?

Wilchfort: Es wäre durchaus denkbar, dass sie sagt: "Ich bin froh, dass du es jetzt weißt und ich nicht mehr lügen muss." Oft kommt es sogar vor, dass ein Partner - beispielsweise durch das Liegenlassen des Handys - absichtlich darauf gestoßen wird.

sueddeutsche.de: Jetzt gehen Sie also auch davon aus, dass es etwas zu verbergen gibt! Geben Sie's zu, Sie hätten das Handy auch durchstöbert!

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