Johann W., Freund des Bräutigams: Hochzeit am Starnberger See, alles sehr edel und mondän. Jedes Detail war von der Braut genauestens geplant. Selbst Geschenke mussten im Vorfeld abgeklärt werden, sie mussten zum Beispiel farblich ins Gesamtbild passen. Das Essen war exquisit und muss sehr teuer gewesen sein. Die Portionen waren winzig. Auf die Frage hin, ob man einen Nachschlag ordern könne, hieß es knapp "nein". Der absolute Stimmungskiller war schließlich die Rede des Brautvaters. Sie dauerte etwa eine Stunde und war eine detailreiche Biografie der Braut. Der Bräutigam kam leider nicht darin vor.
Armin L.: Es war ein Gedicht. Die Mutter der Braut trug selbstgereimte Verse vor: ein weinerliches Potpurri aus Vorwurf, Beleidigung und Rache, gerichtet gegen den Bräutigam. Tränenreich beschwerte sie sich, dass der neue Schwiegersohn ihr die Tochter entziehe und die beiden sich außerdem nie bei ihr blicken ließen. Das Ganze dauerte 25 Minuten - in Reimform, immerhin. Zur Entschädigung spielten anschließend die neunjährigen Nichten der Braut "La Cucaracha". Auf der Blockflöte. Auch schön.
Eveline F.: Auf dieser Hochzeit ließen sie wirklich nichts aus: Kutscherspiel, Bettlaken-Herz mit der Nagelschere ausschneiden, Reise nach Jerusalem. Am Ende war das Essen abgekühlt, die Stimmung ebenfalls. Die Krönung war jedoch die Rede von Onkel Jürgen, der das Leben der Brautleute nacherzählte - vom kleinen Robert, der immer so gerne Mettwurstbrötchen bei der Omi aß, über die Schulzeit, bis hin zur Universitätskarriere. Als der Onkel endlich an den Punkt kam, wo Robert und seine Frau sich zum ersten Mal trafen, waren einige bereits eingeschlafen. Als ich wieder zu mir kam, waren die beiden gerade erst zusammengezogen.
Daniel H., Freund des Bräutigams: Die Rede des Brautvaters grenzte an Körperverletzung. 45 Minuten lang schwafelte er über das "Schiff Petra", das in den "Hafen Günter" fährt. Er ließ wirklich keine Metapher aus. Gekrönt wurde das Ganze von einer Stimmungsmacher-Stubenmusik. Das einzig Gute war, dass sämtliche Getränke auf das Brautpaar gingen, und so stand bald ein 18-jähriger Single Malt auf unserem Tisch. Er ließ uns das Martyrium schnell vergessen.
Kerstin L.: Als ich das erste Mal zu einer türkischen Hochzeit eingeladen war, kannte ich die wichtigste Regel noch nicht: Nie hungrig zum Fest gehen! Gefeiert wurde in einer abgelegenen Schützenhalle, wir waren pünktlich um 16 Uhr da, doch von dem Brautpaar fehlte jede Spur. Dafür klingelte ständig ein Handy: Braut und Bräutigam erkundigten sich immer wieder, ob alle 500 Gäste bereits angekommen seien - vorher könnten sie nicht erscheinen.
Als die beiden dann endlich zur Tür hereintanzten, war es 20 Uhr. Mein Magen knurrte bereits gegen die laute Musik an. Doch außer mir war offensichtlich niemand hungrig: Alle fielen in den Tanz des Brautpaares mit ein, es war eine ausgelassene Stimmung, wie ich sie selten erlebt habe. Stundenlang ging das so, die Gäste verließen die Tanzfläche nur, um sich kurz frisch zu machen. Ich futterte unterdessen die Nüsse, die auf dem Tisch standen. Und auf den Tischen der Nachbarn.
Da ergriff jemand das Mikrofon. Ich jubelte innerlich, jetzt würde endlich das Buffet eröffnet. Aber nein, es folgte die Geschenkübergabe. 500 Gäste stellten sich in einer Reihe auf, um dem Brautpaar Gold und Scheine zu überreichen. Der Mann auf der Bühne stellte jeden Gast persönlich vor - inklusive der Höhe des Geldgeschenks.
Ich war dem Zusammenbruch nahe. "Ich habe draußen den Hähnchenwagen gesehen", versuchte mein Mann mich zu beruhigen. "Es geht bestimmt gleich los." Als die Geschenkübergabe endlich vorbei war, rollte tatsächlich ein Imbisswagen herein - und jeder Gast bekam ein halbes Grillhähnchen zugeteilt. In dem Moment war ich einfach nur froh, keine Vegetarierin zu sein.
Als um Mitternacht die fünfstöckige Torte hereingerollt wurde, stolperte ich wild entschlossen mit dem Teller in der Hand nach vorne. Ich muss sehr hungrig ausgesehen haben: Ich bekam als Erste nach dem Brautpaar ein Stück Kuchen.
Laura S., Kollegin der Braut: Als wir ankamen, drückte man uns Essensmarken in die Hand. Es gab rote und blaue: Die roten Wertmarken standen für besseres Essen und Nachschlag, sie waren der Familie und Verwandtschaft vorbehalten. Wir bekamen blaue - und gingen am Ende hungrig nach Hause.
Dirk N.: Wir wurden nach der Hochzeit von den Eheleuten gebeten, die Gläser, die man uns zur Begrüßung als Gastgeschenk überreicht hatte, wieder abzugeben.