Bisher ist das kommunistische Nordkorea eher mit Berichten über Armut, Menschenrechtsverletzungen, Atomtests und Angriffe auf südkoreanische Patrouillenboote in die Schlagzeilen gekommen. Nun erklärte die Parteizeitung Rodong Sinmun den Diktator Kim Jong Il tatsächlich zur Stilikone. Er habe mit seiner Jacke-Hose-Kombination einen weltweiten Modetrend ausgelöst.Wir haben uns einmal genauer angeschaut, was es mit diesem "modischen" Herrn auf sich hat.Sein Name ist Il, Jong Il, ganz genau: Kim Jong Il. Klingt rassig wie ein Rasenmäher und Rasierwasser. Und so ist der Mann. Der Nordkoreaner weiß, was Frauen wünschen. Und kleidet sich entsprechend. Ein Hammer von einem Outfit! Er hat es in nicht weniger als 67 Lebensjahren mühsam zusammengesucht: aus Altkleidern und Fummeln der Haute Couture - und da isses: Der Khaki-Dress der großen weiten Welt.Einmal gefunden, einmal angelegt - und nie wieder ausgezogen. Kim, du Bekleidungsgott! Führe uns ins Reich Textilien! Und das tut er jetzt auch - in dieser Strecke ...Kim im Jahre 1994. Hier hat er seinen Nordkoreanern, kein Scherz!!!, gerade erklärt, dass sich alle Männer frisurtechnisch an ihm orientieren sollen. Foto: AP
Kim Jong Il weiß zu bezaubern - und dazu bedarf es eines geschickten Outfit-Managements: Die Robe ist farbig, oh, là là!, mit Knöpfen aufgehübscht, pffffft, und an gewissen Stellen, uiiiiii, weist sie sogar Reißverschlüsse auf: Damit hat Kim, der seine mentale und geistige Heimat im Mittelalter des Mekong-Deltas verortet wissen will, Anschluss gefunden an diese flotte neue Zeit, in der es sogar Straßenbahnschaffner und Seniorenteller geben soll. Draußen gibt's nur Kimchen.Kim Jong Il im Jahr 2007 in Pjöngjang, Nordkorea.Photo: Getty Images
Kim, das Kleiderfüchschen, hat natürlich nicht irgendeine Baumwolle für sein casual dictator wear gewählt, sondern hat Hundertschaften seiner Schneiderinnen Plastik in seine schönste Form bringen lassen. Da schwitzt nix, da perlt alles ab, das ersetzt sogar das Schlabberlätzchen, sollte, sollte, sollte, sollte doch einmal was daneben gehen. Kim ist absolut abwaschbar - und sein Brillenputztuch wischt hurtig übers Bäuchlein - Wisch & weg ist der Fleck.Kim Jong Il im Jahr 2007 in Pjöngjang, Nord Korea.Photo: Getty Images
Unverwechselbar wie Frisur, Brille und das von dem Volkseigenen Betrieb Unterleuna geschneiderten Adidas-look-alike-Trainingsoutfit ist übrigens der Gesichtsausdruck des knallharten Kim. Damit wandelt er schon durch sein ganzes Diktatorenleben. Es ist unbeweglich, pokerhaft - da zuckt nichts. Man nennt ihn den Humphrey Bogart des Fernen Ostens.Kim Jong Il im Jahr 2007 in Pjöngjang, Nord Korea.Photo: Getty Images
Richtig, richtig cool werden Frisur und Face aber erst im Zusammenspiel mit der High-Performance-Fade-Out-Stone-Wash-Jacke zuzüglich der im Bund bequem geschnittenen Faltenhose. Da lacht der Schritt gleich mit. Und natürlich die stets unfassbare Fototapete im Hintergrund. Prösterchen, in Afrika ist Muttertag!Foto: Getty
Kim, der souveräne Unterhändler, ist auch auf dem glatten diplomatischen Resopal-Parkett der kommunistischen Rest-Hemisphäre der Hahn im Obstersatzkorb. Munter wie ein Fisch im Wasser wird er aber erst durch seine hier in Nuancen veränderte Landestracht: Diesmal eine fein abgestimmte Kombination in Wollqualität mit kühlenden Eigenschaften und Unempfindlichkeit gegen Knitter. Diese Variante in zartem Steinocker mit beige im Abgang ist übrigens ein Abfallprodukt der Raumfahrt. Damals, Laika, Sie wissen schon ...Getty Images
Mit dem Anzug hätte Kim auch auf ... oder besser: hinter dem Mond landen können. In diesem Used-Look ist er im Kosmos korrekt angezogen, falls er dort doch einmal auf intelligentes Leben stoßen sollte. Die gebrochene Optik korrespondiert mit dem formerhaltenden Brustbeutel, den Kim direkt unter seinem Herzen trägt. Darin: Freischwimmerzeugnis, Mondlandefähreführerschein und die Venus-von-Milo-aus-Plastik-Figur, die er einst in seinen nordkoreanischen Haferflocken fand.Foto: Getty
