Heime und ambulante Pflegedienste:Koalition verschärft Pflege-TÜV

Die Kriterien des Pflege-TÜV werden geändert: Heime sollen nur noch dann eine gute Gesamtnote erhalten, wenn sie alle wichtigen Kriterien erfüllen.

Guido Bohsem

Berlin - Die schwarz-gelbe Regierungskoalition will die monatelange Blockade eines strengeren Pflege-TÜV per Gesetz beenden und die Regeln für die Benotung von Heimen und ambulanten Pflegediensten verschärfen. Das geht aus einer Vorlage des Bundesgesundheitsministeriums hervor, die bereits in den Fraktionen abgestimmt ist. Union und FDP wollen ein Schiedsverfahren etablieren, mit dem die Streitigkeiten bei der Reform des Pflege-TÜV beseitigt werden sollen. Dadurch soll es für Pflegebedürftige und ihre Familien einfacher werden, die Qualität eines Heims zu beurteilen. Mit einer Änderung der bestehenden Prüfkriterien ist frühestens im Herbst zu rechnen.

DGB: Pflegeversicherung wird noch teurer

In Zukunft soll es für Pflegebedürftige und ihre Familien einfacher werden, die Qualität eines Heims zu beurteilen.

(Foto: dapd)

Seit Ende 2009 kontrolliert und benotet der medizinische Dienst der Krankenkassen die rund 11.000 Heime in Deutschland. Die Ergebnisse werden im Internet (www.pflegenoten.de) und in den Heimen selbst veröffentlicht. Kritiker halten aber das Zeugnis des Pflege-TÜV für wenig aussagekräftig: So könne etwa eine schlechte Vorbeugung gegen Wundliegen durch unwichtigere Leistungen und Angebote ausgeglichen werden.

Um diesen Mangel zu beheben, haben Krankenkassen und die Mehrzahl der Heimbetreiber schon vor Monaten schärfere Regeln vereinbart. So soll künftig kein Heim mehr eine gute Gesamtnote bekommen, wenn es in besonders kritischen Bereichen schlecht abschneidet. Die allseits begrüßte Reform scheiterte jedoch an der Zustimmung zweier kleinerer Betreiber-Organisationen - dem Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe und dem Arbeitgeber- und Berufsverband der privaten Pflege. Obwohl beide zusammen weniger als fünf Prozent der Anbieter repräsentieren, hatten sie auch nach monatelangen Verhandlungen noch die notwendige Zustimmung verweigert. Die Reform war deshalb zum Erliegen gekommen. Auch öffentliche Appelle des Gesundheitsministeriums und des Gesundheitsausschusses des Bundestags halfen nicht weiter.

Durch die geplante Gesetzesänderung soll das Vorhaben nun wiederbelebt werden. Die Koalition plant dazu ein gesetzlich verankertes Schlichtungsverfahren. Dieses wird entweder auf gemeinsamen Antrag der Pflegekassen und der Betreiber der Heime und Pflegedienste eingeleitet oder wenn beide Parteien drei Monate lang vergeblich verhandelt haben - zum Beispiel über die Pflegenoten. Nach den Vorstellungen von Union und FDP kann damit nicht nur der Konflikt um den Pflege-TÜV gelöst werden, sondern auch künftig auftauchenden Streitigkeiten in der Pflegeversicherung.

Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und die Koalition greifen damit aber stärker in das System der Selbstverwaltung ein als man es insbesondere von der FDP erwarten würde. Üblicherweise gibt der Gesetzgeber nur die Rahmenbedingungen vor, und die Akteure des Gesundheitssystems vereinbaren ihre Umsetzung in Eigenregie. Die Liberalen hatten sich in der Vergangenheit immer für größere Kompetenzen der Selbstverwaltung ausgesprochen.

Der Gesundheitsexperte der Union, Jens Spahn (CDU), unterstrich dann auch, dass es keine konkreten Vorgaben der Regierung geben werde: "Inhaltlich mischen wir uns nicht ein."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: