Süddeutsche Zeitung

Hunde-Mietservice:Bello zu buchen

Eine New Yorker Agentur vermietet Hunde tageweise - ähnlich wie ein Auto. Nun kommt der US-Trend nach Deutschland. Tierschützer reagieren bissig.

Von Daniela Kuhr

Es ist Freitagabend, als die junge Frau den Laden in New York betritt. Der Angestellte weiß schon, was sie will: Sie hatte sich den hellen Mischlingshund Oliver reserviert, halb Cockerspaniel, halb Pudel, drei Jahre alt, gerade tollt er noch mit fünf anderen Hunden im Laden herum. Vor einer Woche hatte die Kundin Oliver schon einmal übers Wochenende ausgeliehen. Jetzt will sie ihn wieder mieten. Wieder nur für zwei Tage, unter der Woche hat sie keine Zeit für ein Haustier. Am Wochenende aber genießt sie es: Wenn man mit einem Hund unterwegs sei, komme man viel leichter mit Menschen ins Gespräch, sagt die 26-Jährige. Es sei eine tolle Möglichkeit, Leute kennenzulernen.

Hunde dürfen in Deutschland nicht wie Autos vermietet werden

Rent a dog - Hunde als Mietobjekt? So wie man sich sonst ein Auto mietet? In Deutschland unvorstellbar. Noch jedenfalls. Auch für Katrin Rösemeier. Nie würde die 47-Jährige aus Hessisch-Oldendorf in Niedersachsen ihre Hunde nur für ein paar Tage vermieten. Für mehrere Jahre aber vermietet sie sie durchaus - womit Rösemeier eine Vorreiterin sein dürfte: Deutschlands erste Unternehmerin, die Hunde zeitweise gegen Geld fremden Menschen überlässt. Und zwar bundesweit. "Wir haben Kunden in Leipzig, Stuttgart, Hamburg oder auch Dortmund."

Eine davon ist Magdalena Schmedes. Die Rentnerin aus Niedersachsen ist 84 Jahre alt. Als ihr Hund 2013 starb, warnten ihre Kinder sie, sich noch mal einen neuen zuzulegen. Was solle denn aus dem Tier werden, wenn sie sterbe? In dieser Situation flatterte ihr Werbung auf den Tisch: "Bluebello - mein Partnerhund auf Zeit", stand darauf. Sie erkundigte sich, wenige Tage später kam Rösemeier vorbei und befragte die alte Dame intensiv. "Wir geben unsere Hunde nur an Menschen, die sich gut um die Tiere kümmern können", sagt Rösemeier. Und so bekam Schmedes kurz darauf die Mischlingshündin Leila. "Solange ich lebe, gebe ich die nicht mehr her", sagt Schmedes. 150 Euro kostet Leila im Monat. Futter, Haftpflichtversicherung und Tierarzt sind inklusive, nur Hundesteuer zahlt Schmedes selbst.

Tierschützer sehen Miethunde skeptisch

Noch ist die Zahl der Kunden von Bluebello gerade mal "zweistellig", wie Rösemeier sagt. Aber es gebe bereits eine Warteliste. "Alles ältere Menschen, die wollen, dass es dem Hund auch nach ihrem Tod gut geht." Meist kommen Rösemeiers Tiere aus Familien, die plötzlich keine Lust mehr auf einen Hund hatten - sei es, weil jemand allergisch reagierte oder weil sie keine Zeit für das Tier hatten.

Tierschützer sehen das Modell Miethund dagegen kritisch. "Ein Hund braucht feste Beziehungen und ein vertrautes Umfeld", sagt Evamaria König vom Tierschutzverein Berlin. Das sieht Rösemeier selbst allerdings genauso. "Wir legen größten Wert darauf, dass die Tiere möglichst viele Jahre bei ihren Besitzern bleiben." Den guten Willen will König ihr gar nicht absprechen. Dennoch sieht sie eine Gefahr: "Womöglich bietet bald jemand an, sich jedes Jahr den neuesten Modehund zu mieten, etwa in diesem Jahr einen Mops und später eine Dogge." Tiere aber dürften nie "zu Sachen werden, die man regelmäßig durch ein neueres Modell ersetzt" - oder die man fürs Wochenende mietet, um neue Leute kennenzulernen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2289311
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 03.01.2015/sosa
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.