Katzenplage in Belgien:Der kastrierte Kater

Belgien will die rasante Fortpflanzung von Katzen stoppen - mit drastischen Maßnahmen. Auch in Deutschland gibt es Befürworter einer strengen Kastrationspflicht.

Charlotte Frank

Belgier und Katzen verbindet seit jeher ein angespanntes Verhältnis. Bis ins 19. Jahrhundert hinein herrschte in Flandern zum Beispiel der Brauch, Katzen nach dem Winter massenhaft vom Stadtturm zu werfen. König Ludwig XIV. setzte dieser Tradition zwar ein Ende, doch bis heute wird im flandrischen Ypern jedes Jahr das Katzenfest gefeiert - inzwischen fliegen nur noch Plüschtiere durch die Luft. Richtig locker ist die Beziehung zwischen Mensch und Tier aber nicht. Inzwischen sollen sich unter die 10,6 Millionen Belgier mehr als eine Million Katzen mischen - zu viele, meint das Gesundheitsministerium. Nun sollen offenbar alle Katzen und Kater kastriert werden. Bis 2016, so ein Plan der Behörde, darf es keine fortpflanzungsfähigen Katzen im Land mehr geben.

Angestoßen hat das Projekt der Tierschutzrat im Ministerium. Die Tierfreunde haben einen Sechs-Stufen-Plan ersonnen, mit dem die Verbreitung der "Katten" gestoppt werden soll - "weil sie sich so stark vermehren, dass sie in elendem Zustand auf den Straßen leben", erklärt ein Sprecher. In Etappe eins bis drei sollen alle Tierheim-Katzen kastriert werden. Von 2014 an soll dann in Etappe vier auch Züchtern verboten werden, unkastrierte Tiere zu verkaufen. In Phase fünf wird Katzenwerbung untersagt, zum Schluss betrifft die Kastrationspflicht auch Katzen in Privathaushalten.

Bis Belgien eine neue Regierung hat, können sich die Tiere jedoch noch ungebremst vermehren, das Gleiche gilt für Kommentare besorgter Katzenliebhaber im Internet. "Wird es 2026 keine Katzen in Belgien mehr geben?", fragt "boully" auf der Webseite der Zeitung Sud Presse, die die Angelegenheit öffentlich gemacht hat. Ein anderer schreibt: "Das kann doch gar nicht funktionieren."

Tut es aber doch - das zeigen Beispiele aus Deutschland. In Städten wie Düsseldorf, Delmenhorst und Paderborn etwa herrscht bereits Kastrationspflicht für Katzen. "Wir machen gute Erfahrungen damit", sagt ein Sprecher des Paderborner Veterinäramtes, "die Tierheime sind vorher ja übergequollen". Weil das in ganz Deutschland der Fall ist, spricht sich auch der Tierschutzbund für die Kastrationspflicht aus. Seit dieser Woche diskutiert nun auch Berlin über eine solche Regel. In einem Brief an Umweltsenatorin Karin Lompscher forderte der Tierschutzverein Berlin (TVB) eine Kastrationspflicht für alle Katzen - also auch für die in Privatbesitz. "Zuchttiere, die nur in der Wohnung leben, wären nicht betroffen", sagt Sprecherin Evamarie König. Rechtlich zulässig ist die Verordnung nur, wenn Katzen frei herumlaufen und durch ihre Verbreitung "die öffentliche Ordnung und Sicherheit" gefährden.

Fragt man die Berliner Tierschützer, ist dies in der Hauptstadt definitiv der Fall. Durch die Müllberge und Friedhöfe streunen Zehntausende Tiere in erbärmlichem Zustand. Trotzdem vermehren sie sich ungebremst: Unkastrierte Katzen können zwei- bis dreimal im Jahr bis zu fünf Junge werfen. So beherbergen Berlins Tierheime inzwischen 780 Katzen, so viele wie nie. Schon jetzt bietet der Tierschutzverein kostenlose Kastrationen an. Bei einer Kastrationspflicht sollen allerdings künftig die Halter und die Stadt für die Kosten, 50 bis 100 Euro pro Tier, aufkommen; ähnlich ist es in Belgien geplant.

Das Ideal des Katzenliebhabers Mark Twain wäre damit endgültig widerlegt. Er schrieb einst: "Unter allen Geschöpfen dieser Erde gibt es nur eines, das sich keiner Versklavung unterwerfen lässt. Dieses ist die Katze."Charlotte Frank

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