Weihnachtsgrüße:Viel Muße, Musik und Plätzchen

Das Erledigen der Weihnachtspost kann die Adventsstimmung schon mal verderben. Ein Gespräch über stilvolle Grüße mit Schreibcoach Nina Pohlmann.

Kathrin Hollmer

Weihnachtsgrüße, Glückwünsche - jeder Text, der über eine geschäftliche E-Mail oder eine kurze SMS hinausgeht, fällt vielen Menschen unglaublich schwer. Nina Pohlmann ist Schreibcoach und Autorin des Ratgebers "Gratulieren mit Stil" (Gräfe und Unzer). Ein Gespräch über stilvolle Weihnachtsgrüße.

sueddeutsche.de: Ist es nicht traurig, dass uns Weihnachtsgrüße so schwer fallen, dass wir dafür einen Ratgeber brauchen?

Nina Pohlmann: Nein, woher sollte man auch wissen, wo die Fettnäpfchen lauern und was gelungene Texteinstiege sind.

sueddeutsche.de: Wie gelingt einem dieser Einstieg, wenn es wieder einen ganzen Stapel mit Adressen für die Weihnachtspost abzuarbeiten gilt?

Pohlmann: Ein Fundus an Mustertexten inspiriert zum Schreiben. Picken Sie sich Wendungen heraus und wandeln Sie sie auf Ihre Empfänger ab - und heben Sie Weihnachtskarten auf, die Sie besonders gelungen finden.

sueddeutsche.de: Wie zeigt man bei der Weihnachtspost Stil?

Pohlmann: Mit der "POEM"-Formel: Der Gruß sollte prägnant und persönlich, optimistisch, elegant im Wortlaut und möglichst manuell, also von Hand geschrieben, sein.

sueddeutsche.de: E-Mail und SMS erreichen die Empfänger viel schneller. Muss man die Weihnachtsgrüße wirklich noch von Hand schreiben?

Pohlmann: Die handgeschriebene Variante ist die stilvollste Lösung. Wenn Sie von jemandem nur die E-Mail-Adresse haben oder ihn nur über ein Social Network kennen, dann sind Weihnachtsgrüße über das gemeinsam genutzte Medium genauso richtig.

sueddeutsche.de: Ist für den Weihnachtsbrief der Füller Pflicht?

Pohlmann: Er ist das eleganteste Medium für jeden Gruß. Ich habe selbst keine schöne Handschrift und kann jeden verstehen, der lieber am Computer schreiben möchte - aber das lässt einen Gruß unpersönlich und etwas lieblos wirken. Mit Kugelschreiber sieht es sehr nach einer Alltagsnotiz aus - dann lieber noch einen Gelstift oder Faserschreiber.

sueddeutsche.de: Wie wird die Weihnachtspost auch per E-Mail oder in sozialen Netzwerken wie Facebook und Xing geschmackvoll?

Pohlmann: Eigentlich gar nicht. Aber Sie können die E-Mail durch einen besonders schön formulierten Text aufwerten - er muss diesem kalten Medium die Wärme geben, die sonst die Karte vermittelt. Für Facebook gilt: Steht von Ihnen auf der Pinnwand jedes Freundes dasselbe, ist das peinlich.

sueddeutsche.de: Welche Fettnäpfchen gibt es bei digitalen Weihnachtsgrüßen noch?

Pohlmann: Es muss immer klar sein: E-Mails sind nichts anderes als Briefe - und genauso sollte man sie schreiben. Das schnelle Medium verleitet leicht zu flapsigen oder umgangssprachlichen Wendungen. Hinterlassen Sie einen Pinnwand-Eintrag als Weihnachtsgruß, muss klar sein, dass das auch ein kleines Aushängeschild von Ihnen ist. Was Sie schreiben, darf Drittleser nicht vor den Kopf stoßen. Es erfordert echte Sprachkunst und Konzentration, sich in so wenigen Zeichen charmant auszudrücken.

sueddeutsche.de: Über welche Weihnachtsgrüße freuen Sie sich am meisten?

Pohlmann: Über alle, die nicht aus einem gedruckten Standardtext bestehen, unter den jemand seine Unterschrift gesetzt hat. Und über Post von Freunden aus Nordamerika. Die Weihnachtskarten dort sind ganz anders als bei uns, viel verkitschter - aber in den USA ist Weihnachten einfach Kult.

sueddeutsche.de: Wie sieht die Weihnachtspost aus, die Sie selbst verschicken?

Pohlmann: Ich bin als Autorin eher auf das Medium Text als auf das Visuelle fixiert. Trotzdem stelle ich jedes Jahr wieder zähneknirschend fest: Je schlichter und in meinen Augen schöner die Karte ist, desto teurer ist sie. In manchen Jahren habe ich sie selbst gebastelt, meist aus einer schlichten, roten Doppelkarte, auf die ich ein selbstverfasstes Weihnachtsgedicht geschrieben habe.

sueddeutsche.de: Wie baut man den Grußtext am besten auf?

Pohlmann: Wichtig ist, den ersten Satz nicht mit "ich" zu beginnen. Als goldene Regel für den Inhalt gilt: ein Satz zum Advent, ein Satz zum Weihnachtsfest und gute Wünsche fürs nächste Jahr. Mit Anrede, Grußformel und Unterschrift ist die Karte dann auch voll.

sueddeutsche.de: Welche Formel passt immer in der Weihnachtspost?

Pohlmann: Das mit den "Formeln" ist so eine Sache. "One size fits all" gibt es bei Weihnachtswünschen nicht. Den Formulierungen hört man es an, wenn sie nicht auf den Adressaten zugeschnitten wurden. Für manche kann es passen, ein "gesegnetes Weihnachtsfest" zu wünschen, für andere liest sich das zu altmodisch oder christlich. Achten Sie darauf, dass Sie nicht wie auf "Autopilot" Dinge wünschen, über die Sie nicht Bescheid wissen: Sind Sie nicht sicher, ob jemand eine Familie hat, wünschen Sie nicht "besinnliche Stunden im Kreise der Familie". Wissen Sie nicht, wie es um den Job gestellt ist, verzichten Sie auf "weiterhin viel Erfolg".

sueddeutsche.de: Was liest man stattdessen gern?

Pohlmann: Wünschen Sie dem Empfänger der Karte etwas Konkretes fürs nächste Jahr. Wenn jemand im Stress steckt, können Sie eine "hoffentlich entspannte Weihnachtszeit mit viel Muße, Musik und Plätzchen" wünschen. Es zählt, was Ihnen zu genau diesem Empfänger einfällt.

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