Intelligenz unter Geschwistern:Der Fluch der späten Geburt

Kleine Geschwister haben es nicht leicht: Studien zufolge sind sie im Durchschnitt weniger intelligent als die Erstgeborenen. Die Gründe, so haben Forscher nun herausgefunden, sind allerdings nicht biologisch.

Katrin Blawat

Manchmal steht schon fest, wie intelligent ein Kind sein wird, bevor es gezeugt ist. Das suggeriert zumindest eine Vielzahl von Studien, deren Quintessenz lautet: Erstgeborene sind im Durchschnitt schlauer als ihre jüngeren Geschwister.

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Faxen unter Brüdern: Die Pop-Stars Carter älter und Carter jünger.

(Foto: Foto: AP)

Wer ältere Brüder oder Schwestern habe, werde sich nach statistischen Gesichtspunkten schwer damit tun, deren Intelligenzquotienten zu erreichen.

Der Grund dafür liege aber nicht in der biologischen Geburtsreihenfolge, schreiben nun zwei Psychologen im Fachmagazin Science (Bd.316, S.1717, 2007). Entscheidend sei vielmehr, ob man als ältestes, mittleres oder jüngstes Geschwister einer Familie aufwächst.

Stirbt zum Beispiel das älteste Kind, kann das zweite seinen Platz einnehmen. Dann hat es die Möglichkeit, so intelligent zu werden wie ein erstgeborenes Kind im Durchschnitt.

Petter Kristensen und Tor Bjerkedal von der Universität Oslo testeten den Intelligenzquotienten (IQ) von 241310 norwegischen Männern, die entweder als Einzelkind, oder mit einem beziehungsweise zwei Geschwistern aufgewachsen waren.

Beschäftigen sich die Eltern intensiver mit ihren Erstgeborenen?

In Familien mit drei Kindern erreichten die Ältesten im Durchschnitt einen um 2,3 Punkte höheren Intelligenzquotienten als die Zweitgeborenen. Doch in Familien, in denen das älteste Kind innerhalb des ersten Lebensjahres gestorben war, hatten die Zweitgeborenen im Schnitt den gleichen IQ wie Erstgeborene.

Starben in einer Familie mit ursprünglich drei Kindern die beiden ältesten, erreichte das überlebende dritte Kind ebenfalls den IQ eines durchschnittlichen Erstgeborenen. Kinder, die mit zwei älteren Geschwistern aufwuchsen, blieben dagegen im Schnitt 4,3 Punkte unter dem IQ eines Erstgeborenen.

"Die gängigste Erklärung dafür ist, dass Eltern sich besonders intensiv mit ihren Erstgeborenen beschäftigen", sagt der Würzburger Psychologe Wolfgang Schneider. "Jüngere Geschwister können dieses Defizit jedoch ein wenig kompensieren, weil sie von den älteren lernen und durch sie gefördert werden."

Einig sind sich Psychologen, dass die soziale und finanzielle Situation der Eltern sowie ihr Erziehungsstil größeren Einfluss auf die Kindesentwicklung haben als die Zahl der Geschwister.

Erst wenn diese Faktoren mit in die Statistik einbezogen werden, wie in der norwegischen Studie geschehen, wird der Einfluss der Geburtsreihenfolge erkennbar.

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