Hollywoods grüne Stars:Welcher Promi ist am meisten öko?

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Die grüne Welle unter Filmstars hält unvermindert an - aber wer meint es ernst mit seinem Engagement? Eine umweltfreundliche Rundreise durch die Welt des schönen Scheins.

Wer sich als Gast im "Sundance Resort"einquartiert, hat die Topographie des Ortes schnell erfasst. Weit verstreut und dezent hinter Kiefern versteckt liegen die luxuriösen Cottages, in die man sich ab 270 Dollar die Nacht einmieten kann; unten am Bach stehen rustikale Restaurants und Gemeinschaftsräume, dekoriert mit Western-Kunsthandwerk und Filmfotos aus der Privatsammlung des berühmten Besitzers der Anlage; und an der Rezeption des Spa-Blockhauses wartet, schlicht gekleidet, die vermutlich schönste Häuptlingstochter des ganzen amerikanischen Westens.

Cameron Diaz fährt in ihrer Freizeit Hybrid-Auto und zeigt sich gern an der Seite von Umweltaktivist Al Gore (Foto: Foto: AFP)

Alles luxuriös und doch irgendwie bescheiden hier, natürlich und streng ökologisch bewirtschaftet. Nur wo, fragt man sich bald, haust in diesem Paradies in den Bergen Utahs eigentlich der Schutzheilige dieses Ortes selbst?

Das bleibt ein Rätsel, bis man den Hang des Hausbergs hinaufgestiegen ist. Erst der Blick von oben zeigt den Zaun, der das südöstliche Ende des Canyons abtrennt, man sieht die Serpentinen einer Privatstraße und schließlich die weitläufige Villa, die in luftiger Höhe über dem Tal thront, nur noch überragt vom Gipfel des Mount Timpanogos. Respekt, denkt man da unwillkürlich: Das beste Stück Land hat der alte Cowboy Robert Redford natürlich für sich selbst aufgehoben.

Jahrzehntelang war diese Mischung aus Gemeinsinn und Eigennutz, aus Umweltbewusstsein, Naturverehrung und New-Age-Hedonismus ziemlich einzigartig, und Robert Redford galt in der Filmwirtschaft als esoterischer Sonderling mit ausgeprägtem Geschäftssinn. Steht man heute dort oben in den Wasatch Mountains, sieht man jedoch etwas anderes: die Geburtsstätte einer Bewegung, eine Blaupause für die Zukunft, ein Modell für das angestrebte neue Lebensgefühl der liberalen Elite Amerikas. Umweltbewusstsein, solange es nur ausreichend sexy ist, gilt als Tugend der Stunde.

Trendsetter wie Leonardo DiCaprio, George Clooney, Brad Pitt, Julia Roberts und Cameron Diaz überbieten sich in Aktivismus und Mit-gutem-Beispiel-Vorangehen, Gleichgesinnte und Wegbereiter wie Al Gore werden eingemeindet, mit Oscars bedacht und zu Showstars ehrenhalber ernannt, und jeder Halbprominente muss sich inzwischen Fragen nach seinem Fuhrpark, seinen Privatjets und seinen persönlichen Umweltsünden gefallen lassen. Sundance, diese Mischung aus Engagement und schamlos perfektionierter Öko-Ästhetik, ist heute überall.

DiCaprio und Knut sind dicke Freunde

Man braucht nur einmal das Cover der jüngsten "Green Issue" der amerikanischen Vanity Fair anschauen. Da steht also Leonardo DiCaprio mit Abenteurer-Steigeisen auf dünnem Eis inmitten einer Gletscherlagune in Island. Das Bewusstsein seiner globalen Verantwortung scheint so schwer auf ihm zu lasten, dass er ein wenig grimmig schaut.

Neben ihm sieht man Knut, zwar kleiner an Statur, aber nicht an Starpower, der junge Eisbär-Weltstar sieht bewundernd zum etwas länger schon berühmten Schauspieler auf. Beide wurden fotografiert von Annie Leibovitz, die dafür natürlich mit einem Riesenteam an Helfern um die Welt jetten musste. Was aber wiederum gar nicht so teuer war, weil laut Sponsorenhinweis Iceland Air für alle Flüge aufkam. Zusammengebracht, heißt es im Inneren des Hefts, wurden Leo und Knut dann "auf die einzig uns mögliche Art, mit einer Fotomontage".

