Kate Moss:Nicht ohne meinen Brit-Rocker

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Kate Moss brauchte einige Jahre, um ihren Stil zu entwickeln und ein Accessoire zu finden, das zu ihr passt. Nun hat sie sogar eine bessere Version entdeckt.

Jürgen Schmieder

Wenn man bei Google den Namen "Jamie Hince" eingibt, um nach Bildern des Kills-Gitarristen zu suchen, erscheint ein erstaunliches Ergebnis. Auf den ersten 20 Fotos ist seine Freundin Kate Moss zu sehen. Ähnlich verläuft es, wenn man "Pete Doherty" eintippt: Auf mehr als der Hälfe der Bilder ist Moss zu sehen. Deutlicher als mit Web-o-kratie kann man es beiden Brit-Rockern nicht sagen: Ihr seid nicht wirklich berühmte Künstler, ihr seid das berühmte Accessoire eines berühmten Models.

Kate Moss und Pete Doherty: das Model und ihr Accessoire. (Foto: Foto: dpa)

Man muss jedoch aufpassen mit dem Begriff, weil es das Accessoire "Brit-Rocker" in verschiedenen Ausführungen gibt. Die Version "Brit-Rocker 1.0" wurde inspiriert von Liam Gallagher, dem Gründer der Band Oasis. Der trinkt gern, ist größenwahnsinnig, prügelt sich mit anderen Promis, lästert über Konkurrenz-Bands. Zu dieser Kategorie gehört auch Pete Doherty, allerdings konsumiert der Babyshambles-Sänger eher Kokain als Alkohol, was ihn zum "Brit-Rocker 1.1" macht.

Das Upgrade "Brit-Rocker 2.0" dagegen unterscheidet sich trotz eindeutiger optischer Ähnlichkeit - dunkle Haare, bleicher Teint - deutlich vom Vorgänger. Ein Prachtexemplar ist Jamie Hince. Er ist Veganer, bezeichnet sich selbst als "extrem introvertiert", war ehemaligen Lehrern zufolge ein Musterschüler und wohnt mit einem Mitglied seiner Band in einer Wohngemeinschaft. Ganz klar: Der Nachfolger ist pflegeleichter als die erste Version, in dieser Saison könnte man den Brit-Rocker an der langen Leine halten.

Das Accessoire hat sich herumgesprochen bei hübschen Frauen, viele wollen nicht mehr ohne Brit-Rocker aus dem Haus gehen. Die Sängerinnen Nicole Appleton und Justine Frischmann etwa schnappten sich mit Liam Gallagher und Damon Albarn zwei 1.0-Versionen, Gwyneth Paltrow wählte mit Coldplay-Sänger Chris Martin die softere 2.0-Variante. Auch die amerikanische Version "Brit-Rocker US" wurde in den neunziger Jahren ein sehr beliebtes Accessoire, Pamela Anderson machte es mit den Beziehungen zu Tommy Lee und Kid Rock vor.

Kate Moss brauchte, wie viele Models vor ihr, einige Jahre, um ihren Stil zu entwickeln. Mit der kindlichen Figur zu Beginn ihrer Karriere - sie war 1,69 Meter groß und wog 43 Kilo - war sie in den neunziger Jahren ein Gegenstück zu Cindy Crawford, Claudia Schiffer und Naomi Campbell, sie wurde zum "Anti-Supermodel". Ihre Kampagne für Calvin Klein sorgte für Diskussionen um Magermodels, die Fashion-Expertin Susannah Constantine sagte: "Niemand hat einen Körper wie sie, also sehen die Klamotten nur gut an ihr aus - und nicht an einer richtigen Frau." Kate Moss keine richtige Frau? Vielleicht spielte sie deshalb im Musikvideo zum Lied "I just Don't Know What to Do with Myself" von den White Stripes mit.

Es folgten mehr als 300 Magazin-Cover, Kampagnen für fast alle namhaften Designer - und ein Leben voller Partys und Drogen. Dazu passte das wilde Leben von Pete Doherty. Am 15. September 2005 war auf dem Titelbild der britischen Zeitung Daily Mirror Kate Moss zu sehen, wie sie mit Kokain hantiert. Sie soll fünf Lines innerhalb von 40 Minuten konsumiert haben, während Doherty im Nebenraum eine Platte aufnahm. Einen Hut oder einen Rollkragenpulli kann jeder tragen, ein Brit-Rocker jedoch ist nicht so pflegeleicht. H&M kündigte wie viele andere Firmen die Werbeverträge mit Moss.

Nach einer Entziehungskur trennte sich Moss von ihrem ersten Accessoire. Sie unterschrieb wieder hochdotierte Modelverträge und scheint im Alter von 34 Jahren auf dem Höhepunkt ihrer Karriere zu sein, sie lebt mit ihrer Tochter Lila in London. Da wurde es Zeit für ein neues Accessoire - am 26. März soll sie sich in Amsterdam mit Jamie Hince verlobt haben.

Der Brit-Rocker als Accessoire muss also nicht unbedingt Randale, Drogen und Skandale bedeuten. Es kommt nur drauf an, für welche Version man sich entscheidet und wie lang die Leine ist, an der man ihn lässt.

Ein Brit-Rocker ist grundsätzlich umsonst zu haben. Erhältlich ist er zumeist auf Award-Shows oder Partys in angesagten Clubs in London, Manchester und New York. In der Haltung ist der Brit-Rocker ziemlich teuer, wobei sich das Upgrade 2.0 als sparsame Variante erweist. Mehr Informationen unter http://de.wikipedia.org/wiki/Britpop.

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