Kinder in der Pubertät:Weihnachten nach Drehbuch

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Damit Weihnachten für alle Familienmitglieder ein Fest wird, braucht es etwas Vorbereitung.

(Foto: tilla eulenspiegel/photocase.com)

Wenn die Sehnsucht nach dem Smartphone größer ist als die Vorfreude auf die Bescherung: Weihnachten mit pubertierenden Jugendlichen kann anstrengend und kompliziert werden. Damit die ganze Familie die Feiertage genießen kann, bedarf es guter Vorbereitung.

Von Katja Schnitzler

Damit Weihnachten besinnlich wird, braucht es eine gute Regie - und ein noch besseres Drehbuch. Wenn nur zwei bestimmen (meist die Eltern), wie das ideale Weihnachtsfest abzulaufen hat, können sie von Glück sagen, wenn die anderen Beteiligten einer frommen Schafsherde gleich mitziehen. Doch "fromm und folgsam wie ein Lämmchen" ist nicht gerade die übliche Beschreibung für einen pubertierenden Jugendlichen.

Ein schönes und möglichst konfliktarmes Fest bedarf guter Vorbereitung . Das Skript dafür muss schon im Advent aufgesetzt werden. Alle sagen, was ihnen an Weihnachten besonders wichtig ist und welche Tradition auf keinen Fall fehlen darf. Dann werden Zeitplan und Ablauf mit allen (auch den Gästen) besprochen. Überraschungen sind zwar schön, aber nicht alle, schon gar nicht an Weihnachten: Will das Kind, das eigentlich schon keines mehr ist, in diesem Jahr auf keinen Fall Lieder auf dem Klavier vorspielen, bevor es ans Geschenkeauspacken geht? Das sollten die Eltern besser nicht erst kurz vor der Bescherung erfahren, wenn ihnen die Stimmung lieb ist.

"Weihnachten an sich ist wie ein jährlicher psychologischer Test, wie gut wir miteinander reden und uns absprechen können", sagt Manfred Stelzig, Psychotherapeut und Mitautor des Buches "Oh Tannentrauma: Wie Weihnachten wieder wundervoll wird" (ein Interview mit ihm über die Voraussetzungen für ein gelungene Weihnachtsfest finden Sie hier).

Verantwortung abgeben

Die Eltern organisieren allein den Baum, schmücken ihn selbst, bereiten das Festtagsmahl zu und wundern sich, warum der Jugendliche sich weder für Fest noch Stimmung mitverantwortlich fühlt. Wer gemeinsam feiert, sollte gemeinsam vorbereiten: Ein Teenager kann die Zubereitung von Vor- oder Nachspeise übernehmen oder das Heraussuchen und Vortragen der Weihnachtsgeschichte.

Und wieso sollte nicht der Teenager gemeinsam mit seinen Freunden den Christbaum besorgen und schmücken? Sind die grundlegenden Wünsche geklärt (Höhe, Baumart, welcher Schmuck steht zur Verfügung und wo ist eigentlich die Lichterkette?), sollten sich Eltern raushalten. Nichts demotiviert mehr als gutgemeinte Ratschläge für eine Aufgabe, an der die Jugendlichen eigentlich wachsen sollten. Zum "Baumloben" (in diesem Fall alkoholfrei) sind die Eltern dann wieder zur Stelle - und haben nichts dagegen, dass ein Bild ihres Familienbaumes per Twitter und Facebook verbreitet wird.

Weihnachten mit Smartphone

Auch an Heiligabend gelten die normalen Umgangsformen: Während Gesprächen und bei Tisch bleibt das Handy aus - bei der Bescherung natürlich auch. Allerdings sollten Eltern großzügig sein, schließlich platzen die Kinder verständlicherweise nach dem Geschenkeverteilen fast vor Mitteilungsdrang. Ein Kompromiss könnte sein, dass Eltern und Kind ausmachen, dass es seine Nachrichten während einer typischen Leerlaufzeit schreibt, zum Beispiel nach dem Festtagsessen. Danach bleibt das Handy entweder für den Rest des Abends aus oder darf zu einem fest vereinbarten Zeitpunkt nochmals angeschaltet werden. So wird keine spannende Nachricht verpasst, ohne dass es ungemütlich für alle wird.

Weihnachten allein mit der Familie

Weihnachten ist das Fest der Familie, aber müssen die Jugendlichen daheimbleiben, bis das Ende bitter wird? Wenn alle Geschenke ausgepackt, die Gans verspeist und der Gottesdienst zelebriert ist, spätestens dann wären viele Teenager gerne ganz woanders, nämlich bei ihren Freunden. So feiern zum Beispiel einige Jugendgruppen nach der nächtlichen Christmesse noch in ihren Räumen weiter. Den Wunsch, sich aus dem Familienkreis abzusetzen, können Eltern auch positiv sehen und sich auf die Zeit zu zweit freuen. Ansonsten sollten sie den Jugendlichen zugestehen, sich zumindest virtuell etwas länger mit den Freunden treffen zu können.