Warum aber musste hier etwas, was nicht zusammengehört, überhaupt zusammengebracht werden? Warum in Island, wo es gar keine Eisbären gibt? Und was haben die Herstellerhinweise für DiCaprios Parka, T-Shirt und Jeans im Heft verloren? Man ahnt es: Hier wird zwar möglichst wirkungsvoll für Klima- und Artenschutz und die Rettung der Welt getrommelt - aber eben auch eine Zeitschrift verkauft, ein Modetrend beworben, ein Reiseland angepriesen.

In den Fußstapfen von Al Gore

Wenn man Leonardo DiCaprio einmal persönlich begegnet, zweifelt man dennoch hinterher nicht mehr daran, dass er es ernst meint. Er wirkt größer als in seinen Filmen, was für Schauspieler eine Seltenheit ist. Sein Händedruck ist unerwartet kräftig, seine Brust könnte man sogar als breit bezeichnen. Sein ganzes Auftreten sagt: Hier geht ein Mann seinen Weg. Er gewinnt seine Gesprächspartner sofort mit seiner offensichtlichen Klugheit, seiner Leidenschaft für die Themen, die ihm am Herzen liegen - vor allem aber mit dem leisen Sinn für Ironie, mit dem er auch die Absurdität seiner Rolle in der Welt von Glamour und Celebrity-Berichterstattung reflektiert.

Ob er sich je hat vorstellen können, mal mit einem Eisbärbaby für ein Zeitschriftencover zu posieren? "Was soll man sagen? Das alles ist ein Image, ein Mittel zum Zweck", sagt er. "Da steht zwar Leonardo DiCaprio, aber das bin trotzdem nicht ich."

Er selbst, das ist eher "The 11th Hour", eine neue Dokumentation mit Bildern der Erde, die er produziert, geschrieben und der er seine Erzählstimme geliehen hat. Vor allem aber reden darin mehr als fünfzig führende Wissenschaftler und Denker über die Grenzen des Wachstums, die Zerstörungskraft des Kapitalismus und die Notwendigkeit eines völlig neuen Wirtschaftssystems. Und sie reden praktisch ohne Pause.

Viele der Aussagen in diesem Film sind abstrakt und pessimistisch - und führen weit über Mode und Trends, über Solarhäuser und Hybrid-Autos hinaus zum strukturellen Kern des Problems: Unsere Wirtschaft wächst bislang unbegrenzt in einem begrenzten System, nämlich der Biosphäre. Wenn man so etwas nur mit Knut verkaufen kann, verkauft man es eben mit Knut.

Mitte Mai hatte "The 11th Hour" bei den Filmfestspielen von Cannes Weltpremiere, und es sieht so aus, als könnte dieser kleine Film mit den vielen sprechenden Köpfen - und natürlich DiCaprios Unterstützung - ein aufgeschlossenes Publikum erreichen. Voriges Jahr wurde Al Gore mit seiner "Unbequemen Wahrheit" am selben Ort an der Côte d'Azur gefeiert.

Die Wirkung dieses Mannes und seines Films jedoch hat sich seither in einer Weise multipliziert, die vor zwölf Monaten noch unvorstellbar war. Millionen haben ihn bei den Oscars gesehen und seine Botschaft inzwischen auf Film und DVD vernommen. Nicht wenige seiner Zuschauer, von den Mächtigen der Weltpolitik über Feingeister wie den Schriftsteller Jonathan Franzen bis hin zur Umweltsau von nebenan, beschreiben dies als lebensverändernde Erfahrung.

Nun arbeitet Gore daran, die nächste Stufe seiner Massenwirksamkeit zu zünden: Am 7. Juli steht "Live Earth" auf dem Plan, eine von ihm erdachte Konzertserie, die nichts anderes werden soll als die "größte Party auf Erden".

150 der bekanntesten Popmusiker sollen 24 Stunden lang gegen den Klimawandel anspielen, auf Bühnen in Johannesburg, Kyoto, London, Rio, Schanghai, Sydney, New York und sogar in der Eiseskälte einer antarktischen Südpolstation - und kein bedeutender Popstar wird es sich leisten können, diesem Ergebnis fernzubleiben.

