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Gesellschaft - Düsseldorf:NRW kündigt Maßnahmen zum Schutz vor häuslicher Gewalt an

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Das Gleichstellungsministerium in Nordrhein-Westfalen hat Maßnahmen zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt angekündigt. So sollen 1,5 Millionen Euro aus dem Rettungsschirm an rund 180 Frauenhäuser und Beratungsstellen gehen, wie Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Mittwoch mitteilte. Zwar sei bislang in NRW kein Anstieg der häuslichen Gewalt festgestellt worden, die Einrichtungen zum Schutz von Mädchen und Frauen hätten jedoch durch die Corona-Krise erhebliche finanzielle Engpässe.

Ziel des Ministeriums sei es, die Unterstützung für von Gewalt betroffene Mädchen und Frauen krisenfest zu machen. "Nicht nur in der Krise, sondern immer", so Scharrenbach. "Denn Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist eine Menschenrechtsverletzung." Gleichzeitig wolle die Landesregierung sehr aufmerksam beobachten, ob sich Veränderungen im Bereich der häuslichen Gewalt ergeben und wenn nötig weitere Maßnahmen einleiten.

Die 1,5 Millionen Euro sollen den Angaben zufolge aus dem NRW-Rettungsschirm zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise kommen. Das Landeskabinett hatte am Dienstag dessen Ausweitung für öffentliche und soziale Infrastruktur beschlossen. Der Landtag muss darüber noch entscheiden.

Die oppositionelle SPD begrüßt die seit langem geforderte Aufstockung der Finanzmittel. Jedoch gibt es auch Kritik an der Auslegung der Polizeizahlen. "Trotz der finanziellen Aufstockung beharrt die Landesregierung weiterhin auf die strikte Interpretation der Zahlen zu den Polizeieinsätzen", unterstrich die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Düsseldorf Landtag, Anja Butschkau. "Es wäre aber besser, die Warnung von Expertinnen und Experten vor dem Anstieg der häuslichen Gewalt in Krisensituationen ernst zu nehmen." Die Landesregierung solle auch hinter die reinen Zahlen schauen und die Zugänge, wie Frauen erreicht werden können, auf ihre Wirksamkeit hin, überprüfen.

Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) kritisierte die Darstellung Scharrenbachs ebenfalls, dass kein Anstieg der häuslichen Gewalt feststellbar sei. "Die Zahlen spiegeln die Realität, die wir täglich erleben, in keiner Weise realistisch wider", sagte die Kölner SkF-Geschäftsführerin Monika Kleine dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag).

Eine weitere Maßnahme der Landesregierung soll indes die Gründung eines Hilfetelefon für von Gewalt betroffene Männer sein. Dies wurde gemeinsam mit Bayern ins Leben gerufen. "Häusliche Gewalt ist überwiegend weiblich, aber sie ist auch männlich", so Scharrenbach Unter 0800-123 9900 könnten sich ab sofort Männer melden, die von verschiedenen Arten von Gewalt betroffen sind. Dazu gehörten häusliche und sexualisierte Gewalt, aber auch Stalking und Zwangsheirat.

"Das Hilfetelefon ist deutschlandweit in dieser Form das einzige und erste Beratungsangebot für gewaltbetroffene Männer", sagte Ministerin Scharrenbach. "Gerade in der aktuellen Situation ist es wichtig, dass auch Männer eine Anlaufstelle haben, an die sie sich wenden können, wenn sie Opfer von Gewalt geworden sind. Das Thema findet in unserer Gesellschaft immer noch wenig Beachtung."

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