Unfriedliche Weihnachten

"Weihnachten ist die ideale Zeit für Teenager, um zu rebellieren. Da bringen sie die Eltern ganz leicht an ihre Grenzen", sagt Psychotherapeut Stelzig. Kommt es trotz aller Absprachen zum Streit, sollten Eltern versuchen, ihren Humor zu bewahren. Das ist allerdings nicht so einfach, vor allem weil jeder eine Idealvorstellung von Weihnachten im Kopf hat. Wenn plötzlich einer querschießt, fühlen sich viele Eltern persönlich angegriffen. Dann hilft eine Auszeit, bis sich die Gemüter wieder beruhigt haben. "Doch mit Gewalt lässt sich eine Versöhnung nicht erzwingen, bloß weil Weihnachten ist", sagt Stelzig. Dann sei es Zeit zu sagen: Morgen ist auch noch ein Tag.

Feiern nach Weihnachten

Für Jugendliche ist die Vorstellung, drei Tage am Stück nur mit der Verwandtschaft zu verbringen, nicht unbedingt erhebend. Und wenn Erwachsene ehrlich sind, kommen fast alle an den Punkt, an dem sie das Ende der Feiertage herbeisehnen - allein schon, weil der Besuchsmarathon nach dem Fest an den Nerven zerrt. Diesen umgeht man, indem eine große Familienfeier erst am Dreikönigstag ausgerichtet wird und das Treffen mit ein wenig zeitlichem Abstand zu Weihnachten entspannter ist. Dieser Plan sorgt allerdings nur dann nicht für großfamiliäre Verstimmung, wenn das Für und Wider der verschobenen Feier vorher besprochen wurde. Dann kann die Zusammenkunft am Dreikönigstag zu einer schönen neuen Tradition werden.

Verwandtenbesuch mit Jugendlichen

Doch zurück zu den Jugendlichen: Müssen sie wirklich rund um die Uhr anwesend sein und zu jedem Verwandtenbesuch mitkommen? Wer ohne Erklärung darauf besteht, provoziert Stimmungstiefs und Streit. Wie auch für Heiligabend sollte schon im Advent mit der ganzen Familie geklärt werden, wem welcher Besuch besonders wichtig und wie lange die Anwesenheit des Kindes dabei zwingend notwendig ist. Kommt die Verwandtschaft nach Hause, sollte es kein Problem sein, wenn sich der Teenager nach einer guten Stunde (höflich, nicht unbemerkt) verabschiedet. Bei Auswärtsbesuchen hilft Verständnis - und ein Lockmittel: Wir wissen, dass dies nicht der spannendste Nachmittag in deinem Leben wird. Aber die Großeltern freuen sich sehr auf dich. Dafür bringen wir dich ohne Murren zur nächsten Disconacht - und holen dich wieder ab.

Auch bei Verwandtenbesuchen bleibt das Smartphone bei Tisch tabu, ist die Langeweile auch noch so groß. Allerdings kann sich der Jugendliche in einen anderen Raum oder vor die Tür zurückziehen, um Nachrichten zu checken. Dass dies nicht länger als zehn Minuten dauern sollte, damit es nicht unhöflich wirkt, erklären Eltern besser vorher.

Vergisst der Jugendliche ausgerechnet beim Verwandtenbesuch seine eigentlich gute Erziehung, unterdrücken Eltern besser den Reflex, ihn vor allen zu maßregeln. Vielversprechender ist es, den Rebell kurz zur Seite zu nehmen und ihm zu erklären, dass er mit seinem Verhalten gerade jemanden verletzt hat.

Und wenn der Teenager zwar nicht begeistert an Gesprächen teilnimmt, aber sich mit höflicher Zurückhaltung langweilt und dabei nicht aus der Rolle fällt? Dann sollten die Eltern dies wahrnehmen und auch aussprechen. "Eltern können viel tun, dass Kinder kooperieren, indem sie Positives fördern, statt nur genervt auf Negatives zu reagieren. Selbst darauf zu achten, was gut läuft, und dann zu loben, ist weitaus befriedigender als falschem Verhalten hinterher zu schimpfen", erklärt Psychologin Silke Rieckenberg (hier finden Sie das ausführliche Gespräch darüber, wie Eltern ihr Ziel ohne ständiges Schimpfen erreichen und endlich wieder Gehör bei Kleinkindern und auch Jugendlichen finden).

Ist die "Besuchszeit" aus Teenagersicht überstanden, sollten wiederum die Eltern nicht murren, wenn das Kind daheim seine Ruhe haben will oder gleich wieder loszieht, um Freunde zu treffen. Das hat es sich verdient.

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