Heesters wieder ausgeladen:Good Bye, Beatrix!

Wie sag ich's meinem Manne? Simone Rethel, Ehefrau von Johannes Heesters, muss ihrem Gatten irgendwie beibringen, dass es doch kein Staatsbankett mit Königin Beatrix geben wird.

Martin Zips

"Sie müssen jegliche Aufregung, ja nur die Gefahr einer Aufregung von ihrer Mutter fernhalten", sagt in dem Film Good Bye, Lenin! der Arzt zu Alex Kerner. Die Geschichte ist bekannt: Infolge des ärztlichen Rates lässt Kerner in der Wohnung seiner Mutter die DDR wieder auferstehen, um die Sozialistin, die während einer schweren Krankheit vom Fall der Mauer nichts mitbekommen hat, nur nicht aufzuregen.

Johannes Heesters in 'Inselkomödie' von Hochhuth

Der 107 Jahre alte Johannes Heesters wird vom Staatsbankett zu Ehren der niederländischen Königin Beatrix ausgeladen - aber er darf davon auf keinen Fall erfahren.

Bild: Johannes Heesters im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin im Juli 2010.

(Foto: dpa)

Was der Berliner Künstleragent Jürgen Ross derzeit zu berichten hat, erinnert stark an Good Bye, Lenin!. Der im oberbayerischen Landkreis Starnberg lebende, 107 Jahre alte Schauspieler Johannes Heesters werde von seiner 46 Jahre jüngeren Ehefrau Simone Rethel auch dieser Tage weiter in dem Glauben gelassen, er sei Gast eines Staatsbanketts, das Bundespräsident Christian Wulff am 12. April zu Ehren der niederländischen Königin Beatrix gibt.

Heesters, der in seinem Geburtsland Niederlande wegen seiner unkritischen Haltung gegenüber den Nazis nicht überall gut gelitten ist, war zu dem Treffen offiziell eingeladen worden. "Als der Brief bei uns einging, haben wir sofort beim Protokoll angerufen und uns rückversichert, ob das alles auch ernst gemeint ist", sagt Agent Ross. Sicherheitshalber habe man auf die historische Brisanz Heesters/Niederlande hingewiesen, worauf die Zuständigen geantwortet hätten, man wisse schon, wen man da einlade.

"Simone Rethel ließ sich ein neues Kleid schneidern und Heesters veröffentlichte im Überschwang der Gefühle den Termin auf seiner Homepage", berichtet Agent Ross. Wenige Tage später folgte die Ausladung: "Ich bedauere sehr, Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir Ihre Zusage wie auch weitere Anmeldungen wegen der sehr begrenzten Anzahl von Plätzen im Schloss Bellevue leider nicht berücksichtigen können. Ich hoffe auf Ihr Verständnis", schreibt der zuständige Protokollchef.

Mit 107 ist alles lebensgefährlich

Ross und Rethel wundern sich nun und nennen diesen Umstand für Heesters "lebensgefährlich". Mit 107 freilich, das muss man zugeben, ist fast alles lebensgefährlich. Doch Ross und Rethel insistieren: "Das haut ihn um, da sind wir uns einig."

"Er gehörte zu einem größeren deutsch-niederländischen Personenkreis, dem vom Protokollchef des Auswärtigen Amtes abgesagt wurde. Die Einladungspraxis zu Staatsbanketten wird nicht kommentiert", erklärt nun auf Anfrage das Präsidialamt. Der Agent appelliert derweil an die Menschlichkeit, und Frau Rethel schottet ihren vollständig erblindeten Ehemann von der Öffentlichkeit ab - auch von der Wirklichkeit. Am 12. April gehe man ins Bellevue. Ende.

Schon vor zwei Jahren hatten niederländische TV-Satiriker der Sendung De wereld draait door (Die Welt dreht sich weiter) mit dem Methusalix des deutschen Showbusiness ihr böses Spiel getrieben. Vor laufender Kamera wurde der UFA-Star, von dem Fotos existieren, die ihn beim Spaziergang durch das Konzentrationslager Dachau zeigen, gefragt, was für ein Typ der Hitler denn gewesen sei. Heesters antwortete: "Ja god, ik kende hem wenig. Ein Kerl, weißt du, das war er." Ein Kerl? "N' guter Kerl." Es bedurfte Jopies persönlicher Entschuldigung in "Wetten, dass..?", um die Wogen einigermaßen zu glätten.

Im Februar 2008 war Heesters zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder in den Niederlanden aufgetreten. In den 60er Jahren hatte man ihn dort von der Bühne gebuht, weil man ihm die Rolle eines Widerstandkämpfers im Musical The Sound of Music einfach nicht abnehmen wollte. Immer wieder betonte der Darsteller, er wünsche sich in seinem Leben eigentlich nur noch eines, nämlich eine Auszeichnung des niederländischen Königshauses für sein Lebenswerk. Nun wäre es fast ein gemeinsames Abendessen geworden. Fast.

Eher unwahrscheinlich, dass die Ausladung in den kommenden Tagen wieder zu einer Einladung wird. In "Good Bye, Lenin!" schafft es der Sohn, seine Mutter ganz behutsam mit der knallharten Wirklichkeit vertraut zu machen.

Frau Rethel hat das noch vor sich.

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