Kinder als Quotenbringer:Muttermund trifft Dammrissnaht

RTL baut den Freitagabend um - Rettung sollen die bringen, die zu der Zeit eigentlich schlafen müssten: Die Kinder.

Juan Moreno

Kinder sind lustig. Sie riechen nach Babykotze, sie schreien, wenn richtige Menschen schlafen wollen, sie bringen Papa dazu, sein schönes Auto gegen einen Citroën-Kombi zu tauschen, sie schaffen es, sich an einem Spielzeug zu verletzten, obwohl zehn Stiftung-Warentest-Ingenieure genau das für völlig unmöglich gehalten haben, und irgendwann werden Kinder größer, kommen in die Pubertät, und Eltern liegen im Bett und sehnen sich nach dem Geruch von Babykotze am Morgen. Kinder sind lustig.

kinder im TV

Kinder sind lustig, und eignen sich deshalb perfekt dazu, das Abendprogramm zu retten.

(Foto: Foto: iStock-Foto)

RTL ist es meistens nicht, wenn man Comedy-Shows mit Beteiligung von Mirja Boes ausnimmt - und vielleicht noch Anmoderationen der lispelnden Katja Burckhard, in denen das Wort Pechsieder vorkommt. Vielleicht hatte es deshalb RTL in letzter Zeit am Freitagabend so schwer. Am Wochenende ist das Privatfernsehen gerne witzig. "Ladyland", "Mensch Markus", "Frei nach Schnauze XXL" oder die Show von Paul Panzer, einem jungen Comedian, der eigentlich nur zwei richtig guten Gags hat. Den Anruf bei einem Dachdeckermeister im Rheinland und das Gespräch mit dem Angestellten der Feuchtraumbeseitigung Mouschi. Am Wochenende, glauben die Sender, möchten die Zuschauer das bekommen, was sie unter der Woche meist nicht haben - etwas zu lachen. Dagegen ist nichts zu sagen.

RTL setzt nun auf die Kombination Kinder und Witze. Gleich zwei neue Comedy-Serien starten an diesem Freitag. In beiden geht es um Kinder und Familie und wie lustig das alles ist. Um 21.15 Uhr beginnt "Mitten im Leben", in RTL-Pressesprecherdeutsch: Ein "topbesetztes, außergewöhnliches Serien-Highlight". Ob es ein Highlight wird, wird sich noch zeigen, vermutlich nicht, aber es ist ohne Frage toll besetzt. Heiner Lauterbach spielt die Hauptrolle, Sandra Speichert seine Freundin, der famose Theaterschauspieler Guntbert Warns spielt Lauterbachs Freund Olli und Katrin Sass, die Mama aus Goodbye Lenin, spielt wie gewöhnlich alle an die Wand.

Wer sich noch an die schnuffige ZDF-Familienserie "Ich heirate eine Familie" mit Peter Weck und Thekla Carola Wied erinnern kann, der weiß im Grunde, worum es bei "Mitten im Leben" geht. Lauterbach ist Alex Krüger, Vater eines Sohnes in der Pubertät, und Deutschlehrer. In der ersten Folge zieht Alex mit seiner Freundin Bea zusammen, Journalistin und Mutter von drei Mädchen. Plötzlich hat Alex eine Großfamilie, und der einzige, mit dem er keine Schwierigkeiten hat, ist - natürlich - der Hund. Zu den großen Mysterien der deutschen Familienserie gehört, warum immer ein Hund dabei sein muss, und warum der Hauptdarsteller immer mit diesem Hund sprechen muss.

Großfamilienvater Alex gibt sich Mühe, er versucht den Mädchen ein Vater, ein Freund und eine beste Freundin zu sein. Es passiert das, was immer passiert, wenn Erziehungsberechtigte versuchen, 15-Jährigen das Leben zu erklären - Alex scheitert. Das Problem ist, dass das alles nicht komisch ist. Nett ist es, brav und niedlich, komisch aber, und damit die Ausnahme, ist nur Katrin Sass, die Alex' Direktorin spielt. Sie kann sich nicht entscheiden, ob sie den Mann mobben oder flachlegen will.

Die zweite neue RTL-Comedy-Serie "Kinder, Kinder" läuft gleich nach "Mitten im Leben". Drei Schwestern mit ihren sehr unterschiedlichen Männern und eine Mama im Rentenalter, die gerade die wunderbare Einrichtung des Lesbianismus für sich entdeckt hat. "Kinder, Kinder" kommt von der Kölner Produktionsgesellschaft Brainpool. So ziemlich alles, was im Fernsehen witzig ist - oder sein soll, kommt von denen. Ulmen, Raab, Pastewka, Engelke, Pocher, sie alle sind bei Brainpool. Auch Regisseur Tobi Baumann. Der hat bei der ersten Folge von "Kinder, Kinder" Regie geführt, und diese Folge ist toll. Baumann hat gerade einen Lauf, könnte man sagen. Er hat Oliver Pochers Vollidiot inszeniert, vor einiger Zeit den Wixxer, und heute läuft exakt zur gleichen Zeit wie "Kinder, Kinder" auf RTL, auf Sat 1 Ladyland mit Anke Engelke. Auch von Brainpool, auch von Tobi Baumann.

Außer dem vielleicht etwas dusseligen Namen, gibt es bei "Kinder, Kinder" nicht wirklich viel auszusetzen. Die Serie ist sich für kein Klischee der Welt zu blöd, aber man lacht, und darum geht es. Die älteste Schwester ist mit einem putzig verspießten FDP-Lokalpolitiker zusammen, der jede Familienfeier zum FDP-Parteitag macht. Die jüngste Schwester wird in der ersten Folge schwanger, ihr Freund Christian ist ein kiffender Versager, den das bloße Existieren überfordert. Recht normal scheint nur die Schwester in der Mitte zu sein. Sie ist Polizistin und mit einem unzuverlässigen, saufenden, aber im Kern anständigen Sportjournalisten zusammen. Sie sind gerade Eltern geworden, und kriegen es nicht gebacken. Platzende Fruchtblasen, offene Muttermünder und Sex trotz Dammrissnaht, manchmal ist Comedy ganz einfach - weil, wie gesagt, Kinder lustig sind.

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