Hochzeitsspielchen:Auf zum Schlüpfertanz!

Am liebsten heiraten die Deutschen im Mai. Wenn da nur nicht all die witzigen Spielchen wären, die einem den Spaß verderben, bevor er überhaupt begonnen hat. Von Breifüttern bis Wadentasten - ein verstörender Überblick.

Birgit Lutz-Temsch

Es gibt einen Grund dafür, dass manche Brautpaare ihre Gäste geradezu panikartig darum bitten, nur ja keinen Programmbeitrag zum Gelingen des Fests beizutragen. Es könnte sonst passieren, dass Braut oder Bräutigam Bockwürste ertasten, auf der Tanzfläche Unterhosen tauschen oder sich gegenseitig mit Brei füttern müssen. Die Suche nach Hochzeitsspielen im Internet ergibt ein geradezu verstörendes Bild deutscher Hochzeiten. Der einzige Trost für derart gepeinigte Brautpaare könnte sein: Wer zusammen solche Spiele übersteht, den kann nichts mehr wirklich aus der Ruhe bringen.

Hochzeit

Sich gegenseitig mit Hochzeitsorte füttern kann lustig sein - so lang man das freiwillig macht ...

(Foto: online.sdeleben)

Der Schlüpfertanz

Der Schlüpfertanz ist deshalb beliebt, weil allein die schlüpfrige Ankündigung für Heiterkeit im Publikum sorgen soll. Brautpaare haben bei diesem Spiel wenig Probleme, weil sie sich nicht allein zum Deppen machen müssen, sondern einige Gäste noch dazu. Wer nicht rechtzeitig auf die Toilette, unter die Bar oder auf den Parkplatz verschwindet und von den lustigen Organisatoren erwischt wird, muss sich Unterwäsche in Übergröße (hahaha) über sein Festgewand anziehen und damit tanzen. Sobald die Musik pausiert, muss er aus seinem Schlüpfer hüpfen (hahahahahaha) und so schnell wie möglich die Unterhose des Tanzpartners oder der Tanzpartnerin anziehen. Verloren haben hier alle irgendwie. Aber die, die am längsten für den Wäschewechsel brauchen, scheiden aus.

Wer sich jetzt schon wundert, wie erwachsene Menschen ein Fest feiern, kennt das Ballonspiel noch nicht.

Das Ballonhosenspiel

Das Ballonhosenspiel sorgt vor allem auf Kosten des Bräutigams für Spaß und gute Laune. Dazu werden ungefähr 30 Luftballons an die anwesenden Damen verteilt, und der Bräutigam muss sich eine XXXXXXXL-Hose anziehen. Das allein ist schon soooo lustig. Auf der Bühne müssen dann die Damen ihre Luftballons in die Hose des Bräutigams stecken (pruuuuust!), der am Ende aussieht wie das berühmte Michelin-Männchen. Wenn der Bräutigam also albern genug aussieht, darf die Braut mit ihm tanzen und ihm dabei mit einer Nadel die Ballons zerstechen. Auch eine redaktionsinterne Diskussion kam zu keinem Schluss, was dieses Spiel symbolisieren oder dem Brautpaar mit auf den Weg geben soll. Aber man kann ja auch einfach mal witzig sein.

Ein Garant für gute Laune ist auch das Spiel Die Glocken von Rom. Und wenn Sie jetzt spontan etwas anderes als metallenes Kirchenzubehör assoziiert haben, dann wären Sie ein perfekter Mitspieler.

Die Glocken von Rom

Hier hat das Brautpaar Glück, denn es muss wenigstens nicht auf die Bühne. Es muss nur fremdschämend und schwitzend das Ende abwarten und sich dann bei den Gästen, die es sich schließlich selbst ausgesucht hat, bedanken.

Das Spiel beginnt sehr ungewöhnlich, nämlich mit dem Abspielen der spannungserzeugenden Musik Conquest of Paradise. Zu dieser betritt eine beliebige Anzahl wagemutiger Männer, bekleidet mit Trenchcoat, Hut und Sonnenbrille die Bühne. Es gibt dann einen relativ harten Schnitt, denn mit Auftauchen einer Sängerin wechselt die Musik zu dem alten Gassenhauer Die Glocken von Rom. Wenn die Sängerin beim Refrain angekommen ist, öffnen die Männer urplötzlich ihre Trenchcoats. Darunter tragen Sie außer einer Boxershort nur, richtig, Glocken. Große Kuhglocken, befestigt an was auch immer, baumeln zwischen den Beinen der Männer. Möglichst frivol anmutendes Hüftkreisen der Herren bringt die Glocken zum Bimmeln. Damit das Publikum noch Luft bekommt vor Lachen, wird dieses Schauspiel aber nur zum Refrain gezeigt, dazwischen die Trenchcoats wieder geschlossen.

Auch bei diesem Spiel ist fraglich, was es dem Brautpaar sagen soll. Eine weitere Blüte aus dem bunten Strauß guter Ideen ist das Sockenhacken.

