Herrenkosmetik:Der Mann muss schön sein!

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David Beckham sei Dank. Weil er fast wöchentlich seinen Look wechselte, dürfen Männer heute allesamt in die kosmetische Trickkiste greifen. Und das tun sie.

Katharina Höller

Rasierschaum. Deo. Aftershave. Diese drei Bestandteile sind in jedem männlichen Badezimmer zu finden. Das muss sein, geht ja nicht anders. Doch Männer sind kosmetisch noch viel weiter, als wir Frauen vielleicht vermuten mögen. Selbst diejenigen, denen man auf den ersten Blick keine übermässige Beachtung ihres Äußeren unterstellen würde, haben irgendwo Gesichtscreme, Bodylotion, Haargel und sogar AntiAging-Produkte versteckt. Und benutzen sie regelmäßig.

Hautpflege der besonderen Art in den "Männerwelten" der "Beauty International"-Messe in Düsseldorf. (Foto: Foto: Messe Düsseldorf)

Der englische Fußballheld David Beckham dürfte seinen Teil dazu beigetragen haben. Er hat sich die Haare gefärbt, gegelt und sich die Augenbrauen gezupft. Dazu kamen wechselnde Outfits, Tätowierungen und Werbung für Kosmetika. Trotzdem verströmt er Testosteron nicht nur auf dem Fußballplatz und hat eine der bekanntesten lebenden Barbiepuppen der Welt an seiner Seite: "Posh Spice" Victoria. Geplegt und stylish kann ein Mann also punkten, ohne deshalb weniger Macho zu sein. Diese Botschaft ist angekommen.

Männer gaben im vergangenen Jahr zehn Prozent mehr Geld für Kosmetikprodukte aus, und zwar insgesamt etwa 884 Millionen Euro. Das teilte die Messe Düsseldorf vor der Kosmetik-Fachmesse "Beauty International" mit. Auch die Anzahl der neu auf den Markt gekommenen Herrenprodukte sei um 20 Prozent gestiegen. Grenzenlose Auswahl sozusagen.

Die Messe hat reagiert und präsentierte erstmalig einen abgetrennten Spa-Bereich namens "Männerwelten", der auf 40 Quadratmetern präsentierte, womit der Herr sich verwöhnen lassen kann: Massagen, verschiedenste Gesichtsmasken und alles, was sonst noch zu einem umfassenden Wellnessbereich gehört. Dies aber nur zusätzlich zum Angebot an Produkten, mit denen Mann sich im nächsten Jahr pflegen und gegen Fältchen oder Hautunreinheiten schützen kann.

Besonders begehrt sind dabei teure Düfte und hochwertige Pflegecremes. So hatte fast jeder Anbieter umfassende Hautpflegesets für ihn mit im Gepäck. Von der Anti-Stress-Pflege für trockene Haut, angereichert mit Macadamia-Nussöl von "Jean D'Arcel" bis hin zur "Eye Cream" von Dr.Grandel, die angeblich den "Augenbereich straffen und festigen" soll und dafür zum Teil aus "Gletscherwasser und Mineralien" hergestellt wurde, war alles dabei, was ein pflegebedürftiges Männerherz begehren könnte.

Selbst an Automechaniker und Schreinermeister wird gedacht: Die "Shake Hands Cream" von Alessandro ist eine "nicht fettende, extrem schnell einziehende Pflege für strapazierte und beanspruchte Männerhände. Ginkgo-Extrakte bekämpfen freie Radikale, schenken der Haut neue Elastizität und beugen der vorzeitigen Hautalterung vor", heißt es auf der Verpackung. Was immer es mit den teuren Ingredienzen auf sich hat, selbst die schlimmsten Maurerpranken sollten damit laut Hersteller wieder zu samtenen Pfötchen werden.

Das Bewusstsein der Männer für ihr eigenes Äußeres hat sich verstärkt. Dennoch experimentieren viele zunächst mit Produkten aus dem Repertoire der Freundin oder Frau und gehen dann über zu speziellen Herrenkosmetikas. Das stellte eine Studie der Beiersdorf AG fest. Der Hersteller von Nivea erforscht seit vielen Jahren die Besonderheiten männlicher Haut und in Zusammenhang damit auch das männliche Nutzungsverhalten von Kosmetikprodukten.

Die positive Entwicklung auf dem Markt für Herrenkosmetik ist der Studie zufolge aber nicht unbedingt neu. Seitdem Nivea 1986 das erste Pflegeprodukt für Männer auf den Markt brachte, steigen die Umsätze kontinuierlich an. In den vergangenen Jahren erzielten vor allem Produkte für Gesichtspflege weltweit eine Wachstumsrate von 72 Prozent. Gemäß der Studie der Beiersdorf AG sind die Gründe für das wachsende Bedürfnis nach Hautpflege von Land zu Land unterschiedlich:

Für deutsche Männer ist besondere Pflege eine Art "Belohnung und Schutzschild gegen Alltagsprobleme". Die Chinesen hingegen wollen ihr "jugendliches Erscheinungsbild" erhalten und ihren Status sowie beruflichen Erfolg unterstreichen. Deutsche und französische Männer machen sich Sorgen wegen der Folgen übermässiger Sonnenbäder oder Schadstoffen wie Alkohol und Nikotin. Die Chinesen klagen dafür wiederum verstärkt über fettige Haut.

Auf der "Beauty International" wurden nun sogar asiatische Spa-Produkte mit Grünteeextrakten und spezielle Nagelpflegesets angeboten - inklusive Multifunktionsnagelbürste, "Treatment Gloves" und All-in-One-Nagelpflegelösung (Cuticare-Pen). Zarte und gepflegte Hände sind besonders wichtig, das wissen wir Frauen schon lange. Jetzt wissen es auch die Männer.

Männer erwarten von Pflegeprodukten -oder Prozeduren einen sofortigen und spürbaren Effekt. Viele lassen es sich deshalb in Wellness-Tempeln gut gehen. Die Anzahl der männlichen und weiblichen Nutzer derartiger Angebote differiert längst nicht mehr so stark wie noch vor einigen Jahren. 790.000 Frauen suchen regelmässig Spa-Bereiche auf, während 370.000 Männer es ihnen mittlerweile gleichtun. Kosmetikinstitute hingegen sind noch nicht so hoch frequentiert: Drei Millionen Frauen besuchen sie regelmässig, jedoch nur 380.000 Männer.

Ähnlich zaghaft entwickelt sich das Benutzerverhalten der Männer in Bezug auf Make-Up-Produkte. Jean Paul Gaultier hat zwar schon 2003 eine Make-Up-Linie namens "Le Male" lanciert, doch wirklich durchgesetzt hat sich diese Neuerung nicht. Nivea versucht, die Herren mittels verschiedener Selbstbräuner an das Thema "Farbe im Gesicht" heranzuführen - und auch andere Marken bieten derartige Produkte an. Ob das die männliche Hemmschwelle gegenüber dem Puderpinsel in Zukunft senken wird?

Mittlerweile ist die Kunde von der Wunderwirkung mancher Kosmetik trotzdem auch in die Umkleidekabine neben dem Bolzplatz vorgedrungen: Ab Juli wird Rasenmäher Olli Kahn Werbebotschafter für Wellaflex Men sein. "Er verbindet Männlichkeit, herausragendes Talent und Durchsetzungsvermögen", sagt Maximilian Conze, Managing Director von Procter & Gamble, über diese Entscheidung zu horizont.net.

Angeblich passt er perfekt zu Wella - obwohl er bislang wirklich nicht bekannt dafür war, dass er die Haare so schön hat. Aber das kann ja noch werden.

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