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Glücksspiele - Mainz:Rheinland-Pfalz will Markt für digitale Glücksspiele öffnen

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Mainz/Bingen (dpa/lrs) - Im Ringen um eine Regulierung des milliardenschweren illegalen Online-Glücksspiels in Deutschland setzt sich Rheinland-Pfalz für eine moderate Marktöffnung ein. Staatskanzleichef Clemens Hoch (SPD) teilt der Deutschen Presse-Agentur mit: "Die Ansichten der Länder reichen von einem Totalverbot bis zu einer kompletten Liberalisierung des Online-Marktes." Das mache die anstehende Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags so schwierig.

Die jetzigen Regeln gelten nur noch bis Mitte 2021 - schon bis 2020 sollen sich die Bundesländer einigen. Gegenwärtig tummeln sich schier unzählige private Anbieter mit Internetseiten unkontrolliert auf dem wuchernden deutschen Schwarzmarkt der Online-Glücksspiele. Nur in Schleswig-Holstein sind diese erlaubt.

Der Mainzer Staatskanzleichef Hoch sagt: "Rheinland-Pfalz nimmt unter den Ländern eine mittlere Position ein, da wir erkennen, dass Bürgerinnen und Bürger hier ein zeitgemäßes Angebot einfordern." Für einen geordneten Rahmen müsse es "für die Kunden attraktive, lizensierte Angebote geben. Nur so dämmen wir den Grau- und Schwarzmarkt ein." Eine neue Aufsichtsbehörde in Deutschland müsse "für ein wirkungsvolles und schnelles Unterbinden der Aktivitäten von illegalen Anbietern ertüchtigt werden". Es zeichne sich ab, dass alle Bundesländer zusammen eine solche Behörde einrichten wollten.

Zum Schutze von Online-Tippern sind laut Hoch "Einzahlungs-, Einsatz- und Verlustlimits, eine Spielercard und ähnliche Formen der finanziellen Beschränkung" im Gespräch. Es gehe den Ländern vor allem darum, "die Entstehung von Glücksspielsucht zu verhindern und die finanziellen Folgen pathologischen Spielverhaltens abzumildern". Dazu gehöre ebenso der Jugendschutz.

Auch die Spielautomatenbranche hofft auf neue digitale Geschäfte. Einer der größten Hersteller dieser Geräte in Deutschland ist neben der Gauselmann-Gruppe im ostwestfälischen Espelkamp das Unternehmen Löwen Entertainment in Bingen. Dessen rund 4500 Jobs sind wegen strengerer Regeln für Spielautomaten und konkurrierender digitaler Glücksspiele teils unter Druck geraten.

Hoch macht dieser Branche mit Blick auf Online-Angebote etwas Hoffnung: "Wenn der Markt für Anbieter jenseits staatlicher Anbieter geöffnet wird, setzen wir uns dafür ein, dass sich jeder, der die qualitativen Anforderungen - vor allem an Zuverlässigkeit, Jugend- und Spielerschutz - erfüllt, um eine Lizenz bewerben kann."

Daniel Henzgen, Mitglied der Geschäftsleitung von Löwen Entertainment, sagt: "Glücksspiel ist ein voll digitalisierbares Produkt. Anbieter sollten hohen qualitativen Anforderungen genügen müssen, dann aber auch am Markt teilnehmen dürfen." Der Manager ergänzt: "Wir brauchen eine Legalisierung des Online-Glücksspiels in Deutschland, bei gleichzeitiger strenger qualitativer Regulierung."

Einig sind sich alle Bundesländer laut dem Mainzer Staatskanzleichef bei ihrem geplanten Verbot deutschsprachiger Zweitlotterien mit Sitz im Ausland wie etwa Lottoland. Diese wetten auf die Gewinnzahlen traditioneller Lotterien. Tippt ein Spieler auf der Internetseite von Lottoland die Zahlen des deutschen Klassikers 6 aus 49, verspricht das Online-Unternehmen, genau die gleichen Gewinne zu überweisen. Zur Lottoannahmestelle laufen, Gewinnzahlen vergleichen, Spielscheine verlieren - alles Vergangenheit, versichern die Online-Lotterien. Sie berufen sich auf die EU-Dienstleistungsfreiheit. Das jahrhundertealte deutsche Lotteriemonopol sei anachronistisch.

Vor Richtern in Deutschland sind Zweitlotterien wiederholt gescheitert, beispielsweise Lottohelden im Juli 2019 vor dem Oberlandesgericht Koblenz. Dieses Unternehmen hält aber sein deutschsprachiges Angebot trotz des Verbots in Rheinland-Pfalz aufrecht. Ein Entwurf der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei zur Novelle des Glücksspielstaatsvertrags sieht nun ein ausdrückliches gesetzliches Verbot vor: "Wetten auf das Ergebnis einer Lotterie sind nicht zulässig. Dies gilt auch für die Vermittlung dieser Wetten."

Landeseigene Lottogesellschaften wie Lotto Rheinland-Pfalz würden sich über die Erhaltung ihres Monopols freuen. Zweitlotterien zahlten im Gegensatz zu ihnen keine Steuern und Abgaben und schädigten somit das Gemeinwohl in Deutschland, heißt es bei Lotto Rheinland-Pfalz in Koblenz. Ihre Werbung ist laut Staatskanzleichef Hoch in Deutschland zurückgegangen, "findet allerdings immer noch statt".

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