Glücksspiele - Magdeburg:Beratungsnetz für Glücksspielsüchtige soll 2022 stehen

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Ein Spieler wirft Pokerkarten auf den Pokertisch. Foto: Unsplash/impulsQ GmbH/obs/Symbolbild (Foto: dpa)

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Magdeburg (dpa/sa) - Das geplante flächendeckende Beratungsnetz für Glücksspielsüchtige in Sachsen-Anhalt lässt noch auf sich warten. "Es ist vorgesehen, dass die Landeskoordinierungsstelle sowie die fünf regionalen Schwerpunktberatungsstellen ihre Arbeit im Laufe des Jahres 2022 aufnehmen", teilte eine Sprecherin des Innenministeriums auf Anfrage mit. Es stehe rund eine halbe Million Euro zur Verfügung. Es stehe noch nicht fest, wer die Beratungsstellen betreiben werde. Parallel zum neuen Glücksspielstaatsvertrag, der seit Juli etwa virtuelle Automatenspiele und Online-Casinospiele zulässt, waren zusätzliche Hilfsangebote für Spielsüchtige beschlossen worden.

Die Leiterin der Landesstelle für Suchtfragen Sachsen-Anhalt, Helga Meeßen-Hühne, hält den raschen Aufbau des Beratungsnetzes für notwendig. Derzeit gebe es landesweit nur eine Schwerpunktberatungsstelle bei der Magdeburger Stadtmission.

Wie wichtig die Beratung sei, zeigt für Meeßen-Hühne das Beispiel eines suchtkranken Glücksspielers, der sich über das bundesweite Sperrsystem vom Glücksspiel ausschließen lassen wollte. Er habe nach einigen Wochen eine lokale Spielhalle aufgesucht. Sein Personalausweis sei zwar kontrolliert worden, er habe trotzdem spielen können, sei rückfällig geworden und habe viel Geld verspielt.

Es stellte sich heraus, dass der Anschluss von Spielhallen an das Sperrsystem in Sachsen-Anhalt nicht verbindlich ist. Das müsse dringend geändert werden. "Wir brauchen die Beratungskapazität, sonst werden solche Fälle nicht bekannt", sagte Helga Meeßen-Hühne. Sie spricht von einer "riesigen Aufmerksamkeitslücke".

Die Rehabilitationspsychologin Mara Rothfuss, die in Magdeburg gemeinsam mit einem Kollegen Spielsüchtige berät, stellt fest, dass noch immer zu wenig bekannt ist, dass es sich bei der Spielsucht um eine anerkannte Krankheit handelt. Spezialisierte Therapieangebote für Glücksspielsüchtige fehlten in Sachsen-Anhalt. In der Beratung gehe es im Wesentlichen um eine Rückfallprophylaxe. Es würden Notfallpläne entwickelt für den Fall, dass der Suchtdruck steige.

Im vergangenen Jahr seien 28 Klienten beraten worden, in diesem Jahr bislang rund 30 - in aller Regel kämen sie aus Magdeburg und Umgebung. Durch die enge Begleitung sei es in diesem Jahr zu knapp 400 Beratungskontakten gekommen.

Zum 1. Juli 2021 trat der bundesweit geltende, neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft. Er lässt zuvor verbotene virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele unter bestimmten Bedingungen zu. Zugleich soll der Spielerschutz verbessert werden, etwa mit einer erweiterten Sperrdatei, über die sich Spielerinnen und Spieler anbieterübergreifend blockieren lassen können. Sie soll auch Spielmöglichkeiten in Spielhallen und Gaststätten umfassen. Zudem sollen Spieler online nicht mehr als 1000 Euro pro Monat ausgeben dürfen.

Sachsen-Anhalt profitiert erheblich von Abgaben, die beim Glücksspiel fällig werden. Aus der Spielbankabgabe etwa waren es laut Finanzministerium im vergangenen Jahr knapp 4,7 Millionen Euro, aus der Sportwettensteuer nahezu 12,9 Millionen und aus der Lotteriesteuer gut 38,6 Millionen Euro.

© dpa-infocom, dpa:211207-99-284098/2

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