Jugendliche 2016:Mainstream - was ist das eigentlich?

Jugendliche 2016: #Mainstream

#Mainstream

(Foto: Collage Jessy Asmus/SZ.de)

Rebellion war einmal. Heute sind Jugendliche am liebsten Mainstream, heißt es in der jüngsten Sinus-Studie. Doch was bedeutet das? Und ist es schlimm? Vier Jugendliche erzählen.

Madita L., 14

Ich habe eine gespaltene Meinung zum so genannten Mainstream-Trend. Ich finde, "Mainstream" beschreibt unsere Jugend treffend, ein Schimpfwort ist es definitiv nicht mehr.

Mit dem Strom schwimmen ist meiner Meinung nach genauso in Ordnung, wie sich von der Masse abheben zu wollen, solange sich beides in Grenzen hält. Wenn man dem Strom nicht blind folgt und nicht aufhört, die Dinge zu hinterfragen, finde ich "mainstream sein" vollkommen okay.

Für mich persönlich gehört es dazu, sich von anderen abzugrenzen und einzigartig zu sein. Ich selber versuche individuell zu sein und bringe es gerne zum Ausdruck, sei es durch Mode oder durch meinen Musikgeschmack. Über lang oder kurz wäre es mir zu langweilig, vollkommen "mainstream" zu sein.

Raphael: Generation ohne Selbstvertrauen

Raphael D., 16

Kann man uns Jugendliche überhaupt noch unterscheiden? Als mir diese Frage gestellt wurde, kam ich ins Grübeln, denn ich verbinde mit Jugend eigentlich etwas ganz anderes, als möglichst geräuschlos mit dem Strom zu schwimmen. Jugend ist doch Freiheit, Selbstbestimmtheit und Individualität. Der Mut, das zu machen, was vielleicht nicht ins Muster passt.

"Mainstream" zu sein, bedeutet heutzutage unterzutauchen, blass zu werden in der Menge, um nicht kontrovers zu sein. "Mainstream" bedeutet, sich so anzuziehen wie die anderen, so zu gehen wie die anderen und einen Instagram-Post, den man eigentlich mag, wieder zu löschen, weil er nicht genügend "Likes" bekommen hat. Ich selber begann Pop-Musik zu hören, ohne es wirklich zu mögen. Die Genre-Bezeichnung erklärt, wieso.

Woran liegt diese Anpassungswilligkeit also? Die Antwort darauf ist meiner Meinung nach recht simpel. Dieser Generation fehlt zum einen die Akzeptanz. Wer sich anders verhält, muss zwangsläufig damit rechnen, dass hinter seinem Rücken darüber geredet wird. Gut oder schlecht, es fällt auf, wenn sich jemand nicht an die Regeln klammert.

Auf der anderen Seite fehlt die Selbstsicherheit. Das Verhalten vieler Jugendlicher, welches als Arroganz verstanden wird, ist vielmehr ein Zeichen dafür, dass sie sich zu sicher fühlen in der Gruppe. Wenn man dazugehört, wenn man Bestätigung hat, dann kostet man es aus. Genau daran kann man letztendlich die Verunsicherung sehen, denn Bestätigung wird erst wichtig, wenn man nicht die Fähigkeit hat, die Meinung anderer auszublenden.

Kein Wunder, von Kindesbeinen an bugsieren Eltern dieser Tage ihre Schützlinge durch das Leben, bis zu einem gewissen Alter ist es eher eine Ausnahme, selber etwas zu entscheiden. Von der Frisur bis zur Wahl der weiterführenden Schule. Zusätzlich dazu sieht man tagtäglich im Internet, was es heißt, "perfekt" zu sein. Von vielerlei Seiten wird ein klares Bild von Schönheit und auch von Verhalten erzeugt, kombiniert mit dem erklärten Ziel, genau so zu werden, wie es die hübsche junge Frau aus den Beauty-Videos verkörpert.

Ich bin aus diesen Gründen durchaus der Meinung, dass große Teile meiner Generation durch das Wort "Mainstream" gut beschrieben werden. Jeder tanzt daheim mal wild durch sämtliche Zimmer. Aber nur, wenn´s niemand sieht.

Leonie: Gegenbewegung zum Mainstream

Leonie S., 16

Man geht durch die Schule und gefühlt jedes dritte Mädchen sieht gleich aus: Leggins, Fjällräven-Rucksack und gezupfte Augenbrauen. Sie folgen dem Trend, egal ob Aussehen, Musik oder Ernährung. Einer macht es, alle machen es nach.

Ich denke, dass meine Generation sich in zwei Gruppen teilt: einmal Mainstream und einmal Anti-Mainstream. Die einen wollen dazu gehören und folgen der Masse, die anderen grenzen sich davon ab und sind bewusst anders. So wie bei der "veganen Welle". Der Mainstream verzichtet auf Fleisch und jegliche anderen Tierprodukte, beim sogenannten "Anti-Mainstream" löst man sich bewusst von diesem Trend, und es scheint fast so, dass sie schon aus Protest mehr Fleischprodukte oder anderes verzehren, um nur ja nicht Mainstream zu sein.

Mainstream ist für die einen eine abfällige Bemerkung, für die anderen eher eine Tatsache und ein ganz gewöhnliches Phänomen. Ich persönlich halte mich an den Grundsatz, dass ich nur Dinge mache, die mir auch gefallen und die ich selber schön finde, egal ob das gerade "in" ist oder "out". Ich bin der Meinung, man sollte sich selbst treu bleiben.

Emma: Lauter Paris-Hilton-Klone

Emma, 15 (Name von der Redaktion geändert)

Was ist Mainstream? Na ja, im Grunde ist es der Trend, dem die Jugend folgt. Ich persönlich bin kein wirklicher "Mainstream-Fan", weil ich meinen eigenen Stil habe und mich nicht immer anpassen will.

Vor allem mein Musikgeschmack ist anders. Man könnte ihn als etwas seltsam bezeichnen: Von Heavy Metal über Hip Hop bis hin zu Jazz, Funk oder Alternativ und Rock höre ich eigentlich fast alles. Außer eben Musik, die im Radio läuft. Die ist mir zu kommerziell und mathematisch.

Schon oft musste ich mir solche Fragen wie "Oh Gott, was hörst du denn für nen Mist" anhören, und ich denke das ist das kleine Problemchen dabei: Wer anders ist, ist automatisch uncool. Und so sieht letzten Endes der Großteil der Mädels (gilt natürlich auch für Jungs) doch aus - als wären sie alle Paris-Hilton-Klone.

Es gab schon immer Mainstream, nur dass er heute durch die Sozialen Medien viel extremer ist. Die nächste "Generation Jugend" wird ihren eigenen Mainstream haben, und den werden wir dann anzweifeln und schlechtreden. Aber so hat wenigstens jede Generation ihren eigenen Charme.

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