Hier müssen sich Politiker von der Vorstellung freimachen, dass Hartz-IV-Bezieherinnen sich vom Kindergeld die Nägel maniküren lassen oder alleinerziehende Väter die Transferleistungen in Bier und Zigaretten stecken. Sie müssen darauf vertrauen, dass die meisten Eltern für ihre Kinder das Beste wollen.
Vorschläge, die staatlichen Hilfen eher als Gutscheine oder Ermäßigungen zu verteilen, sind entmündigend für die Betroffenen. Im Grundgesetz steht "Pflege und Erziehung sind das natürliche Recht der Eltern" und nicht "Pflege und Erziehung sind das natürliche Recht wohlhabender Mittelschichtseltern, die alleine klar kommen, und alle anderen müssen sich gängeln lassen."
Mehr Geld für arme Kinder, das beginnt mit höheren Hartz-IV-Sätzen. Die Sätze für Kinder wurden von Anfang an als unzureichend kritisiert. Schließlich kosten Kinder nicht weniger als Erwachsene - eher mehr, denn wer ausgewachsen ist, braucht nicht jeden Winter neue Schuhe. Außerdem muss der Unterhaltsvorschuss neu geregelt werden. Jedes zweite Kind von Alleinerziehenden bekommt gar keinen Unterhalt, weitere 25 Prozent weniger als ihnen zusteht. Ja, der Staat springt ein, aber nur mit 145 bis 194 Euro und das für maximal sechs Jahre. Was, wenn der Ex-Partner dann immer noch nicht zahlt?
Kindergeld aus der Gießkanne, falsche Anreize durchs Splitting
Auch das Kindergeld bedarf einer gründlichen Überprüfung, denn die nach dem Gießkannenprinzip verteilte Leistung ist ein Witz. Für die einen, weil sie die 184 Euro pro Kind eh nicht brauchen - für die anderen, weil der Betrag bei weitem nicht reicht. Dass es ab dem dritten Kind sechs Euro mehr gibt, ist wohl kaum ein Grund, sich dem Armutsrisiko Großfamilie auszusetzen.
Das Geld für die zusätzliche Unterstützung armer Kinder könnte man zum Beispiel beim Ehegattensplitting einsparen. Dafür gehen jährlich zwischen 19 und 22 Milliarden Euro drauf, doch nicht Familien profitieren davon, sondern verheiratete Paare mit und ohne Kinder. Und auch die nur, solange sie verheiratet bleiben.
Das soziale Netz für Familien ist in Deutschland nicht eng genug gewebt. Sie fallen durch, sobald irgendetwas schief geht. Gerade weil das jedem jederzeit passieren kann, muss sich das ändern - und wahrscheinlich wäre es unterm Strich sogar für die Staatskasse günstiger. Menschen mit Perspektive kosten viel weniger als die, die sich und ihre Kinder als chancenlos wahrnehmen.