Es sind nur die Zahlen aus den ersten drei Quartalen dieses Jahres. Aber schon die sind fast so hoch, wie im ganzen Jahr 2015 zusammen. 205 Straftaten im Zusammenhang mit der "sexuellen Orientierung" hat es bundesweit von Januar bis Ende September gegeben. Das hat Ole Schröder, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, auf eine mündliche Frage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Volker Beck bekanntgegeben.
Von Straftaten im Zusammenhang mit der "sexuellen Orientierung" sind vor allem Lesben und Schwule betroffen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht die Zahl von 205 Straftaten einem Anstieg von etwa 15 Prozent. Auch die Zahl der Tatverdächtigen ist gestiegen. In den drei ersten Quartalen 2016 sind 99 Tatverdächtige festgenommen worden. 2015 waren es im gleichen Zeitraum 86.
SZ Jetzt Politik:Was machen Homosexuelle in der AfD?
Sie streiten für eine Gesellschaft von gestern. Eine Geschichte über Widersprüche, Instrumentalisierung und letztendlich doch wieder: Rassismus.
Das sind die Zahlen aus der amtlichen Polizeistatistik. Und die ist erfahrungsgemäß mit Vorsicht zu genießen. Viele Fälle gelangen nicht in die Polizeistatistik. Oft kommen sie gar nicht erst zur Anzeige.
Manche Fälle werden in den Polizeidienststellen nicht als homophob erkannt und als Delikte von Jugendlichen unter Alkoholeinfluss fehlinterpretiert. Es gibt zudem für homophobe und transphobe Straftaten keine spezielle Kategorie in den Polizeistatistiken. In den Statistiken des Bundes tauchen sie nur als "Politisch motivierte Kriminalität" im Themenfeld "Hasskriminalität", Unterthema "Sexuelle Orientierung" auf.
113 Straftaten allein in Berlin
In Hamburg und Köln etwa werden dazu gar keine Zahlen erhoben. Zwei Städte, in denen es große Szenen für alle möglichen sexuellen Orientierungen gibt. Die Dunkelziffer gilt entsprechend als hoch. Dazu kommt eine eher geringe Aufklärungquote von etwa 40 Prozent.
Auffällig etwa ist, dass in den ersten drei Quartalen allein in Berlin 113 Straftaten erfasst wurden. Grünen-Politiker Volker Beck sagt, es könne ja kaum sein, dass bundesweit "die Hälfte der homo- und transphoben Straftaten allein in Berlin stattfinden".
Beck fordert hier mehr offene Augen. Und er will die Bereitschaft der Opfer stärken, Anzeige zu erstatten. Diese könne etwa erreicht werden, wenn die Polizeien der Länder eigene Ansprechstellen für Opfer homophober Gewalt aufbauen würden. In Berlin gibt es das bereits. Sowohl in der Polizei als auch in der Staatsanwaltschaft.