Sockenhacken

Beim Sockenhacken können sich die Organisatoren wieder diejenigen Gäste raussuchen, mit denen sie schon lange eine Rechnung offen haben. Diese lässt man Schuhe und Strümpfe ausziehen und platziert sie dann man mit verbundenen Augen vor einem Hackklotz. Die Barfüßigen müssen dann angeblich ein Centstück auf dem Hackklotz treffen. Dabei werden aber, hihihi, die Socken der Gäste auf den Hackklotz gelegt, und die Unwissenden zerhacken ihre Socken. Den Höhepunkt erreicht das Spiel, wenn die Hackenden ihre Augenbinden abnehmen und sehen, dass Sie soeben ihre 30-Euro-Designer-Socken zerstückelt haben, dafür als Tausch weiße Tennissocken bekommen und krampfhaft versuchen, ihre Gesichtszüge im Griff zu behalten und das totaaaal locker und lustig zu nehmen. So eine Gaudi.

Warum man auf einer Hochzeit Spiele mit Äxten macht? Man weiß es nicht. Herzerfrischend auch die nächste Perle: Haushaltsgeräte erkennen.

Haushaltsgeräte erkennen

Dieses Spiel ist so grenzwertig, dass es in dieser Reihe fast keinen Eingang gefunden hätte, aber aus Gründen der Aufklärung doch aufgenommen wurde. Ja, das sind die Deutschen und ihre Spiele.

Auch hier spielt das Schlüpfrige wieder eine große Rolle. Diesmal werden ein paar Männer in eine Reihe gesetzt, die jeweils ein Haushaltsgerät in der Hand halten. Der Braut werden die Augen verbunden und sie muss der Reihe nach die Haushaltsgeräte ertasten, vom Kochlöffel bis zum Toaster. Das ist schon sehr, sehr lustig, aber der Schlussknaller ist der Bräutigam, denn der hält eine Bockwurst in der Hand.

Kein Witz, so geht das Spiel. Ja, über Geschmack kann man streiten. Ein Feuerwerk der guten Laune wird auch beim Wadentasten abgebrannt.

Das Wadentasten

Beliebt sind auf Hochzeiten Spiele, bei denen es darum geht, wie gut sich das Brautpaar kennt. Ganz besonders lustig, weil wieder so etwas Ahnliches wie schlüpfrig, ist das, wenn es um Körperlichkeiten geht.

Einige Männer stellen sich also auf Stühle und krempeln die Hosen hoch. Das allein ist ja auch schon wieder zum Totlachen. Dann kommt die Braut mit verbundenen Augen und muss tastend herausfinden, wer der Bräutigam ist.

Hält sie nun Onkel Dietrich für ihren Angetrauten, kann es zu peinlichen Szenen kommen, aber das gehört dazu. Nachgerade berauschend ist das nächste Spiel, das Babyfüttern.

Babyfüttern

Sinn und Zweck einer Ehe ist das Kinderkriegen, das war schon immer so. Deshalb sind auch Spiele beliebt, die sich um Wickeln oder Schnullernuckeln drehen. In einer Variante schlüpft der Bräutigam in die Rolle des Kleinkinds, und hier bleibt wahrscheinlich mancher Ehefrau im Saal eh schon das Lachen im Halse stecken, während das Brautpaar wieder tief Luft holen muss und sich erneut fragen kann, warum es manche Seiten an manchen Gästen bisher komplett übersehen hat.

Wie dem auch sei, der Bräutigam setzt sich also auf einen Stuhl und die Braut steht hinter ihm. Beide müssen nun mit den Armen durch verschiedene Öffnungen eines Tuchs schlüpfen, der Bräutigam auch noch mit dem Kopf.

Das Tuch ist mit einem Babystrampler benäht, es sieht nun also so aus, als sei der Bräutigam ein Baby. Kaum auszuhalten, so komisch. Die Braut bekommt nun ein Glas Babybrei und einen Löffel in die Hand und muss den Bräutigam füttern.

Wie man nach solchen Spielen eine erfüllte Hochzeitsnacht haben soll, ist ein Rätsel. Dabei gibt es auch anregende Spiele, die auf einschlägigen Internetseiten gerne mit "erotische Einlage" angekündigt werden. Als solches gilt zum Beispiel das Luftballonspiel.

Luftballonspiel

Sie dürfen auf keinem Kindergeburtstag und damit nach Meinung mancher Spaßvögel auch auf keiner Hochzeit fehlen: Luftballons. Beim Luftballonspiel hat das Brautpaar wieder Glück, es wird ihm nur wieder recht warm vor Scham werden, ansonsten ist nichts zu tun - denn zur allgemeinen Erheiterung werden nur Gäste blamiert.

Mehrere Gäste-Pärchen bekommen Luftballons, die sie kaputtmachen müssen. Ohne Hände. Einer hält den Luftballon, der andere macht ihn kaputt. Aber auf vorgeschriebene Weise, sonst wäre es ja nur halb so lustig. Das heißt: Der Ball wird bei einem Paar vorne unterhalb des Bauchs gehalten, beim anderen am Hintern der Frau, der nächste wird dem Mann auf den Schoß gelegt, der auf einem Stuhl sitzt und der letzte wird auf den am Boden liegenden Mann gelegt und die Frau muss ihn dort zum Platzen bringen.

Das verstehen also manche Menschen unter einem erotischen Spiel.

Das Brautpaar allerdings kann von diesem Spiel auch profitieren: Indem es einfach unbemerkt verschwindet.

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