Ritterschlag für Cameron Diaz

Neben Al Gore vor die Kameras zu treten und flammende Appelle an die Welt zu richten, gilt als Ritterschlag für die neuen Öko-Rekruten Hollywoods. Cameron Diaz ist ganz vorn dabei: Sie durfte an der Seite Gores der "Live Earth"-Verkündung ihr Gesicht und ihre Stimme leihen. Klar, das hätte sich kein Star entgehen lassen - und natürlich fährt sie auch längst ein Hybrid-Auto, die unverzichtbare Eintrittskarte für den Club der Grünen in Hollywood.

Kürzlich aber verblüffte sie die Beobachter dann doch, als sie zu den ersten tausend Aktivisten gehörte, die von Gore persönlich für die Verbreitung seiner Botschaft geschult wurden - und eben nicht nur kurz ihr Gesicht in die Kameras hielt, sondern bei den endlosen Faktensammlungen zur Klimakatastrophe emsig wie ein Schulmädchen mitschrieb und laufend Fragen stellte. Diaz scheint es wirklich ernst zu meinen.

Die neuen Jünger der Bewegung zeichnen sich eben durch besonderen Eifer aus: Brad Pitt zum Beispiel bildet nicht nur mit Angelina Jolie zusammen das derzeit berühmteste Globetrotter-Paar in Sachen Flüchtlingselend, Aids-Prävention, Umverteilung des Reichtums durch Adoption und Schuldenerlass für die Dritte Welt. Pitt engagiert sich auch mit der Stiftung "Global Green" für den ökologisch korrekten Wiederaufbau von New Orleans.

Roberts wickelt chlorinfrei und Clooney lenkt Elektromobile

Julia Roberts listet für die Chance, als lorbeerbekränzte Öko-Fee abgelichtet zu werden, gern ihre privaten Umweltmaßnahmen auf: Toyota Prius fahren, Solarhaus bauen, neben der eigenen Ranch in Taos, New Mexico, für ein Naturschutzgebiet kämpfen, die eigene Kaffeetasse überall hin mitnehmen, Einkaufstüten immer zum Laden zurückbringen - und chlorinfreie "Seventh Generation"-Windeln für ihre Zwillinge benutzen.

Die sind es erklärtermaßen auch, die ihr neues Bewusstsein inspiriert haben: "Falls unser Planet zusammenbricht, werde ich das nicht mehr erleben, aber meine Enkel und Urenkel sehr wohl."

Das klingt schon fast etwas angestrengt, dabei ist der Spaß doch eigentlich das entscheidende Argument für die grüne Glamour-Bewegung: Das Gute, Korrekte und ökologisch Verantwortungsvolle soll nicht mehr nur sackleinen, hässlich und entsagungsvoll zu haben sein.

Diese Idee verkörpert niemand besser als George Clooney, der es brillant versteht, sein nonchalantes Playboy-Leben mit künstlerischer, politischer und ökologischer Integrität aufzuladen. Neben seinem Kampf gegen die Kriegstreiber in der amerikanischen Politik und gegen den andauernden Völkermord in Darfur ist Clooney immer der Erste, der sein Scheckbuch für technologische Vorstöße wider die Weltherrschaft des Verbrennungsmotors zückt.

So war er der erste Amerikaner, der den Tango fuhr, ein zusammengequetschtes Elektromobil der Firma Commuter, nur einen Meter breit, für zwei Personen, die aber nicht neben-, sondern hintereinander sitzen müssen. Der Wagen beschleunigt dennoch vollelektrisch in vier Sekunden von null auf hundert. Was aber noch gar nichts ist gegen den neuen Tesla Roadster für 92 000 Dollar, mit dem Clooney bald die Straßen unsicher machen wird: eine elektrische Sportwagen-Flunder aus dem Silicon Valley, die in der Spitze 210 Stundenkilometer erreicht und mit seinen Lithium-Ionen-Akkus bis zu 400 Kilometer Reichweite pro Aufladung schafft.

Sofern der Strom nicht auch aus ökologisch zweifelsfreien Quellen stammt, hält sich der Weltrettungseffekt zwar in Grenzen, aber es geht noch um etwas anderes: Ökologisch interessierte Großverdiener wie Clooney oder die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin betätigen sich hier als Sponsoren einer Technologieentwicklung, die irgendwann auch praktikable Lösungen für den Alltag produzieren soll.