Kim, der von sich selber sagt, er sei kein Dressman, nur Model, war früher auch als Stuntman tätig. Allerdings nur in kleineren Produktionen seines Landes, etwa als Erntehelfer oder Spargelstecher in Vorabend-Soap-Operas. Kleinere Rollen, nichts Bedeutendes. Nichts, das ihn von der verzehrenden Liebe zum einfachen Look ablenken könnte.Foto: AFP
Übrigens: Die Pointierung am Paspel besetzten Taschenrevers war Kims Idee. Ebenso der Druckknopf an der rechten Brusttasche. Hier findet seit Jahr und Tag die kleine rote Mao-Bibel Platz, die Kim immer gerne zu Rate zieht, bevor er allwöchentlich im Staatsfernsehen die Lottozahlen verkündet.Foto: Getty Images
Kim ist aber auch schon einmal Missliches widerfahren. Beim jährlichen Diktatorentreffen im Karnutenwald drückte ihm die als Zaungast zugegene Margot Honecker ein Bündel gebrauchter Handtücher in die Hand mit der Bitte, sie zu waschen. Kim, geistesgegegenwärtig, nahm das Bündel nicht an. Seinen Gesichtsausdruck dabei kennen Sie ja. "Wie?", so wird Honecker zitiert, "Sind Sie nicht der Liftboy?" Da hätten Sie Kim aber mal erleben sollen!!!Foto: Getty
Kim, das Haarwunder, hat auch eine Vorliebe für schwere Rotweine, die andernorts als Getriebeöle durchgehen. Kim schluckt's, klar, er ist ja Profi. Seine Brillengestell, übrigens, stammt nicht von Fielmann, sondern ist ein Überbleibsel der Normannenbesatzung, die hier im Jahr 1020 eine kleine Kolonie unterhielten. Dass sie alt ist, so Kim, bedeutet aber nicht, dass sie altmodisch ist. Kein Wunder, denn der Diktator bestimmt ganz einfach, was Mode ist, indem er es trägt - und zwar immer.Foto: AFP
Kim, der selten, aber immerhin doch zuweilen, mit seiner Wachsfigur verwechselt wird, hat sich 1952 bei der Wahl seines Outfits ein für allemal festgelegt - und das nicht nur farblich: Körperbetonung in der Leibesmitte, gewollt lässige Eleganz der Bügelfalten ab Kniehöhe, um seine schlanken Fesseln hervorzuheben. Der Schillerkragen bringt sein kraftvolles Doppelkinn zur Geltung. Die auf Figur geschnittene Brille lässt dennoch genug Luft für die Nase und, oha!, die Augen. Das ist in Nordkorea nicht selbstverständlich.Kim, das Fashion-Victim, trägt dazu Boxershorts und nur selten Flip-Flops, obwohl das in der kommunistischen Damenwelt sehr gut ankommt.Foto: AFP
Kims Anzug ist vollklimatisiert: Damit widersteht er Wind und Wellen, er geht auch auf hoher See nie unter, friert nicht, schwitzt nicht. Kims Allraumanzug knackt nur beim Gehen hörbar im Hüftbereich. Dort sind unsichtbar die Solarpanels eingearbeitet, die Kims Fashion in Facon und unter Strom halten. Eine Besonderheit allerdings hat das Ganze: Sollte Kim, Mao Lenin möge es verhüten!, dereinst doch das Zeitliche segnen, dann wird Kim nicht umfallen, sondern unbeweglich in einer Denkmalspose stehen bleiben. Zu hoffen bleibt, dass sein Publikum das nicht für den Haupt-Teil der Rede halten werden.Foto: Getty
Kim hat übrigens, lang ist's her, auch mit seinem Outfit experimentiert. So gab es eine Phase, in der er hippiebunte Blümchen am Revers und auf den Oberschenkeln trug. Am linken Oberarm prangte der Fan-Sticker von St. Pauli. Und auf dem Rücken die Schrift: "If you can read this, my Bodyguard is missing." Kim, du Schlingel!Foto: Getty
Kim, der Modezar, bestimmt die Trends seines Landes. Er ist Peergroup und Stylescout in einem. Für seine Haartracht, die er Gerhard-Schröder-mäßig nicht färbt, hat er sich von Fotos der jungen Angela Merkel inspirieren lassen.Undatiertes Archivbild.Foto: AP
Kim ist Model, Stuntman - und Operndiva. Hier sieht man ihn im historischen Kostüm einer Geisha beim Vortrag von "O Mio Babbino Caro", DER Arie aus Puccinis Madame Butterfly. Hin-rei-ßend! Beifallsstürme. Das einbestellte Publikum brennt nach jeder Aufführung das Haus nieder. What a performance! What a Star!!Kim Jong Il mit Angehörigen der Koreanischen Volksarmee, September 1988.Foto: dpa
Unser absolutes Lieblingsfoto!!! Da haben wir eine Redaktionsumfrage gemacht. Finden Sie Kim! Kleiner Tipp: Er ist einzige auf diesem Bild, der einen Sturzhelm trägt.Foto: AFP(sueddeutsche.de/pfau/bgr)