Glaubensbekenntnis:Felix Sturm

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Er ist vierfacher Box-Weltmeister und kämpft am heutigen Samstag erneut um den Titel im Mittelgewicht. Außerdem ist Adnan Ćatić, der sich den Künstlernamen Felix Sturm gegeben hat, gläubiger Muslim, der keinen Alkohol trinkt.

Protokoll von Ronen Steinke

Vor wichtigen Boxkämpfen bitte ich den lieben Gott um Kraft, und ich gebe zu: um den Sieg. Ich weiß aber auch, dass er so weise ist, mir diesen Wunsch nicht jedes Mal zu erfüllen. Wenn er entscheidet, dass ich gewinne, gewinne ich. Aber manchmal denken wir Menschen auch, dass eine Sache gut für uns ist, dabei ist sie schlecht für uns. Umgekehrt: Manchmal denken wir, eine Sache ist schlecht für uns, und dann stellt sich heraus, wie gut sie für uns war. Man muss einfach Vertrauen haben.

Jeder Mensch hat etwas anderes, was ihn glücklich macht. Wer glauben will, soll glauben. Wer nicht glauben will, nicht. Für mich ist der Glaube ein wichtiger Faktor in meinem Leben, ich habe das schon als Kind mitbekommen von meinen Eltern, aber erst spät habe ich angefangen, freitags in die Moschee zu gehen. In jungen Jahren war ich noch viel mit Freunden unterwegs, in Diskotheken, aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich nicht der Typ dafür bin. Ich wollte einen Cut machen und mich auf das Wesentliche im Leben konzentrieren.

Das Wesentliche in meinem Glauben ist: Fasten, Beten und die Pflichtabgabe, also dass man drei Prozent von dem, was man erwirtschaftet hat, an Bedürftige spendet. Ich bete heute fünfmal am Tag. Im Büro, zu Hause und im Gym habe ich einen Gebetsteppich, aber wenn ich unterwegs bin, tut es auch ein Handtuch oder eine Jacke, die ich auf dem Boden ausbreiten kann. Auf Reisen darf man zwei Gebete zusammenlegen, zum Beispiel das Morgen- und das Mittagsgebet. Man muss auch nicht zwingend fasten. Man muss es dann nur später nachholen. Es ist nicht alles so streng, wie es manchmal nach außen getragen wird.

Während des Fastenmonats Ramadan trainiere ich nicht. Ich lege meine Kämpfe immer so, dass ich kurz zuvor geboxt habe. Dann regeneriere ich. In diesem Jahr beginnt der Ramadan am 18. Juni, und gleich in der ersten Woche möchte ich mir den Wunsch erfüllen, endlich nach Mekka zu pilgern. Mein bester Freund kommt auch mit.

Mein Sohn ist jetzt fünf, und er hat schon mal gefragt: Warum haben wir kein Weihnachten? Meine Frau und ich haben ihm erklärt, dass das nicht unser Fest ist; ich kenne ja auch keinen Christen oder Juden, der Ramadan oder Bayram feiert; das wäre mir jedenfalls ganz neu. Wir erklären ihm auch, dass wir kein Schweinefleisch essen. Dass wir deshalb auch keine Sachen essen, in denen Schweine-Gelatine steckt, wie zum Beispiel Gummibärchen. Es gibt in Deutschland aber Gott sei Dank viele Dinge, die es in anderen Ländern nicht gibt, sogar Gummibärchen mit Rinder-Gelatine, die Muslimen erlaubt sind, wunderbare Sache.

Abgesehen vom Glauben - ich würde auch keinen Alkohol trinken, wenn ich kein Muslim wäre. Ich hab's probiert, aber es hat nie zu mir gepasst. Wenn Leute trinken, sind Streit, Aggressionen, schlechter Umgang leider oft nicht weit, da fallen einem viele traurige Beispiele ein. Wirklich positive Dinge durch Alkohol gibt es ja nicht.

Felix Sturm ist der Künstlername von Adnan Ćtić, 36, vierfacher Box-Weltmeister im Mittelgewicht. Der Sohn bosnischer Gastarbeiter kam in Leverkusen zur Welt. An diesem Samstag kämpft er erneut um den Titel.

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