Giorgio Armani, Tod’s-Gründer Diego Della Valle, Prada-Chef Patrizio Bertelli, der ehemalige Inter-Mailand-Präsident Massimo Moratti – bei Italiens Superreichen klingelte vergangene Woche das Telefon. Am Apparat war der Verteidigungsminister Guido Crosetto höchstpersönlich oder ein hochrangiger General in streng geheimer Mission: Ob der Patrone bitte freundlicherweise und am besten pronto mit einer Million Euro aushelfen könne, um das Lösegeld für italienische Journalisten aufzutreiben, die im Nahen Osten entführt worden seien?
Bei Fragen nationaler Sicherheit sagt man als verantwortungsvoller Superbürger natürlich nicht Nein, einen ähnlichen Fall gab es in Iran ja kürzlich tatsächlich, und dass das Geld nicht etwa bei der italienischen Nationalbank deponiert werden sollte, sondern auf irgendeinem Konto in Hongkong – wen soll das in Zeiten von Steueroasen und globaler Geldschieberei groß wundern? Da empfiehlt es sich, eine aufgeweckte Assistentin wie Herr Armani zu haben. Die Frau bat den vermeintlichen Minister höflich um eine offizielle Bestätigung per E-Mail – die natürlich nie ankam. Auch bei den meisten anderen scheiterten die Betrüger bereits im Vorzimmer, oder man rief einfach mal kurz im Ministerium zurück: „Ciao Guido, brauchst wirklich ’ne Mille?“
Zumindest einer der angerufenen Herren, mutmaßlich der als Gutmensch bekannte Moratti, 79, soll das Geld allerdings tatsächlich überwiesen haben. Die Stimme habe absolut glaubwürdig geklungen, „dass man auf so etwas hereinfällt, kann passieren“, erklärte der Mailänder Ölbaron gegenüber La Repubblica.
Der Fall zeigt zweierlei: In Zeiten von KI und täuschend echt reproduzierbaren Stimmen ist das normale Telefonieren bald endgültig am Ende. Die junge Generation weiß schon, warum sie nur noch mit kryptischen Whatsapps und Audio-Schnipseln kommuniziert. Dieses Kauderwelsch ist viel schwerer zu deepfaken. Sprachanrufe sind bald nur noch etwas für Wahlumfragen und Enkeltricks.
Interessant ist aber vor allem, für wie marode die Italiener ihr Land offensichtlich halten, dass es Trickbetrüger ernsthaft mit dieser Masche versuchen. Die Staatsverschuldung lag im Januar erstmals bei mehr als drei Billionen Euro, das ist die zweithöchste im europäischen Vergleich; nach Frankreich übrigens. Giorgia Meloni denkt deshalb bereits daran, Teile des staatseigenen Tafelsilbers zu verscherbeln, etwa den Energiekonzern ENI oder die italienische Post. Reichen dürfte das noch längst nicht, außerdem fehlen dann die satten Dividenden. Vielleicht hat die Ministerpräsidentin auch schon mal in Erwägung gezogen, eine Telefonlawine bei den Superreichen zu starten, um die Staatskasse ein bisschen aufzubessern. Das kann sie jetzt natürlich vergessen. „Ich bin’s, Giorgia Meloni!“ Das kann ja jede KI behaupten.