Familientrio: Wen einladen?:Kindergeburtstag

Eine Tochter möchte eine Freundin nicht zum Geburtstag einladen, obwohl diese sehr an ihr hängt und sie dort auch eingeladen war. Sollen die Eltern sie zwingen, das Mädchen einzuladen? Unsere Familienexperten antworten.

Julia S. aus München fragt:

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(Foto: Jorge Ibanez / Unsplash)

Meine Tochter, 6, hat eine Klassenkameradin, die sehr an ihr hängt - und sie auch jedes Mal zum Geburtstag einlädt. Sie selbst spielt ab und zu mit ihr, will sie aber trotzdem nicht einladen. Ich finde, das geht nicht. Wie sehen Sie das? (Symbolbild) Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de.

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(Foto: Stefanie Fiebrig)

So was geht schon, es ist nur nicht besonders nett. Bestimmt haben Sie schon mit Ihrer Tochter gesprochen. Da drängen sich mir tausend Fragen auf, die Sie vielleicht schon gestellt haben: Warum will sie das Mädchen nicht einladen? Ist es ein Ersatzmädchen, wenn die anderen Freundinnen gerade nicht können? Ist sie unbeliebt, und Ihre Tochter fürchtet, die Unbeliebtheit würde auf sie abfärben? Wird das Mädchen ohnehin ausgeschlossen? Sprechen Sie mal mit den Eltern des Mädchens. Außerdem kennen Sie ja das wichtige Erziehungswerkzeug: "Wie würdest du dich fühlen?" Also, wie würde sie sich fühlen? Sie darf mögen, wen sie will, und einladen, wen sie will, aber im Namen des Mädchens (und im Namen aller nie eingeladenen Kinder) würde ich bitten, dass es für das Mädchen nachvollziehbar ist, warum sie nicht eingeladen wird. Das ist ganz schön viel verlangt von Ihrer Tochter, aber es ist auch viel verlangt von dem anderen Mädchen, das einfach so grundlos auszuhalten. Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit Tochter, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt vor allem Kurzgeschichten und Romane, aber auch Theaterstücke sowie Kinder- und Jugendbücher. Ihr Buch "Mädchenmeute" erhielt 2016 den Deutschen Jugendliteraturpreis.

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(Foto: Anne Kring)

Ich bin da anderer Meinung als Sie. Die Möchtegern-Freundin Ihrer Tochter klebt an Ihrem Kind. Die Reaktion Ihrer Tochter ist nichts anderes als ein laut und deutliches "Tut mir leid, aber ich bin nicht an der Freundschaft mit dir interessiert". Indem sie die Klassenkameradin einfach nicht zum Geburtstag einlädt, bricht sie mit unserer Konvention, die eine Gegeneinladung erfordert. Ich würde das aber anerkennen, zum Beispiel so: "Meine eigene Generation hat gelernt, immer zu lügen, wenn man jemanden nicht dabeihaben wollte. Man musste sich dann irgendeine Entschuldigung ausdenken, warum er oder sie nicht kommen kann. Du darfst aber ruhig direkter sein. Deine Beziehungen werden dadurch einfach werden. Ich beneide dich darum. Jesper Juul ist Vater, zweifacher Großvater und Familientherapeut in Dänemark. Er hat zahlreiche Erziehungsratgeber geschrieben, darunter den in 14 Sprachen übersetzten Bestseller "Dein kompetentes Kind".

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(Foto: Anatol Kotte)

Das Eingeladen- und Nichteingeladenwerden, das Einladen und das Rückeinladen sind die schärfsten Waffen im Kampf um tolle Freundinnen in der Schule. Dieser Kampf ist vom ersten Moment an grausam. Und er endet nie. Es gibt nur eins, was im Kampf um Freundinnen, diesem kindlichen Hegemonialkrieg, noch schlimmer ist als ein falsches Spiel: Die Einmischung von Eltern. Ihr Auftauchen würde alle Stellungen zunichtemachen, die man sich in den ganzen Jahren erarbeitet hat. Hier gibt es anscheinend ein Ungleichgewicht im gegenseitigen Mögen. Das andere Kind mag Ihre Tochter mehr als umgekehrt. Natürlich ist das blöd für die Klassenkameradin, und es ist vielleicht die erste Erfahrung von Ungleichheit, die sie macht, aber so spielt das Leben. Liebe und Freundschaft kann man nicht erzwingen. Wenn auf die Nichteinladung keine Rückeinladung folgt, ist das das Ding Ihrer Tochter. Nichts fand ich schlimmer, als wenn meine Mutter damals zu mir sagte: "Lad doch mal die Tatjana ein. Die hat dich auch immer eingeladen." Es ist das Business Ihrer Tochter, wen sie zu ihrem Geburtstag einlädt und wen nicht. In dieses Geschäft sollten Sie sich nicht einmischen. Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".

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