Süddeutsche Zeitung

Heirat:"Ich finde, die Ehe ist ein Risiko wert"

Bis das der Tod uns scheidet - dieser Satz hat seine Finalität verloren. Dennoch macht eine Familienanwältin macht Mut: Heiraten lohnt sich.

Cathrin Kahlweit

Die Münchner Anwältin Herrad Küster-Eich ist seit 30 Jahren auf Familien- und Erbrecht spezialisiert - und selbst seit 21 Jahren verheiratet. Die Zeiten, in denen Ehen geschlossen wurden, bis der Tod ein Paar scheidet, sind vorbei. Oft - das hat Herrad Küster-Eich gelernt - wird in dem Wissen geheiratet, dass man es ja, wenn die Sache schiefläuft, noch mal versuchen kann.

SZ: Wer heiratet, tut das aus Liebe - und mag nicht glauben, dass aus Liebe Hass werden kann. Wie oft sind Trennungen liebevoll und friedfertig?

Herrad Küster-Eich: Siebzig bis achtzig Prozent der Paare trennen sich glücklicherweise friedlich. Wirklich streitige, schwierige Scheidungen sind meist solche, wo es auch um viel Geld geht.

SZ: Oder um Kinder.

Küster-Eich: Der Streit um Kinder hat sich wegen des gemeinsamen Sorgerechts stark reduziert.

SZ: Ist man als Anwältin und Mensch erschrocken darüber, wie in einem Trennungsstreit viele gemeinsame Jahre entwertet werden?

Küster-Eich: In den Fällen, in denen streitig geschieden wird, wird oft gar nicht mehr gesehen, dass das Gegenüber der Vater oder die Mutter eines gemeinsamen Kindes ist; oft ist von alten, guten Gefühlen schlichtweg nichts mehr übrig. Da erinnert sich keiner mehr daran, warum überhaupt mal geheiratet wurde.

SZ: Kommt es vor, dass sich Paare während des Scheidungsverfahrens entschließen, es noch mal zu versuchen?

Küster-Eich: Ich hatte Fälle, in denen es einen zweiten Anlauf gab. Aber meistens geht es dann später trotzdem schief.

SZ: Wird eine Ehe heute weniger ernst genommen als früher?

Küster-Eich: Immer weniger Menschen glauben, eine Ehe sei für immer.

SZ: Schützt ein Ehevertrag vor dem Ende der Liebe?

Küster-Eich: Ein solcher Vertrag schützt vor dem Streit über finanzielle Fragen. Aber viele Eheverträge aus früheren Zeiten gelten heute nicht mehr, weil sie sittenwidrig sind oder aufgehoben werden. Mittlerweile muss man Frauen, die Kinder haben wollen, erklären, dass sie einen Ehevertrag schließen sollten, wenn sie Unterhaltsfragen anders regeln wollen, als es das Gesetz vorsieht.

SZ: Weil das Gesetz den Anspruch nur noch bis zum dritten Lebensjahr des jüngsten Kindes sichert?

Küster-Eich: Ja, danach muss die Unterhaltsberechtigte, in der Regel die Mutter, darlegen, warum sie noch Anspruch auf Unterhalt hat. Wenn sie das vorher in einem Vertrag entsprechend regelt, muss sie nicht arbeiten und bekommt vom Mann weiter Geld.

SZ: Sie sind ja als Scheidungsanwältin mit den traurigen Fällen befasst, weil nur jede zweite Ehe hält - gibt es trotzdem gute Gründe, zu heiraten?

Küster-Eich: Ich bin Idealistin und finde, es ist das Risiko wert.

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SZ vom 26.08.2008/viw
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