Alles andere als wohlmeinende Stümper

Wie glaubwürdig, ernstgemeint und nachhaltig das alles ist, wird sich sicher erst über Jahre und Widerstände hinweg beurteilen lassen. Ob also aus dem cleveren Trendsurfer, der schon mal Image-Pluspunkte für das nächste Beziehungsdrama oder Karrieretief sammelt, ein wahrer Umweltaktivist wird.

Unter Amerikas Prominenten steht Al Gore da eher allein. Schon Mitte der sechziger Jahre studierte er beim Ozeanographen Roger Revelle und wurde auf die drohende Klimakatastrophe aufmerksam. Als Senator und Vizepräsident brachte er das Thema immer wieder auf die politische Tagesordnung Washingtons, mit insgesamt durchschlagendem Misserfolg - und reichlich Spott von republikanischen Gegnern.

Nach seinem Scheitern als Präsidentschaftskandidat hatte sich Gore schon auf ein Leben als Vortragsredner eingestellt, der seine Ansichten und Erkenntnisse zur Klimakatastrophe persönlich um die Welt tragen müsste - das Gespenst der Wirkungslosigkeit immer im Gepäck.

Doch dann holte ihn im Laufe des Jahres 2004 ein weltweiter Bewusstseinswandel ein, den er zunächst selbst kaum zu fassen schien. Eine Weile wirkte Gore bei seinen öffentlichen Auftritten steif, beinah abwehrend - als wolle er sich bereits für die Zeit nach der Öko-Mode wappnen, wenn seine Gegner mit neuen Gutachten zurückschlagen und die Umweltsünden seines eigenen Lebensstils aufgerechnet würden. Doch ein Ende des Hypes ist bislang nicht erkennbar, im Gegenteil.

Alt-Cowboy Redford gehört zu den Vorreitern

Was es bedeutet, auf lange Sicht am Thema Umwelt dranzubleiben, davon kann der mittlerweile 70-jährige Robert Redford erzählen. Und die sorgfältig kalibrierte Zurückhaltung seines Auftretens hilft dabei, seine Botschaft zu verbreiten: diese natürlich verwitterten Gesichtszüge unter dem zerzausten Blondhaar, der ernste Blick, mit dem der Hollywood-Veteran seinem Gegenüber in die Augen schaut . . . Das alles verfehlt immer noch nicht seine umwerfende Wirkung.

Und dann berichtet Redford von seinem Tal in Utah, dass er Ende der sechziger Jahre bei den Dreharbeiten des Westerns "Butch Cassidy And The Sundance Kid" entdeckte, von den 500 Dollar, die er hier für seinen ersten Hektar Land bezahlte, und den mehr als 2000 Hektar, die bis heute daraus geworden sind.

Es gibt keinen Zweifel daran, dass seine Vision der bewussten Koexistenz von Mensch und Natur ihn heute reicher gemacht hat als all seine Gagen aus Hollywood - aber sein seit dreißig Jahren währender Einsatz im "National Resources Defence Center", seine Gründung des "Institute for Resources Management", Jahrzehnte bevor die Umwelt zum Trendthema wurde, und die Teile seines Landbesitzes, die er zum Zweck der unberührten Bewahrung an eine Umweltstiftung verschenkt hat - sie zeugen eben auch davon, dass sein Engagement nicht nur Show ist.

"Es ist ein sehr amerikanisches Ding, diese ewige Suche nach den neuen Grenzen, den New Frontiers", sagt Redford. "Und für mich ist das auch eine sehr persönliche Sache. Sonst wächst man nicht mehr. Aber man muss mit Schwierigkeiten rechnen, man muss bereit sein, den vollen Einsatz zu bringen, sonst ist man nichts weiter ein wohlmeinender Stümper."

Man spürt, dass er in diesem Moment nur seine eigenen Erfahrungen reflektiert. Und doch scheint es, als rede er hier auch über die globale Macht der Trendmaschine Hollywood - und die Gefahren, die sie mit sich bringt. "Ein Thema, das man wirklich anpackt, muss zum lebenslangen Abenteuer werden. Man kann dabei wunderbare Dinge lernen, aber eines ist klar: Man muss immer weiter vorangehen. Es gibt kein Zurück."

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