Koffein-Konsum bei Schwangeren:Teestunde gestrichen

Besser daheim auf dem Sofa als mit den Freundinnen im Café? Eine Studie belegt, dass Kaffee- und Teekonsum während der Schwangerschaft schadet.

Werner Bartens

Schwangere sind nicht zu beneiden. Sie bekommen allzu viele gut gemeinte Ratschläge. Oft wird ihnen Angst gemacht, was dem zukünftigen Nachwuchs schaden könnte. Keine Zigaretten, wenig Alkohol und viel Schlaf sind ebenso übliche wie berechtigte Empfehlungen.

Koffein-Konsum bei Schwangeren: Auf dem Sofa: Hier kann doch eigentlich nichts passieren. Oder?

Auf dem Sofa: Hier kann doch eigentlich nichts passieren. Oder?

(Foto: Foto: iStockphotos)

Jetzt verdichten sich die Hinweise darauf, dass Schwangere auch ihren Koffein-Konsum stärker begrenzen sollten. Anlass dafür ist eine Untersuchung im Fachblatt British Medical Journal von dieser Woche (Bd.337, S. a2332, 2008). Demnach steigt das Risiko für Wachstumsstörungen der Babys bereits bei geringen Koffein-Mengen deutlich an.

Die britische Lebensmittelbehörde Food Standards Agency (FSA) hat sofort auf die Ergebnisse der Wissenschaftler reagiert und die empfohlene Obergrenze für Koffein für Schwangere von 300 auf 200 Milligramm täglich gesenkt.

Koffeinprobe im Speichel

200 Milligramm Koffein entsprechen zwei mittelgroßen Tassen Kaffee - oder drei bis vier Tassen Tee. Andrew Wadge, Chef-Wissenschaftler der FSA, will Schwangere nicht beunruhigen: "Es wäre zwar gut, sich an den neuen Rat zu halten, aber wer drei Tassen Kaffee getrunken hat, muss auch nicht in Panik geraten." Die Autoren sprechen sich ebenfalls dafür aus, Schwangeren "behutsame Ratschläge" zu geben und sie nicht zu verunsichern.

Die Mediziner um Justin Konje und Janet Cade von den Universitäten Leicester und Leeds hatten in ihrer Studie den Koffein-Konsum von 2600 Schwangeren vier Wochen vor der vermuteten Empfängnis und während der Schwangerschaft erhoben.

Im Vergleich zu Schwangeren, die keinen oder höchstens eine Tasse Kaffee täglich tranken, war das Risiko für Wachstumsstörungen um 20 Prozent erhöht, wenn Schwangere ein bis zwei Tassen tranken. Bei mehr als zwei Tassen stieg das Risiko auf 40 bis 50 Prozent an. Frauen tranken im ersten Drittel der Schwangerschaft weniger Kaffee und im letzten Drittel am meisten.

Kinder mit Wachstumsstörungen und niedrigem Geburtsgewicht haben nicht nur Schwierigkeiten in der Entwicklung. Sie leiden auch häufiger an Herzerkrankungen und Diabetes.

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Teestunde gestrichen

Risiko so groß wie beim Alkohol

Bisher gab es zwar einige Hinweise darauf, dass Koffein in großen Mengen dem Embryo nicht guttut. Die Ergebnisse waren jedoch widersprüchlich, und manche Ärzte empfehlen Schwangeren sogar Kaffee, um ihren Kreislauf in Schwung zu bringen. Die neue britische Studie zeigt jedoch, dass Schwangere Koffein besser nur in geringen Mengen zu sich nehmen sollten.

Die Untersuchung ist aussagekräftig, da sie eine der größten ihrer Art ist und zudem versucht wurde, andere Einflussfaktoren auf das embryonale Wachstum wie Rauchen und Alkohol auszuschließen.

Zur Seriosität der Studie trägt auch bei, dass die Daten prospektiv erhoben wurden, das heißt die Frauen wurden zu Beginn ihrer Schwangerschaft in die Untersuchung einbezogen, als noch unklar war, wie sich ihr Nachwuchs entwickeln würde. Werden Daten nachträglich erhoben, sind die Ergebnisse häufig verzerrt.

Ein Problem von Studien zu Ernährungsgewohnheiten ist, dass sie auf den - oft unzuverlässigen - Aussagen der Beteiligten beruhen. In diesem Fall wurde der angegebene Koffein-Konsum jedoch mit Speichelproben und Stoffwechselbestimmungen abgeglichen.

Dass die Wirkung des Koffeins, das neben Kaffee und Tee auch in Cola, Energy-Drinks und Schokolade enthalten ist, bisher unterschätzt wurde, legt ein anderes Ergebnis der britischen Forscher nahe. "Der Einfluss des Koffeins auf das Wachstum war in unserer Studie so groß wie der des Alkohols", sagen Konje und Cade. "Wir haben keinen Grenzwert gefunden, von dem an kein Zusammenhang mehr bestand."

Ein Zeitfenster gebe es ebenfalls nicht. Da Koffein die Plazenta ungehindert passiert, kann es in jeder Phase der Schwangerschaft auf den Fetus einwirken. 200 Milligramm Koffein vermindern den Blutfluss in der Plazenta um ein Viertel, was die Wachstumsstörungen erklären könnte.

Die Umsetzung der Empfehlung könnte daran scheitern, dass viele Menschen Koffein allein mit Kaffee in Verbindung bringen. In der Studie gingen 60 Prozent des Koffein-Konsums jedoch auf Tee zurück und nur 14 Prozent auf Kaffee. Das könnte aber auch an britischen Gewohnheiten liegen.

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